Aktuelles
Neuauflage Poetik (AISTHESIS VERLAG)
Die Frage, ob das Dichten lehr- und lernbar sei und was eigentlich gute Dichtung ausmache, ist Gegenstand der Poetik. Von Aristoteles bis Emil Staiger und Paul Ricœur haben poetologische Konzepte die Literatur gedeutet und geformt. Werner Jungs aus der Lehre entstandene, gut lesbare Einführung macht mit den wichtigen Theorien und Theoretikern aus mehr als zwei Jahrtausenden Literaturgeschichte vertraut.
Preis: € 25,00
Erschienen: Ende April 2022 (ISBN 978-3-8498-1806-7)
Jetzt auch in koreanischer Übersetzung Von der Mimesis zur Simulation: Eine Einführung in die Geschichte der Ästhetik
미학사 입문 - YES24
방대한 서양미학의 계보를 그려내는 야심찬
기획미메시스에서 시뮬라시옹까지 미학적 사유의
흐름을 그린 미학사 입문서 독일의 문예학자 베르너
융이 쓴 서양미학사 입문서로, 2006년에 출간되었다가
절판되었으나 탁월한 미학 입문서로 입소문이 나
인문학 독자들이 재출간...
Link: http://www.yes24.com/Product/Goods/104969924
Aktuelle Neuerscheinungen Ruth Rehmann: Illusionen (AvivA Verlag)
Im 13. Stock
In ihrem Roman »Illusionen« erzählt Rehmann vom Arbeitsalltag und den Wochenendvergnügungen dreier Frauen und eines Mannes, die im Großraumbüro eines Konzerns tätig sind. Mit ihren unterschiedlichen Vorstellungen und Träumen brechen sie samstagmittags ins Wochenende auf. In zwölf Kapiteln schildert Rehmann deren Abenteuer und Enttäuschungen, Träume und Illusionen und lässt uns an der verwirrenden, glücklichen, faszinierenden oder riskanten Vergangenheit und Gegenwart ihrer vier Protagonist:innen teilhaben – bis zur ernüchternden Rückkehr in den 13. Stock am Montagmorgen.
Im selben Jahr wie Grass’ »Blechtrommel« oder Bölls »Billard um halb zehn« erschienen, lässt Rehmanns Zeit- und Gesellschaftsroman ganz neue Facetten der Wirtschaftswunderzeit entdecken und beeindruckt auch heute noch durch seine Modernität. 1958 las Ruth Rehmann das Kapitel »Das erste Kleid« auf der Tagung der Gruppe 47 in Großholzleute. Bei der Abstimmung über den Preis der Gruppe unterlag sie schließlich jedoch Günter Grass.
Neuausgabe mit ausführlichem Nachwort von Werner Jung.
Preis: € 24,00
Erschienen: Ende April 2022 (ISBN 978-3-949302-04-6)
Link: https://www.aviva-verlag.de/programm/illusionen/
Aktuelle Neuerscheinungen »Verborgene Texte des Lebens« Dieter Wellershoff - ein Lesebuch (Aisthesis Verlag)
Dieter Wellershoff hat mit seinem vielgestaltigen (facettenreichen) Werk die deutsche Literatur entscheidend mitgeprägt. In seinen großen Romanen, den Erzählungen, Hörspielen, Drehbüchern und Gedichten war er ein ebenso genauer wie leidenschaftlicher Beobachter seiner Zeit, mit seinen scharfsichtigen Essays öffnete er der Literatur- und Kunsttheorie neue Horizonte. Dieses Buch versammelt autobiographische Texte, Aufsätze, Briefe und Fotos, die großenteils bislang unpubliziert sind und aus dem Nachlass mitgeteilt werden. Entlang der Stationen von Wellershoffs Leben öffnen sich Einblicke in die künstlerische Entwicklung des Autors, der die existentiellen Empfindungen des modernen Menschen, seine Sinnsuche und sein Scheitern, auf unverwechselbare Art dargestellt hat. Ein Lesebuch, das anregt zum Entdecken und Weiterlesen.
Preis: € 28,00
Lieferbar: ab März 2022
Some remarks on the importance of Georg Lukács (2021)
Virtuelle Feier zur Übergabe des Bands "Ästhetische Lektüren" an Prof. Werner Jung
Am 28.01.2021 fand die virtuelle Übergabe des Bandes „Ästhetische Lektüren – Lektüren des Ästhetischen“ an Prof. Dr. Werner Jung statt, der sich ab dem Sommersemester 2021 von einigen universitären Verpflichtungen verabschieden wird.
Die Beiträge des von Prof. Dr. Rolf Parr und Dr. Liane Schüller herausgegebenen Bandes, der im Aisthesis-Verlag erscheint, knüpfen an Forschungsfelder von Werner Jung wie Poetik, Ästhetik, Editorik und vor allem das breite Spektrum der Literatur vom 17. bis 21. Jahrhundert an. Viele der am Band Beteiligten waren bei der feierlich-fröhlichen Übergabe dabei, die wunderbar musikalisch untermalt wurde von Dr. Thomas Küpper, Prof. Dr. Frank Pointner und Prof. Dr. Martin Schubert.
