Nonverbale Kommunikation

Das Berner System

Das Berner System zur Kodierung nonverbaler Interaktion wurde unter der Regie des Schweizerischen Nationalfonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (SNF) in den Jahren 1973 bis 1982 entwickelt. Zielvorgabe war die Schaffung eines Kodierungssystems, das so geringe Anforderungen an die Diskriminationsleistung des Kodierers stellt, daß es - ähnlich dem Alphabet - ohne großen Trainingsaufwand von jedermann erlernbar und zuverlässig handhabbar ist. Gleichzeitig sollte dieses Verfahren eine so hochauflösende, detailgenaue Beschreibung des spontan dargebotenen Bewegungsverhaltens ermöglichen, daß sich auf der Grundlage der Datenprotokolle die ursprüngliche Bewegung wieder reproduzieren lässt.

Erreicht wurde dieses Ziel indem der Verschriftlichung ein der alphabetischen Sprachnotation nachgebildetes non-semantisches, Kodierungsverfahren zugrunde gelegt wurde. Dieses unterscheidet sich grundlegend von allen früheren, ideographischen Notationssystemen, die versucht hatten, direkt auf den Bedeutungsgehalt nonverbaler Zeichen zu rekurrieren. Grundlage der non-semantischen Kodierung ist die Zerlegung des komplexen Bewegungsgeschehens in eine Zeitreihe von Momentanpositionen. Um der enormen Vielfalt der sprachbegleitenden Bewegungsaktivität gerecht werden zu können, müssen dann zwar etwa viermal so viele Kodierungsgesichtspunkte berücksichtigt werden als im Fall der Sprache, nämlich insgesamt 104 Dimensionen. Damit ist dann aber auch eine empirische Dokumentation der nonverbalen Komponente des Kommunikationsverhaltens möglich, die in Bezug auf Detailreichtum und Zuverlässigkeit der Beschreibung der alphabetischen Sprachnotation in nichts nachsteht.

 References

  • Das Berner System zur Untersuchung nonverbaler Interaktion: I. Die Erhebung des Rohdatenprotokolls. Frey, S., Hirsbrunner, H.P., Pool, J. & Daw, W. (1981) in P. Winkler (Hrsg.), Methoden der Analyse von Face-to-Face-Situationen. Stuttgart: Metzler, 1981
  • Mikroanalyse medienvermittelter Informationsprozesse. Zur Anwendung zeitreihen-basierter Notationsprinzipien auf die Untersuchung von Fernsehnachrichten. Frey, S. & Bente, G. (1989). in: Kaase, M. und Schulz, W. (Hrsg.), Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie, Sonderheft 30: Massenkommunikation. Theorien, Methoden, Befunde. Opladen: Westdeutscher Verlag, 1989.
  • Das Bild vom Andern: Skriptanimation als Methode zur Untersuchung spontaner Attributionsprozesse. Kempter, G. Lengerich: Papst, 1999.