Nonverbale Kommunikation

Das Primat der Bewegung

Das Bewegungsverhalten einer Person steuert den Prozess der spontanen Eigenschaftszuschreibung in weitaus stärkerem Maße als deren statisches physiognomisches Aussehen. Dies zeigte sich ganz deutlich in den Ergebnissen einer Untersuchung, in der der Einfluss des Aussehens eliminiert wurde. Und zwar indem das Bewegungsverhalten verschiedener Politiker, die in den Nachrichtensendungen des amerikanischen und französischen Fernsehens aufgetreten waren, transkribiert und von ein und derselben computer-animierten Puppe nachgespielt wurde. Wie aus dem Vergleich der Persönlichkeitsprofile hervorgeht, die zum einen für die Originalperson und zum anderen für die - die Bewegungen der Originalperson imitierende - Puppe ermittelt wurden, gelangten die Beurteiler allein aufgrund der Bewegungsinformation praktisch zum selben Urteil, wie wenn sie den Politiker in Person sahen.

Sowohl der etwas lasche, undifferenzierte Eindruck, den der amerikanische Politiker Smith (obere Grafik) gemacht hatte, wie auch die höchst positive Meinung, die sie von Madame Barzach gewonnen hatten (mittlere Grafik) und selbst die dezidiert negative Charakterisierung, die sie sich von Jesse Helms bildeten, fanden sich in den Urteilsdaten der Gruppe, die sich zum Eigenschaftsprofil der Puppe äußerte, praktisch unverändert wieder. Ja, der Konsensus erstreckte sich überraschenderweise sogar auf die Beurteilung der 'Schönheit' der Stimuluspersonen: Die Puppe, die sich wie die frühere französische Ministerin Madame Barzach bewegte, fanden die Betrachter ziemlich attraktiv (wenn auch nicht ganz so sehr wie das Original). Wenn sie sich dagegen wie Helms oder Smith gebärdete, galt sie ihnen als genau so hässlich, wie ihnen diese Politiker in natura vorgekommen waren.

 

 References

  • Die Macht des Bildes. Der Einfluss der nonverbalen Kommunikation auf Kultur und Politik. Frey, S. Bern: Huber, 1999