Link zum Band „Ästhetische Lektüren – Lektüren des Ästhetischen“: https://t1p.de/ajdm
© Foto: Liane Schüller
21.01.2021: Werner Jung im Gespräch mit Britta Caspers und anschließender Vortrag von Tanja van Hoorn: »Brigitte Kronauers Natur-Kunst« Brigitte Kronauer – „nichts ist mehr so, wie es einmal war“
Am 21.01.2021 sprach Prof. Dr. Werner Jung mit Dr. Britta Caspers über Leben und Werk der Schriftstellerin Brigitte Kronauer (1940-2019) im Literaturforum im Brecht-Haus im Rahmen der Veranstaltung "Brigitte Kronauer – 'nichts ist mehr so, wie es einmal war'“.
Link zum Gespräch: https://lfbrecht.de/mediathek/brigitte-kronauer-nichts-ist-mehr-so-wie-es-einmal-war/
Gedenkfeier zum Kölner Schriftsteller Prof. Dr. Dieter Wellershoff Leben ist eine Versuchsstrecke
Am 30. 9. 2018 hat im Historischen Rathaus der Stadt Köln die Gedenkfeier für den Kölner Schriftsteller Prof. Dr. Dieter Wellershoff unter dem Titel "Leben ist eine Versuchsstrecke"stattgefunden. Nach Ansprachen durch die Kölner Oberbürgermeisterin und der ältesten Tochter Dr. Irene Wellershoff, nach Auszügen aus einem Hörspiel und Lesungen mit Texten aus Wellershoffs Werken ist unter Leitung von Dr. Hubert Winkels (DLF) eine Podiumsdiskussionn mit Thomas Böhm (Literaturvermittler), Liane Dirks (Schriftstellerin), Helge Malchow (Verleger Kiepenheuer und Witsch) und Prof. Dr. Werner Jung veranstaltet worden.
26.-29.7.2018 in Jena 68 Soziale Bewegungen und VordenkerInnen – 26.-29.7.2018 in Jena
Die Ereignisse um das Jahr 1968 jähren sich 2018 zum 50. Mal. Insofern dieses Jahr vor allem in kultureller und politischer Hinsicht einen Wendepunkt markiert, bietet es sich anlässlich des Jubiläums an, sich mit den geistesgeschichtlichen Hintergründen auseinanderzusetzen, da selbst diejenigen, die die 68er-Bewegung verurteilen, nicht leugnen können, dass die Bewegung eine gesellschaftliche Bedeutung für den kulturellen Wandel der Bundesrepublik hatte.
KWI - Donnerstag 05.07.2018 -Freitag 06.07.2018 Nachtrag I: Tagung Literatur und Überwachung
Ort: KWI (Kulturwissenschaftliches Institut Essen)
Veranstalter: Werner Jung, Liane Schüller (Universität Duisburg-Essen)
Bericht: Kira Ehlis (Studierende der Universität Duisburg-Essen)
Link zum WDR-Beitrag über die Tagung 1
Link zum WDR-Beitrag über die Tagung 2
Der Zustand eines ständigen Überwachens und Überwacht-Werdens ist aus unserem heutigen Zeitalter der Digitalisierung nicht mehr wegzudenken, weder aus dem öffentlichen noch aus dem privaten Leben. Umso lohnenswerter war der Blick auf die zahlreichen (aktuellen) Texte und medialen Umsetzungen bei der Tagung im KWI, die, häufig in der Tradition Orwells, zumeist dystopische Zukunftsszenarien aufwerfen, welche jedoch bei näherem Hinschauen inzwischen allgegenwärtig sind.
LIANE SCHÜLLER und WERNER JUNG führten in die Thematik ein und betonten ihre Absicht, vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung von Überwachung(ssystemen) anhand der Tagungs-Beiträge das vielschichtige Thema aus unterschiedlichen Perspektiven zu beleuchten und mit den TagungsteilnehmerInnen zu diskutieren.
RAINER SCHÜLLER-FENGLER (Köln), Ideenmanager und Projektkoordinator im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), führte mit einer interdisziplinären Perspektive ins Thema ein. Er stellte die Entwicklungen im Bereich der Überwachung als technologisch-wissenschaftlichen Prozess vor und präsentierte einen Überblick über gegenwärtige nationale sowie internationale Tendenzen. Dabei wurden unter anderem innovative Technologien im Bereich der Robotik, der „KI“, des „Deep Learning“, „Big Data“ sowie „Smart“-Konzepte im Rahmen ihrer (alltäglichen) Nutzungsbereiche vorgestellt und erläutert.
Ein Umschwung in die historische Perspektive erfolgte mit dem anschließenden Beitrag von SIMONE LOLEIT (Duisburg-Essen), die das mittelalterliche Epos „Salman und Morolf“ hinsichtlich seines Gehalts als Spionageroman analysierte. Dabei ging die Mediävistin vor allem auf die gegenseitig stattfindende Überwachung der Protagonisten ein. Aber auch die Schuldfrage Salmes, die einen Verrat zu Gunsten des ‚heidnischen‘ Königreiches begeht sowie Schemata von „Gut und Böse“ wurden diskutiert.
