Struktur des Schulsystems, Schulpolitik und Steuerung im Bildungswesen

Konfiguration und professionelle Nutzung kriterialer Bewertungsvorgaben in zentralen Abschlussprüfungen

DFG, 2014-2016, Ansprechpartnerin: Svenja Kühn

Mit der Einführung zentraler Abschlussprüfungen zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses geht u.a. die Annahme einher, durch landesweit einheitliche Prüfungsaufgaben sowie vorgegebene Korrektur- und Bewertungsrichtlinien mehr Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Vergabe von Schulabschlüssen herstellen zu können. Inwieweit diese intendierten Zielsetzungen in der gegenwärtigen Prüfungspraxis tatsächlich erreicht werden, ist bislang nicht empirisch überprüft worden. In Ergänzung der im Rahmen des Erstantrags durchgeführten Aufgabenanalyse untersucht dieses Forschungsvorhaben das Ausmaß der tatsächlichen Nutzung landesweit einheitlicher Korrektur- und Bewertungsvorgaben seitens der beurteilenden Deutsch- und Mathematiklehrkräfte im Kontext zentraler Abschlussprüfungen zum Erwerb des MSA. Unter Rückgriff auf die Educational Governance-Forschung (Altrichter, Brüsemeister & Wissinger 2007; Altrichter & Maag Merki 2010) ist davon auszugehen, dass die Leistungsbeurteilung im Kontext zentraler Abschlussprüfungen nicht wie beabsichtigt ausschließlich auf Basis der landesweiten Vorgaben erfolgt, sondern durch strukturelle und organisational-kulturelle Rahmenbedingungen sowie individuelle Einstellungen, Kenntnisse und Merkmale auf Seiten der beurteilenden Lehrkräfte multifaktoriell beeinflusst wird. Zentrales Ziel ist daher die Herausarbeitung relevanter Faktoren und Faktorenkonstellationen, welche die Anwendung dieser Vorgaben fördern bzw. konterkarieren, um so belastbare Erkenntnisse zu gewinnen, inwiefern diese Standardisierungsmaßnahme die Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Vergabe von Schulabschlüssen tatsächlich befördert. Als Grundlage dafür wird eine multimethodale Vorgehensweise gewählt, die sowohl qualitative als auch quantitative Zugänge umfasst: Im Rahmen einer kategoriengeleiteten Analyse soll in einem ersten Schritt die Konfiguration der vorgegebenen Korrektur- und Bewertungsrichtlinien im Ländervergleich erfasst werden. Der Schwerpunkt des Forschungsvorhabens gilt jedoch der Bestimmung des Ausmaßes der tatsächlichen Nutzung vorgegebener Korrektur- und Bewertungsrichtlinien und der Erfassung handlungsleitender Faktoren und Faktorenkonstellationen mittels problemzentrierter Interviews und einer sich anschließenden fragebogengestützten Lehrerbefragung in ausgewählten Bundesländern.

Steuerungswirkung von Bildungsstandards auf die Qualität und Vergleichbarkeit von Prüfungsanforderungen zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses

DFG, 2011-2012, Ansprechpartnerin: Svenja Kühn

In allen Bundesländern werden Abschlussprüfungen zum Erwerb des Mittleren Schulabschlusses (MSA) auf Basis der nationalen Bildungsstandards durchgeführt, um zu prüfen, inwieweit ex ante definierte Qualitätsstandards in den Schulen erreicht wurden. Dabei obliegt die konkrete Ausgestaltung der Prüfungsverfahren den Ländern. Ob und inwieweit die Bildungsstandards in den Prüfungen implementiert sind und wie Prüfungsaufgaben, an denen der Grad der Umsetzung gemessen werden kann, ausgestaltet sind, ist bislang nicht empirisch untersucht. Das Vorhaben zielt zunächst auf eine Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Prüfungsverfahren zum Erwerb des MSA, die bislang nicht vorliegt. Den Schwerpunkt des Projekts stellt die Analyse schriftlicher Prüfungsaufgaben aus allen 15 zentral prüfenden Ländern am Beispiel des Prüfungsfaches Mathematik dar. Die Aufgabenanalyse basiert jeweils auf einem induktiv und deduktiv generierten Kategoriensystem vor dem Hintergrund der Bildungsstandards. Das Forschungsvorhaben leistet damit einen Beitrag zur Implementationsforschung, indem erfasst wird, wie hoch die Übereinstimmung zwischen extern festgelegten, top down implementierten BS und der tatsächlichen Aufgabenpraxis in den Prüfungen der Länder zum Erwerb des MSA ist. Theoretisch orientiert sich die Arbeit an neuen Steuerungstheorien, in deren Kontext davon auszugehen ist, dass die Umsetzung der Bildungsstandards nicht linear auf Grund formaler Weisungen, sondern durch spezifische Übersetzungs- und wechselseitige Adaptionsprozesse seitens der Aufgabenentwickler erfolgt, was zu differenziellen Ausgestaltungen der Aufgaben führt.

