Ziel

Das SAFE Tool dient der Selbstdiagnose und geführten Förderung schulischer Basiskompetenzen in der Mathematik. Lernende werden kompetenzorientiert angeleitet, eigenständig Inhalte zu wiederholen und gegebenenfalls wieder zu erarbeiten. Exemplarisch geschieht dies in der Thematik mathematischer Funktionen. SAFE bietet eine digitale Lernumgebung, in der Lernende selbst überprüfen können, wie gut sie bestimmte Kompetenzen beherrschen (z. B. Funktionsgraphen zu gegebenen Situationen zeichnen).

Das große Potenzial liegt darin, dass Lernende mit Hilfe von Selbstdiagnosen für eigene Stärken und Schwächen sensibilisiert und Metakognitionen angeregt werden. Damit übernehmen sie Verantwortung für den eigenen Lernprozess und lernen, diesen zu steuern1. Zudem sind positive Effekte auf Lernleistungen nachgewiesen.2 Allerdings werden bei vielen digitalen Angeboten abgegebene Antworten automatisch evaluiert, sodass bei diesen nur bedingt von Selbstdiagnose gesprochen werden kann3.

Ziel des SAFE Tools ist daher, dass Lernende eigene Aufgabenlösungen selbstständig reflektieren, Fehler erkennen und gezielt individuelle Schwächen ausgleichen. Obwohl es vielfältig einsetzbar ist (z. B. zur Klausurvorbereitung, im Schulunterricht), liegt der Fokus im Projekt darauf, Studienanfänger*innen den Übergang von der Schule in die Hochschule zu erleichtern.

1 Vgl. u. a. Bürgermeister & Saalbach 2018; Schütze, Souvignier & Hasselhorn 2018.

2 Vgl. Andrade 2010; Brown & Harris 2013.

3 Vgl. Ruchniewicz & Barzel 2019.

Durchführung

Verschiedene Versionen des SAFE Tools wurden entwickelt und anschließend empirisch mithilfe von Einzelinterviews mit Studierenden in der Studieneingangsphase sowie Schüler*innen verschiedener Altersstufen erprobt und evaluiert. Dadurch wurde zum einen das SAFE Tool forschungsbasiert weiterentwickelt. Zum anderen wurden Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Selbstdiagnoseprozesse verlaufen, welche (Fehl-)Vorstellungen beim Zeichnen von Funktionsgraphen auftreten und wie digitale Medien das Mathematiklernen unterstützen können.

Das SAFE Tool ist eine iPad Applikation mit fünf Elementen, welche über eine Hyperlinkstruktur miteinander verbunden sind: Test, Check, Info, Üben und Erweitern. Lernende beginnen mit der Bearbeitung der offenen Test-Aufgabe und sehen sich eine mögliche Musterlösung in Form einer dynamisch-verlinkten Darstellung der gegebenen Situation sowie eines zugehörigen Funktionsgraphen an (Abb. 1 und 2).

Im Check evaluieren sie ihre Lösung selbstständig mithilfe vorgegebener Beurteilungskriterien (Abb. 3 und 4). Wird ein Fehler festgestellt, kann eine zugehörige Info gelesen und/oder ein passendes Üben bearbeitet werden. Sind alle Checkpunkte abgehakt, können zwei weitere Üben- und eine Erweitern-Aufgabe bearbeitet werden (Abb. 5 und 6).

Besonders ist, dass SAFE Lernenden kein verifizierendes Feedback bezüglich ihrer Leistungen vom System automatisiert bereitstellt, sondern sie bei der Selbstdiagnose unterstützt, indem metakognitive und selbstregulative Handlungen angeregt werden. So werden Checkpunkte (Abb. 4) oder Musterlösungen (Abb. 6) vorgegeben, welche mit eigenen Aufgabenlösungen verglichen werden müssen, um die Korrektheit einer Antwort selbst zu prüfen.

Erkenntnisse

Erste Ergebnisse der Interviewanalysen lassen vermuten, dass:

metakognitiv:

  • SAFE Lernende zur Reflexion eigener Lösungen, Fehlvorstellungen und Begründungen anregt,
  • dies insbesondere durch dynamisch-verlinkte und multiple Darstellungen sowie vorgegebene Beurteilungskriterien und Musterlösungen unterstützt wird,
  • Prozesse der Selbstdiagnose und Selbstförderung gelingen können, sofern ausreichend Vorwissen vorhanden ist und Lernende bereit sind, sich auf einer metakognitiven Ebene mit eigenen Denkprozessen auseinander zu setzen.

inhaltlich:

  • Lernende durch SAFE verstehensrelevante Aspekte stärker fokussieren (z. B. Wahrnehmen der gemeinsamen Veränderung zweier Größen),
  • selbst Studierenden Kenntnisse zum Zeichnen von Funktionsgraphen fehlen, z. B.:
  1. die Eindeutigkeit einer Funktion wird in graphischen Darstellungen missachtet, obwohl diese Funktionseigenschaft benannt und in der gegebenen Situation interpretiert werden kann.
  2. die Deutung eines Graphen als Repräsentation eines mathematischen Modells zur Beschreibung einer Beziehung zwischen Größen gelingt nicht, wenn Lernende von visuellen Faktoren einer Situationsbeschreibung abgelenkt werden.