MARTIN HENNIG (Passau) stellte unter dem Stichwort „Überwachungskultur“ mediale Umsetzungen vor. Neben Filmen wie „Das Fenster zum Hof“ von Alfred Hitchcock, die vor allem die soziale Überwachung thematisieren, wurden auch Selbstüberwachungspraktiken durch Apps oder Computerspiele behandelt und ein Blick auf aktuelle literarische Beispiele wie „Zero“ von Marc Elsberg gelenkt. Hennig stellte dabei vor allem eine Verschiebung von Darstellungen des Voyeurismus hin zum Exhibitionismus und einen Trend zur Selbstoptimierung fest.
Auch PATRICK DURDEL (Berlin) beschäftigte sich mit medialen Umsetzungen, wobei er sich auf die Darstellung totaler Überwachung in US-amerikanischen TV-Serien nach 9/11 fokussierte. Unter anderem wurde „Person of Interest“ von Jonathan Nolan und die darin vorkommende „Machine“ untersucht, die per Videoüberwachung eine automatisierte und allgegenwärtige Verbrechensanalyse betreibt, um somit möglichen Terroranschlägen präventiv entgegenzuwirken. Im Anschluss wurde vor allem der Frage nachgegangen, inwiefern diese Serie als Platzhalter für reale Vorkommnisse dient.
Die narratologische Perspektive auf Überwachung in der Literatur lieferte SABRINA HUBER (Düsseldorf) mit ihrem Einblick in die Romane „Corpus Delicti“ von Juli Zeh und „Fremdes Land“ von Thomas Sautner. Dabei zeigte Huber die Präsenz eines „über-wachenden Erzählers“ auf, indem sie die Kontrolle und Lenkung des Lesers durch die Erzählstimme nachwies. Insbesondere narrative Techniken wie die Nachahmung der Kameraperspektive, die Simulation einer panoptischen Überwachung und die implizite Festlegung ideologischer Normsysteme machten den überwachenden Gehalt in der Erzählstimme deutlich.
MATTHIAS KANDZIORA (München) stellte in seinem Vortrag die Vorkommnisse doppelter Überwachung in Christa Wolfs „Stadt der Engel oder The overcoat of Dr. Freud“ heraus. In dem stark autobiographisch gefärbten Text ist die Protagonistin zunächst selbst Opfer von Überwachung, agiert ihrerseits als Mitarbeiterin bei der Stasi jedoch auch als Überwachende, wodurch sich jene Zweischneidigkeit ergibt, die im Text vor allem durch Erinnerungen deutlich wird. Auch die Einflüsse der Freud’schen Psychoanalyse stellte Kandziora vor, wobei besonders die Ausbildung des Ichs und Über-Ichs durch die ideologische Heimatlosigkeit behandelt wurde.
In ihrem Vortrag zum Roman „The Hunger Games“ von Suzanne Collins stellte LUCIA BENTES (Lissabon) einen populären jugendliterarischen Roman, der verschiedene Formen von Überwachung thematisiert, in den Fokus. BENTES untersuchte insbesondere die privaten Räume der Protagonistin und legte ein Augenmerk auf die Bedeutung ihrer Sinneswahrnehmungen und deren Manipulation von Seiten des überwachenden Kapitols.
THORSTEN ERDBRÜGGER (Leipzig) stellte in seinem Vortrag zu Friedrich von Borries‘ „1WTC“ eine Perspektive auf Überwachung nach 9/11 vor. Sein Fokus galt hierbei dem Verhältnis von dem im Werk konstruierten Überwachungsstaat und der Kunst, die durch den Protagonisten und dessen Projekt zur Darstellung dieses Staatssystems vertreten wird. Im Besonderen wurden die im Roman skizzierten Überwachungsmechanismen sowie die Aufdeckung derselben analysiert, aber auch die Lesermanipulation durch den Autor.
Auch WIM PEETERS (Hagen) beschäftigte sich in seinem Vortrag mit Texten von Friedrich von Borries‘, vor allem mit dem Roman „RLF“ als Teil von Big Data. Er hob besonders das Verhältnis von Architektur und Macht sowie den Umgang mit Überwachung und Terror hervor. Ebenso erörterte er die aufgezeigten Ebenen von Fiktion, die sich innerhalb der Romane beispielsweise durch die Verwendung der Romanfiguren als Spielfiguren oder der Anwesenheit einer Autorenpersona außerhalb der Romanwelt auch unter Hinzunahme anderer Werke von Borries‘ und deren Verzahnung festmachen lassen.
Mit „Rote Handschuhe“ von Eginald Schlattner brachte FLORIAN GASSNER (Vancouver) einen Roman ins Spiel, der sich mit dem rumänischen Überwachungsstaat befasst, wobei Gassner diesen vor allem in Hinblick auf die Lektüre durch deutsche Leser vorstellte. Dabei zeigte er die Diskrepanz von Sozialismus und Christentum auf, der sich der Protagonist im Roman gegenübergestellt sieht, wiederkehrende Mantra wie „Wir wissen alles“ finden auf beiden Seiten ihre Legitimation. Auch die kontroverse Rezeption des Werkes wurde von Gassner vorgestellt.
