Schutzmaßnahmen: Substitution

Reduktion der Gefährdung durch Substitution

Der Ersatz oder die Reduzierung gefährlicher Stoffe durch weniger gefährliche, die Veränderung eines Verfahrens, durch das es sicherer wird oder die Abwandlung von Verwendungsbedingungen, durch die eine Tätigkeit risikoärmer wird, betrifft alle, die an dem Arbeitsprozess direkt oder indirekt beteiligt sind: Den Arbeitgeber, die Person, die den Stoff verwendet oder die Tätigkeit durchführt und alle Personen in der Arbeitsumgebung.

Substitution kann das Risiko von Gesundheitsschädigungen wirkungsvoll verringern. Somit ist sie zwar die effektivste Schutzmaßnahme im Gefahrstoff­arbeits­schutz, gilt Vielen aber als kompliziert, aufwändig oder gar undurchführbar. Ursache dafür könnte die fälschliche Annahme sein, dass sich eine Substitution ausschließlich auf die Eliminierung eines bestimmten Gefahrstoffes in einem fixen Verfahren bezieht. In der Praxis vieler Universitätslaboratorien realistischer ist vermutlich aber, dass sich die Gefährdung durch einen bestimmten Gefahrstoff eher durch clevere technische oder organisatorische Maßnahmen herabsetzen lässt. Dazu sind Arbeitsprozesse und Abläufe mit gefährlichen Stoffen kritisch ins Visier zu nehmen und sie durch Verfahren oder Verwendungsbedingungen zu ersetzen, die für die Gesundheit und Sicherheit nicht oder weniger gefährlich sind. Die Substitutionsprüfung erfordert also allerhand fachliches Know-How!

Substitutionsprüfung

Die Substitutionsprüfung gehört zu den Grundpflichten nach §7 GefStoffV. Ausgenommen hiervon sind lediglich Tätigkeiten mit geringer Gefährdung. Doch was wird i.S. der GefStoffV unter einer geringen Gefährdung verstanden? Eine klare und eindeutige Aussage dazu findet sich selbst im untergesetzlichen Regelwerk leider nicht, wohl aber Hinweise:

  • In der TRGS 600 („Substitution“) werden H-Sätze für gefährliche Eigenschaften mit geringer Gefahr genannt.
  • Die TRGS 400 („Gefährdungsbeurteilung für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen“; Punkt 6.2) beschreibt bespielhaft  einige Tätigkeiten mit geringer Gefährdung aber auch, welche Tätigkeiten keinesfalls so einzuordnen sind, etwa Tätigkeiten mit hautätzenden Stoffen (H314), bei denen ein Hautkontakt nicht ausgeschlossen werden kann.

Die TRGS 600 konkretisiert, was unter Substitution zu verstehen ist und gibt konkrete Hilfen für die Substitutionsprüfung, etwa das GHS-Spaltenmodell der IFA.

Substitutionspflicht?

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung muss daher geprüft werden, ob eine (nicht geringe) Gefährdung und eine Substitutionsmöglichkeit besteht, diese technisch  möglich ist und insgesamt zu einer geringeren Gefährdung führt. Auf der Grundlage der Ergebnisse derartiger Substitutionsprüfungen soll Substitution vorrangig durchgeführt werden. Eine Substitutionspflicht gibt es nicht, wohl aber eine Pflicht zur Dokumentation der Substitutionsprüfung und damit auch, einen Verzicht auf eine mögliche Substitution zu verschriftlichen und zu begründen.

Eine umfangreiche Dokumentation der Substitutionsprüfung fordert die Gefahrstoffverordnung nicht. Sie kann beispielsweise erfolgen, indem der Gefährdungsbeurteilung eine Anlage – etwa eine tabellarische Übersicht (s. Downloads) - beigefügt wird, in der die Durchführung der Substitutionsprüfung für einzelne Stoffe vermerkt und ggf. um eine einfache und nachvollziehbare Begründung bei dem Verzicht auf eine Substitution ergänzt wird. Dies kann die Notwendigkeit eines Stoffes als unverzichtbare Komponente sein: Edukte bei einer chemischen Reaktion,  Chemikalie in einem etablierten technischen Prozess, analytischer Standard usw.

Substitutionsprüfungen in der Forschung?

Forschung und Lehre sind von der Pflicht zur Durchführung von  Substitutionsprüfungen nicht ausgenommen. Aber in chemischen Forschungs- und Lehrlaboratorien gibt es Randbedingungen, die es erlauben, Substitutionsprüfungen weiter zu vereinfachen, in dem die dort typische Arbeitssituation berücksichtigt wird:

  • Tätigkeiten wechseln häufig/ständig
  • einzelne Tätigkeiten dauern nur kurz
  • es gibt lediglich wenige Routinearbeiten
  • es werden viele verschiedenartige Gefahrstoffe verwendet
  • der gleiche Gefahrstoff wird ggf. unterschiedlich eingesetzt (Edukt, Trennmittel, Lösungsmittel, …)
  • die Gefahrstoffmengen bewegen sich im Gramm- oder ml-Bereich, sind also gering (s. „Laborrichtlinie“).

Liegen diese Randbedingungen tatsächlich vor, kann nachvollziehbar mit Bezug auf diese typische Arbeitssituation begründet werden, weshalb auf eine ausführliche Substitutionsprüfung inklusive Dokumentation für das Gros der verwendeten Gefahrstoffe verzichtet wird.

Liegt eine oder mehrere dieser Randbedingungen jedoch für bestimmte Gefahrstoffe nicht vor, entfällt auch der Grund für die Möglichkeit einer derartigen Vereinfachung. Auch für Laboratorien in Forschung und Lehre finden sich Beispiele für ggf. erforderliche Substitutionsprüfungen etwa für bestimmte Hilfsstoffe, wenn größere Mengen an Gefahrstoffen als Reinigungsflüssigkeiten in Tauchbädern benutzt werden, größere Mengen an Trockenmittel für Gase oder organische Flüssigkeiten, als Adsorptionsmittel in großen Chromatographie-Trennsäulen  oder wenn sie im Rahmen von Tätigkeiten verwendet werden, die sich öfters oder routinemäßig wiederholen.

Müssen Substitutionsprüfungen wiederholt werden?

Eine konkrete Frist zur Wiederholung einer Ersatzstoffprüfung als Bestandteil der Substitution findet sich weder konkret in der GefStoffV, noch in der TRGS 600 oder der TRGS 400.

Es besteht aber folgendes Vorschriftenkonstrukt:

Die Ersatzstoffprüfung ist Teil der Gefährdungsbeurteilung (GefStoffV § 6 Absatz 1 Satz 2 Nummer 4; nähere Informationen in § 7 Absatz 3 GefStoffV.)

Nach TRGS 400 (Punkt 4 (1) muss die Gefährdungsbeurteilung in regelmäßigen Abständen (Intervall legen Arbeitgeber selbst fest) und bei gegebenem Anlass überprüft und ggf. aktualisiert werden. Gegebene Anlässe zur Aktualisierung der Gefährdungsbeurteilung werden in Punkt 4.3. genannt. Von besonderer Relevanz sind die dort gelisteten Punkte 3 und 6:

  • Ergebnisse aus der regelmäßigen Wirksamkeitsüberprüfung von Schutzmaßnahmen   und
  • neue Erkenntnisse zu gefährlichen Stoffeigenschaften.

Fazit:

Spätestes bei der regelmäßigen Überprüfung der Gefährdungsbeurteilung muss auch die Ersatzstoffprüfung wiederholt werden.

Direkt zu ...

den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS)

zum Formblatt Dokumentation einer Substitution