„Drehscheibe“ Evaluation einer intensivpädagogischen Maßnahme

 

Projektleitung
Prof.in Dr.in Thümmler (z.Z. Gastprofessur an der Humboldt-Universität zu Berlin)

Steuergruppe
Prof.in Dr.in Désirée Laubenstein und
Prof.in. Dr.in Tanja Ulrich

Mitarbeit
Katharina Päselt (abgeordnete Lehrkraft)

Kooperationspartner
Alfred-Adler-Schule Duisburg, Bezirksregierung Düsseldorf, Jugendamt Duisburg & Caritasverband Duisburg e.V.

Laufzeit
02/2025 – 02/2029

Hintergrund
Mit dem Projekt „Drehscheibe“ an einer Förderschule für emotionale und soziale Entwicklung (ESE) in Duisburg wurde in Kooperation mit der Bezirksregierung Düsseldorf, dem Jugendamt Duisburg & der Caritas Duisburg e.V. ein innovatives schulisches Angebot für Schüler:innen mit intensivpädagogischem Unterstützungsbedarf (§15 AO-SF) konzipiert. Die Zielgruppe umfasst Kinder und Jugendliche mit gravierenden psychosozialen Belastungen, deren schulische und gesellschaftliche Teilhabe erheblich gefährdet ist und die in anderen Unterstützungssystemen nicht ausreichend betreut werden können (Baumann, 2014, 2019, 2024). Ziel ist es, durch eine enge Kooperation zwischen sonderpädagogischen Lehrkräften und Sozialpädagog:innen der Jugendhilfe die sozial-emotionale sowie schulische Entwicklung der Schüler:innen nachhaltig zu fördern. Dabei soll Schule als sicherer Ort etabliert, Schulabsentismus vorgebeugt und die Rückkehr in eine Klasse langfristig ermöglicht werden.

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Intensivpädagogische Maßnahmen sind ein wichtiger Bestandteil der sonderpädagogischen Förderung für Schülerinnen und Schüler mit Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (ESE) in Nordrhein-Westfalen (NRW). Die Ausbildungsordnung sonderpädagogischer Förderung (AO-SF) in NRW bietet vier Hauptoptionen für die schulische Bildung dieser Schülergruppe; eine davon ist die  intensivpädagogische Förderung bei erheblich erhöhtem Unterstützungsbedarf - §15 AOSF - (Hövel & Mehlmann, 2019). Die intensivpädagogische Förderung ist besonders relevant für Schüler:innen mit dem sonderpädagogischen Unterstützungsbedarf ESE: Sie wird gemäß §15 AO-SF angewendet, wenn der Unterstützungsbedarf erheblich über das übliche Maß hinausgeht (Ministeriums für Schule und Weiterbildung, 2005).

Die Intensivpädagogik entwickelte sich ursprünglich als Konzept und Begrifflichkeit im außerschulischen Kontext innerhalb der Kinder- und Jugendhilfe (Schwabe 2014; Düvelmeyer et al. 2024). Angebote, die intensivpädagogische Ansätze im schulischen Rahmen zur Erfüllung der Schulpflicht nutzen, stellen eine vergleichsweise neue, innovative Entwicklung dar und können in unterschiedlichen Formen, wie beispielswiese in dem Projekt „Drehscheibe“, umgesetzt werden (Koß et al., 2018).

Ziel
Analyse der Effekte der intensivpädagogischen Maßnahme ‚Drehscheibe‘ an einer Förderschule – auf das Selbstkonzept und das Wohlbefinden der Schüler:innen sowie auf die Zusammenarbeit zwischen Jugendhilfe und Schule.  (Promotionsprojekt von Katharina Päselt)

Methode
Die wissenschaftliche Begleitung des Projekts erfolgt in mehreren aufeinander abgestimmten Phasen und basiert auf einem Mixed-Methods-Ansatz (Kuckartz, 2014): Zu Beginn werden in qualitativen Interviews mit Schüler:innen, Lehrkräften und Mitarbeiter:innen die subjektiven Erfahrungen der Beteiligten erfasst. Im Anschluss daran werden Veränderungen im Selbstkonzept und Wohlbefinden der Schüler:innen mittels standardisierter Testverfahren sowie ergänzender Interviews untersucht. Ein zentraler Bestandteil der Erhebung sind abschließend die Videobeobachtungen und Dokumentenanalysen. Diese dienen einerseits, der detaillierten Analyse sozialer Prozesse (Knoblauch, 2004) und ermöglichen andererseits die Entwicklung fundierter Handlungsempfehlungen zur Optimierung intensivpädagogischer Settings. Darüber hinaus tragen sie dazu bei, die Wirksamkeit der Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule im schulischen Kontext zu überprüfen und nachhaltig zu stärken.

Förderung: Das Projekt wird gefördert von der Stadt Duisburg (Jugendamt Duisburg), dem Caritasverband Duisburg e.V. sowie der Bezirksregierung Düsseldorf. 

 

Literatur:

Baumann, M. (2014). Jugendliche Systemsprenger—Zwischen Jugendhilfe und Justiz. Zeitschrift für Jugendkriminalität und Jugendhilfe, 162–267.

Baumann, M. (2019). Kinder, die Systeme sprengen. Band 2. Impulse, Zugangswege und hilfreiche Settingbedingungen für Jugendliche und Schule.

Baumann, M. (2024). Kinder, die Systeme sprengen: Band 1: Wenn Jugendliche und Erziehungshilfe aneinander scheitern. (5. Auflage, Bd. 1). W. Bertelsmann Verlag.

Düvelmeyer, M., Bolz, T., Gonzales Ferreira, L., Hennemann, T., & Leidig, T. (2024). Intensivpädagogik im Kontext Schule: Wissenschaftliche Begleitung der Maßnahme U-Turn. Emotionale und soziale Entwicklung in der Pädagogik der Erziehungshilfe und bei Verhaltensstörungen, 6, 218–227. https://www.pedocs.de/volltexte/2024/30049/pdf/ESE_2024_6_Duevelmeyer_et_al_Intensivpaedagogik_im_Kontext.pdf

Hövel, D., & Mehlmann, E. (2019). Ausbildungsorganisation der schulischen Förderung von Schülerinnen und Schülern mit Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (ESE). Emotionale und soziale Entwicklung in der Pädagogik der Erziehungshilfe und bei Verhaltensstörungen, 1, 242–247.

Knoblauch, H. (2004). Die Video-Interaktions-Analyse. sozialer sinn, 5(1), 123–138.

Koß, P., Wagner, C., & Baumann, M. (2018). Riskant agierende junge Menschen—Über hilflose Systeme und ihre sogenannten „Systemsprenger“. Zeitschrift für Jugendkriminalität und Jugendhilfe, 4, 285–290.

Kuckartz, U. (2014). Mixed Methods: Methodologie, Forschungsdesigns und Analyseverfahren. Springer VS.

Ministeriums für Schule und Weiterbildung. (2005, April 29). BASS Bereinigte Amtliche Sammlung der Schulvorschriften NRW. Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Klinikschule (Ausbildungsordnung sonderpädagogische Förderung—AO-SF). https://bass.schule.nrw/6225.htm

Schwabe, M. (2014). Brauchen wir „Intensivpädagogik“ und wenn ja welche für was? Zur Konkretisierung eines zu Recht umstrittenen Begriffs. Evangelische Jugendhilfe, 91, 279–287. https://www.erev.de/media/leseprobe_schwabe.pdf