CORINNA SCHLICHT (Duisburg-Essen) widmete sich dem Diskurs von Gesundheit und Überwachung, den sie anhand des Romans „Heimlich, heimlich mich vergiss“ von Angelika Meier aufzeigte. Hier treten Ärzte als Überwachende auf, die, als Cyborgs umfunktioniert, keiner tatsächlichen Leitung, sondern der Verinnerlichung ihrer Werte folgen. Es wurde herausgearbeitet, dass eine Gegenposition zu der auf die Spitze getriebenen Umsetzung gegenwärtiger Trends durch die Figur Esther dargestellt wird, die den Protagonisten weg vom Selbstoptimierungszwang hin zu tatsächlichen körperlichen Empfindungen führt.
Im abschließenden Gespräch wurde festgestellt, dass durch die Beiträge, die literatur- und medienwissenschaftliche, philosophische und soziologische Fragestellungen zum Thema Überwachung fokussierten, äußerst vielschichtige und heterogene Perspektiven auf den Themenkomplex „Überwachung“ aufgeworfen wurden, sich aber auch Leerstellen aufgetan haben, die noch bearbeitet werden sollten. Bei aller thematischen Breite konnten dennoch viele Gemeinsamkeiten festgestellt werden – nicht zuletzt die Übertragung tradierter Modelle wie das von Bentham entworfene und von Foucault reflektierte Panopticon auf (mediale) Umsetzungen von Überwachungsthematiken.
Tagung im KWI - Donnerstag 05.07.2018 -Freitag 06.07.2018 Literatur und Überwachung
Das Thema Überwachung ist aus dem aktuellen gesellschaftlichen Diskurs kaum mehr wegzudenken. An öffentlichen Plätzen, an Arbeitsstätten, bei Bankgeschäften und in Supermärkten, in Eingangsbereichen von Bahnhöfen, Flughäfen und Shopping-Malls, aber zunehmend auch im privaten Bereich – Überwachungsformen sind omnipräsent. Dabei sind die Grenzen zwischen Privatheit und Öffentlichkeit, Sicherheit und Kontrolle inzwischen fließend. Aktuellstes Beispiel: Gesichtserkennung in Smartphones!
Ausgehend von analogen Bedingungen telematischer Überwachungsformen bis hin zu immer ausgefeilteren Möglichkeiten permanenter Rundumüberwachung differenzieren sich in Zeiten der Digitalisierung existierende Überwachungsformen weiter aus und werfen immer komplexere Fragen nach Datenschutz, Cybermobbing, Internetmissbrauch und informeller Selbstbestimmung auf.
The age of privacy is over, hat der Facebook-Gründer Mark Zuckerberg bereits vor geraumer Zeit lapidar festgestellt. Wie Recht er hatte, zeigen nicht nur Gesichtserkennung und Fingerprint, sondern vor allem die allerorts praktizierte umfassende freiwillige Preisgabe persönlicher Daten. Aber was wird eigentlich aus den gigantischen digitalen Datenvolumen, wenn Informationen sich vernetzen und jeder alles über jeden weiß? Und was geschieht, wenn wir demnächst via Smartphone Antworten auf Fragen erhalten, die so noch gar nicht gestellt wurden?
Eine Vielzahl literarischer Texte, aber auch Filme und Theaterproduktionen der vergangenen Jahre reflektiert unsere zunehmend überwacht-überwachende, stetig gläserner werdende Gesellschaft mit ihrer scheinbaren Wohlfühlzone sozialer Netzwerke.
Versteht man Literatur als „Gedächtnis der Menschheit“ (Georg Lukács), ist ein Blick sowohl auf aktuelle literarische und mediale Produktionen geboten, als auch auf einschlägige dystopische Texte, deren apokalyptische Visionen inzwischen teilweise von der Realität noch weit übertroffen wurden.
Wie wurde und wird in Zeiten von Überwachung erzählt? – Diesen und auch grundsätzlichen Fragen philosophischer, soziologischer oder sozialpsychologischer Provenienz soll auf unserer Tagung nachgegangen werden, wobei Beiträge zu ‚kanonischen‘ Texten (von Orwells „1984“ bis zu Dave Eggers‘ „The Circle“) ebenso erwünscht sind wie solche zur Kriminal-, Phantasy- oder Kinder- und Jugendliteratur, aber auch zu den Medien Rundfunk-Film-Fernsehen.
Die Essener Tagung am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (=KWI) vom 5.-6.7. 2018 hat sich zum Ziel gesetzt, in diesem Kontext Literatur als Selbstbeobachtungsprogramm der Gesellschaft in den Blick zu nehmen. Sie möchte vor dem Hintergrund der historischen Entwicklung von Überwachung(ssystemen) das Thema aus unterschiedlichsten Perspektiven beleuchten.
Call for papers:an Prof. Dr. Werner Jung (werner.jung@uni-due.de) oder Dr. Liane Schüller (liane.schueller@uni-due.de), Germanistisches Institut der Universität
Duisburg-Essen, Universitätsstr. 12, 45117-Essen. Interessenten schicken ein Abstract (15-20 Zeilen) mit dem Arbeitstitel.
Germanistik in Lateinamerika: Neuorientierungen – Neue Perspektiven 16. Kongress des Lateinamerikanischen Germanistenverbandes (ALEG)
2. Vortragsreise vom 13.–21. 11. 2017 Zu Gast in Korea
Auf Einladung dreier Institute reisten Dr. Andrea Schäfer (Daz/Daf) und Prof. Dr. Werner Jung (Germanistik – Literaturwissenschaft) vom 13. bis zum 21. Oktober nach Südkorea, um dort Gastvorträge bzw. den Eröffnungsvortrag zur Jahrestagung der südkoreanischen Germanistenvereinigung zu halten. Bereits im letzten Jahres hatten die beiden das Land besucht und dort Kontakte zu verschiedenen Universitäten geknüpft (wir berichteten). Die diesjährige Reise stand unter anderem im Zeichen von Heinrich Böll, der 2017 100 Jahre alt geworden wäre.
Zunächst hielt Prof. Jung auf Einladung von Herrn Prof. Dr. Moon-gyoo Choi von der Yonsei University, Koreas größter Privatuniversität, einen Vortrag über die aktuelle Bedeutung des ungarischen Literaturtheoretikers und Philosophen Georg Lukács unter dem Titel Von der Utopie zur Ontologie. Die Germanistik-Abteilung der Seoul National University, vertreten durch Frau Prof. Dr. Sinae Lee und Herrn Prof. Dr. Sang Hwan Seong, hatte Werner Jung zudem gebeten, anlässlich des 100. Geburtstags von Nobelpreisträger Heinrich Böll eine Präsentation zu dessen Leben und Werk für die Studierenden zu halten.
Die mahnende und warnende Wirkung dieses in seiner Lebenszeit prägenden deutschen Schriftstellers und Intellektuellen war auch eines der zentralen Themen beim Jahrestreffen der verschiedenen Germanistenverbände Südkoreas. Unter der Überschrift Die vierte industrielle Revolution und der Mensch fand es 2017 an der Universität von Busan in Koreas zweitgrößter (Hafen-)Stadt statt; Ausrichter und Koordinator war Herr Prof. Dr. Jeong (Busan). Verschiedene Beiträge der mehrtägigen Konferenz widmeten sich Bölls Werk und seinem Credo: „Erinnerung ist unsere Aufgabe“. In seinem Eröffnungsreferat „6. September 1958“ deutete Werner Jung Bölls Roman „Billard um halbzehn“ als modernen Beitrag zum Zeitroman.
Dr. Andrea Schäfer und Prof. Jung konnten während ihrer Reise erneut eine Vielzahl von fruchtbaren Kontakten knüpfen und gemeinsame Projekte mit den koreanischen Partnern auf den Weg bringen. So gibt es konkrete Überlegungen zu einem Tandem-Projekt zwischen Studierenden aus Korea und von der UDE. Die ersten Vorgespräche für den nächsten Korea-Besuch mit Themen aus der Literaturwissenschaft sowie aus dem Bereich Deutsch als Fremdsprache (DaF) im kommenden Jahr haben bereits stattgefunden.
wj/mca, 26.10.17
Jung, Werner Von der Utopie zur Ontologie (2. Auflage)
'Von der Utopie zur Ontologie' – und wieder zurück! So könnte der Titel der vorliegenden Aufsatz- und Essaysammlung dreißig Jahre nach dem Tod von Georg Lukács am 4. Juni 1971 und zehn nach den großen internationalen 'Wendungen' auch lauten. Es geht darum, den ungarischen Philosophen und Literarhistoriker, den Intellektuellen und politischen Denker zum einen in den verschiedenen Diskursen seiner Zeit – so beim jungen Lukács die Auseinandersetzung mit der zeitgenössischen Philosophie, Literatur und Kultur, beim Marxisten die Bemühungen um eine Ontologie diesseits aller Dogmen – zu verorten, zum anderen auf erstaunliche ideologische Interferenzen aufmerksam zu machen (etwa die Gemeinsamkeiten mit Ernst Jünger) sowie auch auf die 'Anschlußfähigkeit' seiner Theorie auf den unterschiedlichsten Feldern hinzuweisen. Dabei stehen insbesondere der ganz junge, vormarxistische Lukács mit seinen bahnbrechenden Essaybänden ("Die Seele und die Formen" oder "Die Theorie des Romans") wie der späte, um eine marxistische Ethik und Ontologie ringende, dabei den Stalinismus der (ehedem) sozialistischen Gesellschaften rigoros ablehnende Philosoph im Vordergrund, enthalten doch die Texte aus diesen lebensgeschichtlichen Phasen die größte intellektuelle Sprengkraft und skizzieren, mit dem Jugendfreund Ernst Bloch gesprochen, Hoffnungspotentiale, ungelebt Mögliches und einen utopischen Vorschein.