EviS: Evidenzbasiertes Handeln im schulischen Mehrebenensystem – Bedingungen, Prozesse und Wirkungen

BMBF, Verbundprojekt mit der Universität Mainz, 2010-2013, Ansprechpartner in Essen: Denise Demski; Marten Clausen, Isabell van Ackeren

Projekthomepage
Pressemitteilung der UDE

Qualifikationsarbeit im Themenfeld „Evidenzbasierung":
Evidenzbasierung in der naturwissenschaftlichen Lehrerbildung (Jasmin Ferchow; laufend)

Bedingungen und Wirkungen dezentraler und zentraler Abschlussprüfungen im naturwissenschaftlichen Unterricht, 2. Förderphase

DFG, 2009-2011, in Kooperation mit Hans E. Fischer, Didaktik der Physik; Dominique Klein, Mirko Krüger; Isabell van Ackeren, Svenja Kühn

Im Rekurs auf die Educational Governance-Theorie ist davon auszugehen, dass Steuerungshandeln auf der Bildungssystemebene durch die Akteure am jeweiligen Schulstandort auf unterschiedliche, multifaktoriell bedingte Handlungsbedingungen hin adaptiert sowie innerhalb ihrer Fachkulturen interpretiert wird. Im Hinblick auf Zentralprüfungen ist anzunehmen, dass die unterschiedlichen organisatorischen Ausdifferenzierungen differenzielle Steuerungswirkungen entfalten. Insbesondere für hochstandardisierte Prüfungsverfahren wird der Anspruch proklamiert, Qualitätsstandards und Vergleichbarkeit der Abschlüsse sowie des vorgelagerten Unterrichts sichern zu können. Im auf Deutschland bezogenen Teilprojekt der ersten Projektförderphase zeigte sich die im internationalen Vergleich geringe bis mittlere Standardisierung der Prüfungsverfahren. Vor diesem Hintergrund wird der Blick auf internationale Referenzländer mit hochstandardisierten Prüfungsverfahren ausgeweitet (Finnland, Irland, Niederlande). Schwerpunkt der Mehrebenenanalyse sind die angenommen komplexen Wirkzusammenhänge auf schulische und unterrichtliche Prozesse sowie die Herausarbeitung der für dieses Zusammenspiel relevanten Variablen. In diesem Zusammenhang sollen auch mögliche fachimmanente Prozesse in den naturwissenschaftlichen Fächern analysiert werden. Dazu werden insbesondere auch Aufgabenanalysen durchgeführt. Ziel ist die empirische Unterfütterung der in der Literatur getroffenen und nicht ausreichend belegten Annahmen zu den differenziellen Wirkungen von zentralen Abschlussprüfungen, vor allem Aufschluss darüber, welche Verarbeitungsprozesse auf unterschiedlichen Ebenen von Schule im Kontext von Qualitätsentwicklung eine Rolle spielen.

Angebundene Qualifikationsarbeit:
Prüfungsaufgaben im Fach Biologie am Ende der Sekundarstufe II im internationalen Vergleich (Mirko Krüger; laufend)

Bedingungen und Wirkungen dezentraler und zentraler Abschlussprüfungen im naturwissenschaftlichen Unterricht, 1. Förderphase

DFG, 2006-2009; Isabell van Ackeren, Rainer Block, Dominique Klein, Svenja Kühn

Im Rahmen einer deskriptiven, an quantitativer Bildungsforschung orientierten Fallstudie wurden die intendierten und transintentionalen Wirkungen administrativer Steuerungsintentionen am Beispiel des Zentralabiturs in drei Ländern mit unterschiedlicher Prüfungstradition (BW, RP, NW) untersucht. In Übereinstimmung mit jüngeren Untersuchungen zeigen sich potenzielle Zentralprüfungseffekte vornehmlich in Mathematik, nicht aber in Deutsch und Biologie. Steuerungseffekte äußern sich insbesondere in Form einer geringeren Schülerorientierung im Unterricht, einer weniger aktuellen Themenauswahl im Unterricht, einer (nur) tendenziellen thematischen Engführung, einer Zunahme der Kooperation der Lehrkräfte, eines größeren Leistungsdrucks (für Schüler- und Lehrerschaft), eines veränderten Rollenverständnisses (Schüler- und Lehrerschaft nun als Verbündete) und von wahrgenommener Deprofessionalisierung. In den (vergleichsweise wenigen) Bereichen, in denen das Zentralabitur steuerungswirksam ist, werden überwiegend intendierte Ziele erreicht, „Verzerrungen" halten sich in Grenzen. Aus einer governancetheoretischen Perspektive bleiben jedoch insgesamt Zweifel an einer generellen Steuerungswirksamkeit, gerade auch im Hinblick auf die heterogenen, wenig standardisierten Organisationsformen, in denen die Prüfungen derzeit in den Ländern implementiert sind.

