Schutzmaßnahmen: Organisatorische Maßnahmen

Reduktion der Gefährdung durch gute Organisation

Technische und organisatorische Maßnahmen, die Menschen schützen sollen, zählen zu den kollektiven Schutzmaßnahmen – sie beziehen sich nicht auf einzelne Personen, sondern auf alle. Im Gegensatz zu den technischen Schutzmaßnahmen sind organisatorische Schutzmaßnahmen jedoch immer willensabhängig, erfordern das Mitwirken von Personen und sind allein schon aus diesem Grund weniger zuverlässig wirksam.   

Chefsache

Organisatorische Schutzmaßnahmen beginnen bereits bei den „Chefs“:

Um sich einen soliden Überblick über Gefährdungen und Belastungen im eigenen Zuständigkeitsbereich zu verschaffen, muss man sich die Zeit nehmen, Tätigkeiten in Punkto Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz einer systematischen Analyse und Beurteilung zu unterziehen (Gefährdungsermittlung und –beurteilung). Erst dann ist eine planmäßige und umfassende Organisation adäquater Schutzmaßnahmen möglich.

Auf der obersten Ebene gilt es daher, ein zielorientiertes, arbeitsteiliges und dauerhaftes Handlungssystem zu schaffen, also eine Sicherheitsorganisation aufzubauen und zu unterhalten, die den Gefahren und der Größe der betrieblichen Abteilung gerecht wird.

In den Bereichen soll gemeinsam sicher miteinander gearbeitet werden können. Organisatorische Schutzmaßnahmen flankieren technische Maßnahmen und zielen auf eine möglichst vollständige Beseitigung verbleibender Restgefährdungen.

Dazu bedarf es zielführender Regelungen und Anweisungen. Die Liste möglicher organisatorischer Regelungen ist lang und die nachfolgende ganz sicher unvollständig:

  • Arbeitsverfahren mit geringer Gefährdung festlegen
  • bestimmte Arbeitsvorgänge verbindlich gestalten
  • Freigabeverfahren (Heißarbeiten, Langzeitapparaturen, Verwendung „heikler“ Substanzen, Benutzung bestimmter Geräte….)
  • besonders gefährliche Arbeiten/Tätigkeiten in andere, besser geeignete Bereiche auslagern
  • Anzahl/Aufenthaltsdauer von Personen im Gefahrenbereich begrenzen
  • gefährliche Alleinarbeit verbieten
  • Zutrittsverbote für bestimmte Bereiche
  • 4-Augen-Prinzip zur Vermeidung von Stoffverwechselungen
  • Hautschutzplan
  • Betriebsanweisung
  • Unterweisung  
  • Aufbewahrung und Lagerung von Gefahrstoffen
  • Gefahrstoffverzeichnis (DaMaRIS)
  • Sicherheitsbeauftragte
  • Informations- und Meldekette
  • Notfallplan
  • Regelungen für besondere Personengruppen/besondere Gefährdungen
  • Koordination von Arbeiten, insbesondere von Personen verschiedener Abteilungszugehörigkeit (Dritter)
  • Schulung, Weiterbildung, Informationsaustausch

Kontrolle

Arbeitsprozesse ändern sich, beteiligte Personen unterliegen einer gewissen Fluktuation, Wissen wird erweitert oder geht verloren – kurzum:  Auch die besten organisatorischen Schutzmaßnahmen werden auf Dauer schlechter, werden sie nicht von Zeit zu Zeit überprüft und „aufgefrischt“! In regelmäßigen zeitlichen Abständen sollten diese Kontrollfragen gestellt werden (Wirksamkeitsprüfung):

  • Erfüllen die organisatorischen Regelungen überhaupt den vorgesehenen Zweck?
  • Fehlen Regelungen oder gibt es welche, die inzwischen unnötig sind?
  • Ist bekannt, was angeordnet wurde?
  • Werden die Regelungen überhaupt beachtet und umgesetzt?

Nicht nur Chefsache!

Die lange Maßnahmenliste oben zeigt schon, dass organisatorische Schutzmaßnahmen zum Abwenden potenziell bestehender Gefahren nur greifen, wenn sie befolgt und in die Praxis umgesetzt werden. Zum Gelingen müssen daher alle betroffenen Personen aktiv mitwirken. Beispielsweise müssen Laborabzüge nicht nur zur Verfügung gestellt und technisch einwandfrei gehalten werden, sondern auch korrekt benutzt werden! Die Umsetzung der organisatorischen Schutzmaßnahmen gelingt daher auch auf Seiten der Belegschaft (bzw. Studierenden) nur durch Wissen, Wollen und Tun.

Allerdings kann die Bereitschaft und Mitwirkung von den im Zuständigkeitsbereich beschäftigten Personen weitgehend vorausgesetzt werden:

  • Das Arbeitsschutzgesetz regelt in § 15 und 16 Pflichten der Beschäftigten, wozu auch die Mitwirkung und Unterstützung bei Maßnahmen zur Sicherheit und zum Gesundheitsschutz bei der Arbeit zählen, insbesondere die Befolgung entsprechender sicherheitsdienender Anweisungen.
  • Vergleichbare Regelungen finden sich in der DGUV Vorschrift 1, Kapitel 3.1.1., die somit für alle DGUV-Versicherte verbindlich sind (dazu zählen auch die Studierenden).

Besondere Gefährdungen erfordern Regelungen für bestimmte Personengruppen

Der sichere Aufenthalt an bestimmten Arbeitsplätzen setzt ein gewisses Know-How über die Arbeitsumgebung voraus. Verfügt man nicht über diese Kenntnisse, kann die unabgesprochene, unkoordinierte Tätigkeit oder bereits der Aufenthalt dort gefährlich für alle Beteiligten werden. Hier gilt es also im Vorfeld organisatorische Regelungen zu treffen etwa für …

  • Azubis
  • Studierende
  • Reinigungspersonal
  • bereichsfremde Handwerker/Techniker (Servicepersonal)
  • Gäste/Besucher

Einige Personengruppen unterliegen zudem einem umfassenderen Schutz, etwa … 

  • Schwangere
  • Stillende
  • Jugendliche
  • Kinder

Beispielsweise dürfen werdende und stillende Mütter nur dann Gefahrstoffen ausgesetzt sein, wenn dies weder für sie noch für das Kind eine unverantwortbare Gefährdung darstellt. So sind etwa Tätigkeiten mit einer Exposition gegenüber karzinogenen, reproduktionstoxischen oder keimzellmutagenen Stoffen (jeweils der Kategorien 1A oder 1B) bzw. mit Biostoffen der Risikogruppen 2, 3 oder 4 nicht zulässig. (Weitere Informationen zum Mutterschutz an der UDE finden Sie hier.)

Zum Wohle der werdenden Mutter bzw. des ungeborenen Kindes sind daher auf der einen Seite zusätzliche organisatorische Maßnahmen festzulegen. Damit sie ergriffen werden können, ist auf der anderen Seite eine rechtzeitige Information des Arbeitgebers erforderlich.