(Quelle Text & Bild: siehe Link ) zum Verlag
An International Conference, 27–29 April, 2017 The Legacy of Georg Lukács
A conference to raise questions concerning the contemporary resonances of Lukács’ work and legacy.
Conference to be held in Budapest, Hungary, April 27–29, 2017.
The conference will take place at the Faculty of Humanities, Eötvös Loránd University, on April 27th and 29th (Budapest, Múzeum krt. 4, 1088, Hungary). On the second day, April 28th, the conference will move to the Central European University (Budapest, Nádor u. 15, 1051, Hungary).
Ludwig Harig Weh dem, der aus der Reihe tanzt (Sonderausgabe!)
Ludwig Harigs berühmtester Roman in einer kommentierten, mit zahlreichen Dokumenten und Fotos versehenen Sonderausgabe: Eine behütete Kindheit in der deutschen Provinz, an der Grenze zum „Erbfeind Frankreich“ – der Schüler muss es bekämpfen, dem Studenten wird es später zum Gastland. Harig schildert seine eigene Jugendgeschichte, eine kleindeutsche Geschichte, die wie selbstverständlich in der großdeutschen Katastrophe aufgeht. Er erzählt von seiner Zeit als begeisterter Trommler bei der Hitler-Jugend, vom Reichsarbeitsdienst, vom Indianer, der gar nicht ungern Soldat werden wollte.
(Quelle Text & Bild: siehe Link ) zum Verlag
Ruth Rehmann: Buchveröffentlichung Flussaufwärts
Am Ende ihres langen und produktiven (Schriftsteller-)Lebens arbeitet sich die Erzählerin Ruth
Rehmann an einer "Poetik der Erinnerung" ab; sie durchlebt und erfährt im Schreibprozess zentrale
Momente ihrer Entwicklung, biographische Prägungen und aufschlussreiche Begegnungen.
In einzelnen Momentaufnahmen werden Episoden aus den dreißiger Jahren geschildert, werden Bilder einer friedvoll-behüteten Kindheit in einem protestantischen Elternhause heraufbeschworen.
Am Ende des Bandes schließt sich der Kreis: In der letzten Geschichte wird die Wanderung der alten Frau durch die Flussauen geschildert, was unversehens wieder in die eigene Kindheitsgeschichte einmündet...
Quelle: Flyer Ruth Rehmann
Tagung der Rosa-Luxemburg-Stiftung-Sachsen anlässlich der Präsentation von Bd. 1 von Georg Lukács‘ Werkausgabe
Am Ende seines Lebens hat der marxistische ungarische Philosoph und Literarhistoriker Georg Lukács im Zusammenhang mit einer geplanten Autobiographie unter dem Titel „Gelebtes Denken“, aber auch mehrfach in Gesprächen darauf hingewiesen, dass bei ihm jede Sache die Fortsetzung von etwas sei und dass es keine unorganischen Elemente in seinem Werk gebe. D. h. sein Leben und – vor allem – seine intellektuelle und Werkentwicklung habe sich konsequent und folgerichtig vollzogen. Dies kann nicht zuletzt im Zusammenhang mit der Edition seiner Werkausgabe, die mit dem nun in Angriff genommenen Bd. 1 – Frühschriften bis 1918 – , dessen erster Teilband vor dem Abschluss steht, überprüft und nachvollzogen werden, etwa im Blick auf Lukács‘ Kritik des Bürgertums und der bürgerlichen Gesellschaft sowie hinsichtlich der utopischen Potentiale, die er den großen Kunstwerken zugesprochen hat, aber auch seines philosophischen Anspruchs, die Totalität seiner Zeit erfassen zu wollen.
Buchvorstellung in der Heinrich-Heine Buchhandlung mit Prof. Dr. Werner Jung (29.11.2016) Zur Aktualität von Georg Simmel
Georg Simmel (1858–1918) ist heute nicht nur ein Klassiker der Soziologie, der mit seinen Untersuchungen über die Wechselwirkungen zwischen Individuum und Gesellschaft die Soziologie als Wissenschaft begründete. Der späte Simmel ist auch ein Philosoph von Rang.
In dieser Einführung von Prof. Dr. Werner Jung wird ein Überblick über die Schaffensphasen im Leben Simmels gegeben, der als Kritiker Kants und einer idealistischen Metaphysik begann, sich als Soziologe und vor allem Kulturtheoretiker einen Namen machte und sich in seinem Spätwerk Fragen der Ästhetik und einer lebens-philosophischen Metaphysik zuwendete. Deutlich wird dabei, dass Simmel bestimmte Fragestellungen stets durchgehalten hat. Vermeintliche Widersprüche in seinem Werk fügen sich in der Zusammenschau zu einer offenen, fragmentarisch-unabgeschlossenen Theorie der Moderne.Diese Einführung ist nun in einer vollständig überarbeiteten Neuauflage erschienen, die der Autor in der Heinrich-Heine Buchhandlung vorstellt.
Die Frage lautet also: Worin besteht die Aktualität von Georg Simmel für uns? Darauf wird Werner Jung in seiner Buchvorstellung eingehen und zeigen, dass Georg Simmel auch fast 100 Jahre nach seinem Tod noch eine äußerst lebendige Lektüre sein kann.