Abbildungen

Bild:
Bild:
Bild:
Bild:
Bild:
Bild:

Legende zu den Abbildungen:

  • Abbildung 1: Test-Aufgabe
  • Abbildung 2: dynamisch-verlinkte Darstellung als Musterlösung
  • Abbildung 3: Check zur Selbstdiagnose
  • Abbildung 4: Auswahl weiterführender Förderangebote
  • Abbildung 5: Beispiel für eine Üben-Aufgabe
  • Abbildung 6: zugehörige Musterlösung

SAFE Tool kostenfrei herunterladen/nutzen

Digitale Version

Im iPad App Store ist das SAFE Tool unter dem Namen „UDE Graph Tool“ zu finden und kann dort kostenlos heruntergeladen werden. Zugangsdaten für die App werden Ihnen in Absprache mit der Universität Duisburg-Essen zur Verfügung gestellt. Schreiben Sie dazu eine Email an hana.ruchniewicz@uni-due.de mit dem Betreff „SAFE Tool Nutzer“.

Analoge Version

Das SAFE Tool ist auch in einer reduzierten Papierversion zum Ausdrucken erhältlich.

Autorinnen: Prof. Dr. Bärbel Barzel und Hana Ruchniewicz, Fakultät für Mathematik

Literaturverweise:

  • Brown, G. & Harris, L. R. (2013). Student self-assessment. In J. H. McMillan (Hrsg.), SAGE Handbook of research on classroom assessment (S. 367–393). Thousand Oaks: SAGE Publications.
  • Bürgermeister, A. & Saalbach, H. (2018). Formatives Assessment: Ein Ansatz zur Förderung individueller Lernprozesse.
  • Andrade, H. (2010). Students as the definite source of formative assessment: academic self-assessment and the self-regulation of learning. In H. L. Andrade & G. J. Cizek (Hrsg.), Handbook of formative assessment (S. 90–105). New York: Routledge.
  • Schütze, B., Souvignier, E. & Hasselhorn, M. (2018). Stichwort – Formatives Assessment. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 21(4), 697–715.

Dieser Text und die dazu gehörigen Grafiken stehen unter CC-BY-SA Lizenz. Informationen dazu finden Sie unter: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode.de

cc_by_sa

Ausgewählte Veröffentlichungen zum SAFE Tool:

  • Ruchniewicz, H. (2020). Fehlertypen und mögliche Ursachen beim situativ-graphischen Darstellungswechsel von Funktionen. In H.-S. Siller, W. Weigel & J. F. Wörler (Hrsg.), Beiträge zum Mathematikunterricht 2020 (S. 781–784). Münster: WTM.
  • Ruchniewicz, H. & Barzel, B. (2019). Digital media support functional thinking: How a digital self-assessment tool can help learners to grasp the concept of function. In U. T. Jankvist, M. van den Heuvel-Panhuizen, & M. Veldhuis (Hrsg.), Proceedings of the Eleventh Congress of the European Society for Research in Mathematics Education (S. 2916–2924). Utrecht, Niederlande: Freudenthal Group & Freudenthal Institute, Urtecht University und ERME.
  • Ruchniewicz, H. & Barzel, B. (2019). Technology supporting student self-assessment in the field of functions – A design-based research study. In G. Aldon & J. Trgalová (Hrsg.), Technology in Mathematics Teaching. Selected papers of the 13th ICTMT Conference (S. 49–74). Cham: Springer Nature.
  • Ruchniewicz, H. & Göbel, L. (2019). Wie digitale Medien funktionales Denken unterstützen können – Zwei Beispiele. In A. Büchter, M. Glade, R. Herold-Blasius, M. Klinger, F. Schacht & P. Scherer (Hrsg.), Vielfältige Zugänge zum Mathematikunterricht. Konzepte und Beispiele aus Forschung und Praxis (S. 249–262). Wiesbaden: Springer Spektrum.

Dieses Vorhaben wurde unter den Förderkennzeichen 01PL11075 (2011-2016) und 01PL16075 (2016-2020) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert.