Nanotechnologie und nanostrukturierte Bauelemente werden als Innovationsmotoren des 21. Jahrhunderts angesehen. Ultradünne Schichten oder winzige Kristalle zeichnen sich durch ungewöhnliche Eigenschaften aus und eröffnen neuartige Anwendungen in der Elektrotechnik. In diesem faszinierenden Forschungsfeld ist das Design von nanoskaligen Materialien und Bauelementen, aber auch deren mikroskopisches Verständnis ein zentrales Anliegen. Herkömmliche Gebiete, wie die Mikro- und Optoelektronik, werden immer mehr von Nanostrukturen geprägt, aber auch neue Forschungsgebiete, wie z.B. die Spintronik (Nutzung des Spins als Informationsträger im Halbleiter) oder die Quanteninformations-Technologie (Nutzung quantenmechanischer Eigenschaften für Speicherung und Übertragung von Information) sind entstanden.

In diesem Umfeld lassen sich die Forschungsaktivitäten am Lehrstuhl für Werkstoffe der Elektrotechnik in folgende Bereiche untergliedern:

Graphen und 2D-Materialien

Graphen und 2D-Halbleiter haben sich in den letzten Jahren als äußerst vielversprechende Kandidaten für eine neuartige, auf 2D-Materialien basierende Elektronik und Optoelektronik erwiesen. Graphen wird mittlerweile industriell in großen Mengen und großflächig hergestellt und findet auch bereits in der Nano- und Werkstofftechnologie, aber auch schon in Bauelementen Verwendung. Dahingegen sind 2D-Halbleiter noch in der Phase intensiver Erforschung und des Auslotens möglicher Anwendungen.
Attraktiv an den 2D-Materialien sind z.B. die hohe Festigkeit bei gleichzeitiger Flexibilität, sowie die Möglichkeit, über verschiedenartigste Herstellungsverfahren komplexe Materialkombinationen, Strukturen und Funktionalisierungen herzustellen. Hinzu kommen interessante Eigenschaften, wie z.B. exzellente elektrische und thermische Leitfähigkeit bei Graphen und hohe Bindungsenergien zwischen Elektronen und Löchern in 2D-Halbleitern.

Unser Forschungsgebiet umfasst die Herstellung von Graphen auf unterschiedlichen Substraten bis zu 4 Zoll Durchmesser und den Einsatz des Graphens z.B. als großflächiges, transparentes Kontaktmaterial. In gleicher Weise erforschen wir großflächige Übergangsmetall-Dichalcogenide (TMDC) als 2D-Halbleiter. Großflächige 2D-Materialien können natürlich nicht mehr mit Hilfe von Tesafilm und "Exfoliation" von Graphit oder Kristallen hergestellt werden, sondern erfordern industrielle Verfahren wie chemische Gasphasendeposition (CVD). In verschiedenen kooperativen Projekten optimieren wir die Herstellungsprozesse im Hinblick auf defektarme 2D-Materialien, betten diese in Bauelementarchitekturen ein und nutzen sie z.B. für ultradünne und flexible Lichtemitter und Photodetektoren.

Nano-Optoelektronik: Materialien und Bauelemente

Moderne optoelektronische Bauelemente enthalten Funktionsschichten und –strukturen, deren Abmessungen längst in den Bereich weniger Nanometer und darunter vorgedrungen sind. Beispiele sind u.a. null-dimensionale Materialien wie Halbleiter-Quantenpunkte, ein-dimensionale Nanodrähte oder zwei-dimensionale Schichten. Reduziert man die Größe von Halbleiterkristallen in mindestens einer Dimension auf wenige Nanometer, müssen deren Eigenschaften quantenmechanisch beschrieben werden. Die veränderte elektronische Zustandsdichte, aber auch die Möglichkeit, die Bandlücke über die Größe solcher Strukturen einstellen zu können, eröffnet faszinierende Aspekte für innovative Anwendungen. Beipiele sind effiziente Lichtemitter bzw. Absorber für maßgeschneiderte Wellenlängen oder Bauelemente, die einzelne Photonen „auf Bestellung“ liefern können.

Ziel ist es, die fundamentalen elektronischen und optischen Eigenschaften solcher Nanomaterialien zu verstehen und für Anwendungen nutzbar zu machen. Aufbauend auf einem detaillierten Materialverständnis geht es im Reinraum des Lehrstuhls darum, solche Quantenmaterialien in ein Bauelementkonzept zu integrieren und das Anwendungspotenzial z.B. in der Optoelektronik auszuloten. Unsere vielfältigen Analysemethoden – Elektronen-Mikroskopie, Nano-Optik und Raster-Sonden-Mikroskopie - sind in der Lage, Stromfluss und Potenzialverteilung sowie optische und strukturelle Eigenschaften auf einer Nanometerskala zu erfassen und damit eine Korrelation von Materialeigenschaften und Bauelement-Funktionalität zu erarbeiten.

Spintronik und magnetische Halbleiter

In der herkömmlichen Mikroelektronik wird die Ladung von Elektronen als Informationsträger eingesetzt. Ein innovativer Ansatz der Informationstechnik nutzt neben der Ladung die quantenmechanische Eigenschaft ‚Spin’ von Ladungsträgern zur Darstellung von Information. Moderne Leseköpfe in Festplatten basieren u.a. auf der Tatsache, dass in nanometer-dünnen Ferromagnet-Isolator Schichtsystemen der Stromtransport von der relativen Ausrichtung zwischen Elektronenspin und Magnetisierung abhängt. Als Spintronik im engeren Sinn wird die Nutzung des Spins von Ladungsträgern in Halbleitern bezeichnet.

Wir widmen uns dem Ziel, elektronische, optische und magnetische Funktionalität in neuartigen Nanomaterialien zu kombinieren. Zum einen werden magnetisch dotierte Halbleiter- Nanostrukturen (Quantenpunkte, Nanobänder, Cluster) untersucht mit der Intention, Ladungsträgerspins über die magnetischen Dotieratome zu beeinflussen und – vice versa – durch optische bzw. elektrische Stimulation den Magnetismus zu kontrollieren. Als Alternativansatz werden mikroskopische Leiterschleifen eingesetzt, um lokale magnetische Felder zu erzeugen und damit Spinzustände im Halbleiter elektrisch auf einer GHz Skala schalten zu können. Die Forschungsaktivitäten am Lehrstuhl beinhalten das Design und die Entwicklung geeigneter mikro- und nanostrukturierter Systeme im Reinraum und deren Analyse mit modernen Methoden der orts- und zeitaufgelösten Magnetooptik.