Zu Gast in Korea
Prof. Dr. Werner Jung (Germanistik) und Dr. Andrea Schäfer (DaZ/DaF) besuchen Universitäten in Ostasien
Im September 2016 fand am Goethe-Institut in Seoul die 23. Jahrestagung des Instituts für Übersetzungsforschung zur deutschen und koreanischen Literatur statt. Als Referent aus Deutschland eingeladen war Prof. Dr. Werner Jung (Germanistik). Auch Dr. Andrea Schäfer (DaZ/DaF) reiste nach Ostasien: Sie baute in Korea das E-Tandem-Projekt für Studierende aus
KWI Tagung (Anfang Juni 2016) Im Abseits der Gruppe 47
Die „Gruppe 47“ ist aus dem deutschen Literaturbetrieb der Nachkriegszeit nicht wegzudenken, so groß war ihr Einfluss auf die Kultur der jungen Bundesrepublik. Konnten „Unzeitgemäße“, die teils wegen ihres Exils, teils auch wegen ihres Status als sogenannte Unterhaltungsschriftsteller aus dem literarischen Diskurs ausgegrenzt waren, neben der dominanten „Gruppe 47“ überhaupt in Deutschland erfolgreich sein?
Dieser Frage ging eine Tagung am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI) Anfang Juni auf den Grund. Auf Einladung von Heinz Eickmans und Werner Jung vom Institut für Germanistik der Universität Duisburg-Essen sowie dem Kölner Thelen-Forscher Jürgen Pütz, diskutierten zwölf ReferentInnen aus dem In- und Ausland mit den TeilnehmerInnen die verschiedenen Beiträge "abseitiger" AutorInnen sowie ihre Einschränkungen auf dem deutschen Literaturmarkt der 50er und 60er Jahre.
In den einzelnen Beiträgen wurden die Biografien und Werke unterschiedlichster SchriftstellerInnen vorgestellt, darunter Ernst Kreuder, Wolf von Niebelschütz und Gregor von Rezzori, Hans Keilson oder Konrad Merz. Besondere Aufmerksamkeit galt Albert Vigoleis Thelen (1903-1989), dessen Werk heute hoch geschätzt wird, der jedoch in den 50er Jahren im Abseits des literarischen Mainstream stand.
In den anschließenden Diskussionen kristallisierten sich zentrale Fragestellungen heraus, die ins Zentrum der kulturellen sowie literarhistorischen Entwicklung der jungen Republik zielten – nämlich nach Ausgrenzungsstrategien zahlreicher Art, die nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer nicht hinreichend aufgearbeiteten NS-Vergangenheit sowie diverser persönlicher ebenso wie grundsätzlicher politischer wie ästhetischer Ressentiments zu verstehen sind.
Dieter Wellershoff zum 90. Geburtstag Die ungeheure Vielfalt der Welt festhalten.
herausgegeben von der Stadtbibliothek Köln
ausgewählt, zusammengestellt und bearbeitet von Gabriele Ewenz und Werner Jung
Verlag der Buchhandlung Klaus Bittner,
Köln 2015 € 16,80
ISBN 978-3-926397-24-9
Link zum Buch: Verlag der Buchhandlung Klaus Bittner
Anlass für den dritten Band der Schriftenreihe „lik“ ist der 90. Geburtstag des Kölner Autors Dieter Wellershoff am 3. November, der dem Literatur-in-Köln-Archiv seit der Gründung in den 1970er Jahren tief verbunden ist.
Neben einem Werkgespräch zum Thema Raum und Literatur, das Dr. Gabriele Ewenz und Prof. Dr. Werner Jung mit dem Autor führten, präsentiert der Band ›Trouvaillen‹, aus mehr als fünfzig Jahren. Es sind Text- und Bildfundstücke der besonderen Art, die faszinierende und erhellende Einblicke in den Schreibprozess gewähren und weitere unbekannte Facetten im Werk des Autors erkennbar machen. Die Publikation breitet nahezu alle literarischen wie auch journalistischen Formen des Schreibens vor dem Auge der Leser und Leserinnen aus: neben frühen Glossen, kleineren wissenschaftsjournalistischen Essays, Kommentaren und Rezensionen noch aus der Studienzeit, stehen frühe Gedichte. Neben einem Entwurf zu einem Filmtreatment, sind schließlich ästhetisch-poetologische Texte neu zu entdecken, die nicht nur Fragen des eigenen künstlerisch-literarischen Selbstverständnisses betreffen, sondern auch grundsätzliche Reflexionen über moderne und postmoderne Kunst formulieren. Bemerkenswert sind das breite Spektrum und die Experimentierfreude, die sich insbesondere in den kalligraphischen Texten artikuliert, die Wellershoff zwischen 1961 und 1964 schrieb. Ebenso verhält es sich mit weitgehend unbekannten Fotografien des Autors, die Ende der 1970er Jahre entstanden und hier den Texten gegenüberstehen.
