IGF-Forschungsvorhaben Nr. 19749 BG

November 2017 - April 2021IGF-Forschungsvorhaben Nr. 19749 BG „Einfluss von fertigungs- und montagebedingten Imperfektionen auf das Tragverhalten geschraubter gleitfester Verbindungen im Stahlbau“ erfolgreich abgeschlossen

Bilder Igf19749bg

​Geschraubte gleitfeste Verbindungen werden traditionell im Stahl- und Anlagenbau immer dann eingesetzt, wenn Schlupf und Verformung in den geschraubten An-schlüssen minimiert werden müssen. Die derzeitige Prüfprozedur der DIN EN 1090-2, Anhang G ist auf das grundlegende Tragverhalten unter Laborbedingungen beschränkt. Seitens der Industrie treten wiederkehrend Fragestellungen auf, inwieweit fertigungs-, montage- und betriebsbedingte Einflüsse bei der Ausführung von gleitfesten Verbindungen zu berücksichtigen sind, da diese die Wirtschaftlichkeit dieser Verbindungsform beeinträchtigen.

Im Rahmen des IGF-Forschungsvorhabens Nr. 19749 BG „Einfluss von fertigungs- und montagebedingten Imperfektionen auf das Tragverhalten geschraubter gleitfester Verbindungen im Stahlbau“ wurden systematische Untersuchungen an gleitfest vorgespannten geschraubten Verbindungen der Kategorien B/C nach EN 1993-1-8 durchgeführt, wobei die verschiedenen Imperfektionen, welche typischerweise auf Baustellen beobachtet werden können, unter Laborbedingungen nachgebildet wurden. Dazu wurden zunächst Referenzversuche ohne eingebrachte Imperfektionen durchgeführt, um einen Ausgangswert zu bestimmen. Anschließend wurden künstliche Imperfektionen, in Form von konstruktiven (Kantenversatz, Futterbleche), witterungsbedingten (Feuchtigkeit, Vereisung, Temperaturschwankungen), logistischen (Transportschäden, Alterung von Beschichtungen) und fertigungsbedingten Einflüssen (Schichtdickenschwankungen) sowie der Montage (verschiedene Anziehverfahren) in die Verbindung eingebracht. Ergänzend dazu wurden begleitende numerische Parameterstudien zum Einfluss des Blechdickensprungs, der Anziehreihenfolge sowie des Futterblechs durchgeführt.

Die erzielten Versuchsergebnisse ermöglichen eine Bewertung der Imperfektionen hinsichtlich des Tragverhaltens gleitfest vorgespannter Verbindungen sowie der derzeitig existierenden Regelungen. In Anbetracht des Einflusses verschiedener Schichtdickenbereiche konnte gezeigt werden, dass geringe Schichtdicken (25 µm bis 40 µm) zu bis zu 30 % niedrigeren Haftreibungszahlen im Vergleich zu normativen Referenz-Schichtdicken (40 µm bis 80 µm) führen. Erwartungsgemäß konnte bei den untersuchten Kantenversätzen von 1 mm und 2 mm eine Reduktion der Haft-reibungszahl im Vergleich zu Standardprüfkörpern bis zu ca. 20 % beobachtet werden. Oberflächenbeschädigende Imperfektionen wie Schmutz oder Alterung der Beschichtung, aber auch feuchte und nasse Oberflächen führen zu bis zu 16 % niedrigeren Haftreibungszahlen. Außerdem konnte gezeigt werden, dass das Anziehen mittels Kombinierten Vorspannverfahrens (KV) zu einer deutlichen Steigerung der Haftreibungszahl im Vergleich zum gezielten Vorspannen nach Anhang G der DIN EN 1090-2 bis zu 30 % führt. Dieser günstige Einfluss des Vorspannens mit dem KV bleibt jedoch aktuell normativ unberücksichtigt.

Eine Bewertung der Imperfektionen hinsichtlich der Erreichbarkeit der normativ geforderten Haftreibungszahlen zeigt, dass die Referenzprüfkörper mit feuerverzinkten Oberflächen und anschließender Alkali-Zink-Silikat-Beschichtung (HDG-ASI) die Haftreibungszahl µ = 0,4 nur mit ca. 10 % überschreiten, sodass die zu erwartenden Einflüsse aus verschiedenen Imperfektionen deutlich kritischer zu sehen sind. So können beispielsweise geringere Schichtdicken (µect = 0,37) oder Kantenversätze zu einer Unterschreitung der in der Bemessung angesetzten Haftreibungszahl führen und somit die Verbindung gefährden.

Deutlich höhere Reserven hinsichtlich der festgelegten Haftreibungszahl µ = 0,4 bieten die Alkali-Zink-Silikat-Beschichtung (ASI, ca. +45 %) und das thermische Spritzen mit Aluminium (SM-Al, ca. +70 %), sodass es bei keiner der untersuchten Imperfektionen zu einer Unterschreitung der Reibflächenklasse B gekommen ist, wodurch sich die auf den ersten Blick konservativen Einstufungen für die Reibflächen der DIN EN 1090-2 als sinnvoll erweisen. Unter Berücksichtigung der besonders kritischen Imperfektionen wie die geringe Schichtdicke und der Kantenversatz (sowohl 1 mm als auch 2 mm) könnte für das Beschichtungssystem SM-Al zukünftig eine Erhöhung der Reibflächenklasse in Erwägung gezogen werden.

Mit den vorliegenden Versuchsergebnissen wurde der Einfluss fertigungs- und montagebedingter Imperfektionen sowie betriebsbedingter Einflüsse auf das Trag-verhalten gleitfester Schraubverbindungen im Stahlbau erfasst.

Das IGF-Vorhaben 19749 BG der FOSTA – Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V., Düsseldorf, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

Das Vorhaben wurde vom Institut für Metall- und Leichtbau der Universität Duisburg-Essen, dem Fraunhofer-Institut für Großstrukturen in der Produktionstechnik IGP, Rostock und dem Institut für Korrosionsschutz Dresden GmbH, Dresden durchgeführt. Die Projektlaufzeit betrug 42 Monate (01.11.2017 – 30.04.2021). Der Schlussbericht befindet sich in Vorbereitung und wird voraussichtlich in diesem Jahr veröffentlicht.

Ansprechpartner am Institut für Metall- und Leichtbau: Herr Lukas Makevičius, M.Sc.

Förderung:

Foerderung Igf19749bg

Forschungseinrichtungen:

Forscher Igf19749bg