Publikationen:

  • Block, R./Klein, E.D./Ackeren, I. van/Kühn, S.M. (im Erscheinen): Leistungseffekte des Zentralabiturs? Eine kritische Auseinandersetzung mit bildungsökonomischen Interpretationen zu den Effekten der Prüfungsorganisation auf der Basis von PISA E 2003-Daten. In: bildungsforschung (akzeptiert)
  • Kühn, S.M. (2010): Steuerung und Innovation durch Abschlussprüfungen? Wiesbaden: Verlag für Sozialwissenschaften.
  • Klein, E.D./Kühn, S.M./Ackeren, I. van/Block, R. (2009): Wie zentral sind zentrale Prüfungen?. Abschlussprüfungen am Ende der Sekundarstufe II im nationalen und internationalen Vergleich. In: Zeitschrift für Pädagogik 55, H. 4, S. 596-621.
  • Kühn, S.M./Klein, E.D./Ackeren, I. van/Block, R. (2009): Zentrale Abiturprüfungen: heterogen. In: SchulVerwaltung, Ausgabe NRW, H. 11, S. 320-323.
  • Kühn, S.M./Klein, E.D./Ackeren, I. van/Block, R. (2009): Zentrale Abiturprüfungen. Zur Heterogenität der Prüfungsverfahren in Deutschland. In: SchulVerwaltung, Ausgabe Hessen/Rheinland-Pfalz, H. 10, S. 281-284.
  • Ackeren, I. van (2007): Zentrale Abschlussprüfungen. Entstehung, Struktur und Steuerungsperspektiven. In: Pädagogik 59, H. 3, S. 12-15.

Qualifikationsarbeit:
Abituraufgaben in zentralen und dezentralen Prüfungsverfahren. Analysen zur Steuerungswirkung administrativer Vorgaben (Svenja M. Kühn; 2010)

Externe Schulevaluation als Baustein schulischer Qualitätsentwicklung in Rheinland-Pfalz: Explorative Analyse institutionenübergreifender Ziele und Prozesse

MBWJK Rheinland-Pfalz, 2010-2011, in Kooperation mit der Universität Mainz, Zentrum für Bildungs- und Hochschulforschung, Frauke Choi; Ansprechpartnerin in Essen: Isabell van Ackeren

Im Zentrum der Evaluation steht die Frage, welche bildungspolitischen und administrativen Strategien mit der Externen Evaluation in Rheinland-Pfalz in ihrer Einbettung in das Gesamtkonzept der Qualitätsentwicklungsstrategie verfolgt werden und welche lokalen wie systemischen Effekte diese entfalten können.

Bildungsberichterstattung für die Metropole Ruhr

metropoleruhr, 2009, federführend: Institut für Schulentwicklungsforschung, TU Dortmund; Ansprechpartner in Essen: Isabell van Ackeren, Susanne Strunck

Mit der Vorstudie zu einem Bildungsbericht Ruhr werden im Einzelnen vier Ziele verfolgt: Sie weist in einem ersten allgemeinen Teil auf die Bedeutung von Regionalisierungsprozessen hin und benennt zugleich konzeptionelle Bereiche, die im Rahmen einer Bildungsberichterstattung weiter auszuarbeiten sind. Sie charakterisiert im Rahmen von fünf Modulen wesentliche inhaltliche Bereiche der Bildungslandschaft Ruhr. Sie benennt für die Bildungsberichterstattung notwendige Informationen und prüft deren Verfügbarkeit. Sie skizziert Empfehlungen und Handlungsperspektiven für eine Bildungsregion Ruhr. Die Vorstudie versteht sich als erster Zugang zu einer regionalisierten Analyse der spezifischen Bildungssituation in der Metropole Ruhr und ihrer Entwicklungspotenziale. Sie ersetzt keine vertiefte Bildungsberichterstattung, sondern zeigt, welche Bildungsbereiche genauer zu analysieren sind und wo Handlungsmöglichkeiten liegen, diese Metropolregion zu einer Bildungsregion zu entwickeln.

Ackeren, I. van/Bellenberg, G./Rösner, E./Strunck, S. (2009): Allgemein bildende Schulen. In: Konsortium Bildungsberichterstattung für die Metropole Ruhr (Hrsg.): Bericht über das Bildungswesen in der Metropole Ruhr. Vorstudie 2009. Dortmund im Dezember 2009, S. 42-65 (unveröffentlicht)