Die Schriftenreihe „Literatur in Köln“ gewährt Einblick in die Schätze des „Lik“-Archivs und des Heinrich-Böll-Archivs der Kölner Stadtbibliothek. Beide Literaturarchive dokumentieren seit vielen Jahren die Kölner Schriftsteller-Szene und bewahren das „literarische Gedächtnis“ Kölns. Zahlreiche international bedeutende Schriftsteller wie Jürgen Becker, Hans Bender, Heinrich Böll, Rolf Dieter Brinkmann, Hilde Domin, Irmgard Keun und Dieter Wellershoff sind hier vertreten.
Ludwig Harig Wer mit den Wölfen heult, wird Wolf
Gesammelte Werke Band 11
herausgegeben von Werner Jung
(neu kommentierte Fassung)
Erscheinungsdatum: 14.03.2016
496 Seiten
Hanser Verlag
Fester Einband
ISBN 978-3-446-24916-5
Link zum Buch: Hanser Literaturverlage
Inhalt:
Der Krieg ist vorbei: Der bald achtzehnjährige Ludwig Harig wird am 6. Mai 1945 auf der Schwäbischen Alb »befreit«, aus einem begeisterten Jung-Nazi soll ein Demokrat werden, aus dem Schüler einer nationalsozialistischen Erziehungsanstalt ein demokratischer Erzieher der neuen Generation. Die Lektion, die gelernt werden muß, ist nicht leicht, vor allem nicht in der katholischen Provinz, im Saarland, das unter französischer Verwaltung steht. Ludwig Harig begibt sich mit diesem dritten autobiographischen Roman erneut auf Spurensuche und entwirft ein beeindruckendes Bild seiner deutschen Nachkriegswirklichkeit
Tagung - Im Abseits der Gruppe 47
Albert Vigoleis Thelen und andere ‚Unzeitgemäße‘ im Literaturbetrieb der 1950er und 60er Jahre (3.-4. Juni 2016 am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI))
Die zwanzig Jahre währende Dominanz der Gruppe 47 auf dem deutschen Literaturmarkt hat die Entfaltung ‚abseitiger‘ Themen und Autoren nachhaltig behindert. Zu den Unzeitgemäßen gehören etwa die Autoren der Emigration, aber auch bestimmte Vertreter humoristischen Schreibens. Ein Autor, in dem die beiden genannten Strömungen zusammentreffen, ist Albert Vigoleis Thelen (1903-1989), Schriftsteller aus Süchteln am Niederrhein, der bereits 1931 emigrierte und auf Mallorca, in Amsterdam, Portugal und der Schweiz lebte. Erst 1986 kehrte er nach Deutschland zurück. Sein Roman „Die Insel des zweiten Gesichts“ (1953), mit dem renommierten Fontane-Preis 1954 ausgezeichnet, ist bis heute ein ‚Longseller’ geblieben und gilt Kennern und Verehrern als ein Jahrhundertbuch, wozu es der niederländische Autor Maarten t Hart noch 1999 in der „Zeit“ erklärt hat. Thomas Mann hat den Roman geschätzt, der junge Paul Celan ihn für ein „wahres Kunstwerk“ gehalten, und auf Altkanzlers Adenauers Nachttisch soll das Buch ebenfalls längere Zeit gelegen haben. Dennoch: Das Buch wie sein Autor haben es nicht geschafft, sich einen dauernden Platz in den deutschen Literaturgeschichten Ost wie West zu sichern, haben das literarische Feld der bundesdeutschen Literatur seit den 50er Jahren nicht besetzt.
Diese Essener Tagung hat sich zum Ziel gesetzt herauszufinden, welche literaturpolitischen und –soziologischen, auch welche ästhetisch-poetologischen Gründe ausschlaggebend gewesen sind, um Thelen in der Ecke des ewigen Emigranten – und seines „Emigrantendeutsch“, wie H. W. Richter nach Thelens Lesung auf der Tagung der Gruppe in Bebenhausen orakelte – hocken zu lassen. Schließlich wäre es auch in systematischer Hinsicht interessant, der Frage nachzugehen, ob nicht Thelen mit seinem gleichermaßen barocken Sprachstil wie spezifischem Humorverständnis – übrigens ganz ähnlich wie andere Autoren des Exils – seinen Ort in einer zu Beginn realistisch anmutenden, dann bestenfalls grotesk drapierten literarischen Landschaft der 50er Jahre geradezu verfehlen musste. D. h. es soll der Tagung darum gehen, A. V. Thelen (und möglicherweise andere vergleichbare AutorINNen wie Hans Keilson oder Grete Weil, Oskar Maria Graf, Hans Sahl, Hermann Kesten oder Joachim Maass, Gregor von Rezzori und Wolf von Niebelschütz) auf dem Hintergrund der Literaturverhältnisse während der 50er und frühen 60er Jahre (wieder) zu lesen und ihm – über die bislang vorliegenden verdienstvollen literaturwissenschaftlichen Arbeiten, über Sammelbände und Editionen (an erster Stelle wären hier wohl die verschiedenen Hefte der ‚horen’ zu nennen) hinaus – einen Platz in der Literaturgeschichte zu sichern.
Datei:
Tagungsprogramm Freitag 03.06.2016-Samstag 04.06.2016