Trauer um Prof. em. Dr. Dr. h.c. Karl-Dieter Bünting

© Dekanat Geisteswissenschaften

Nachruf

Die Wildkirsche, die Karl-Dieter Bünting in den 1980er Jahren vor der Mensa neben anderen Bäumen zusammen mit ehemaligen Rektoratskollegen gepflanzt hat, ist groß geworden. Bünting war 1972 nach akademischen Stationen in Marburg, Bonn und Berlin als Gründungssenator und Professor für Linguistik an die neugegründete Essener Hochschule gekommen – zu einer Zeit, da noch keines der jetzigen Gebäude stand, die geisteswissenschaftliche Lehre in der ehemaligen PH stattfand, der Senat, das Rektorat und die Verwaltung in angemieteten Büroräumen residierten. In der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember ist er im Alter von 81 Jahren verstorben.

Karl-Dieter Bünting war nicht nur Mitglied des Gründungssenats, sondern auch Prorektor für Studium und Lehre und Dekan des Fachbereichs Literatur- und Sprachwissenschaften. Als Innovator und Organisator hat er das Profil der Essener Sprachwissenschaften geprägt wie kaum ein anderer. Die Einrichtung von Studiengängen wie Kommunikationswissenschaft, Deutsch als Fremdsprache / Deutsch als Zweitsprache oder Turkistik gehen auf seine Initiativen zurück – aber auch Aushängeschilder wie der Förderunterricht für Migrantenkinder (der 1974 aus einem Forschungsprojekt zum Bilingualismus entstand) oder die Schreibwerkstatt. Neben seiner Essener Lehr-Tätigkeit nahm er einen Lehrauftrag an der Bochumer Ruhruniversität wahr und war dort Prüfer in zahllosen Staatsexamina.  Er unterrichtete regelmäßig an der Essener Journalistenschule der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung, war jahrelang beim Deutschen Akademischen Austauschdienst Mitglied der Auswahl-Kommission für Deutsch-Lektoren im Ausland und organisierte bei Gastaufenthalten in aller Welt zusammen mit seiner Frau Inge gleichermaßen lehrreiche wie unterhaltsame Goethe-Abende.

Professor Bünting hat wissenschaftliche Arbeit immer in Studien- und Lebenspraxis umgesetzt. Seine 1971 zum ersten Mal erschienene „Einführung in die Linguistik“ ist längst ein Klassiker geworden. Er hat Lehrbücher und Arbeitshefte für alle Schulformen verfasst, an einem polnischen Deutsch-Lehrwerk mitgearbeitet, populäre Ratgeber zum Sprachgebrauch geschrieben und ein Kinderbuch über die Entstehung der Sprache, das in mehren Auflagen im „Deutschen Taschenbuchverlag“ erschien und ins brasilianische Portugiesisch übersetzt wurde. Den Herausforderungen der Massenuniversität hat er sich gerne gestellt – ob mit Vorlesungen im größten Saal des „Cinemaxx“, mit einem Linguistik-Grundkurs auf Video oder mit einer CD-Sammlung über Sprachvarietäten.

Die regelmäßige Beteiligung an der Kinderuni gehörte genauso zu seinen Aktivitäten wie die Mitarbeit an den internationalen Sommerkursen der Uni DUE, die er einst initiiert hatte und in denen er auch noch nach der Emeritierung unterrichtete. Sein Engagement für „Internationalisierung“ – lange bevor dieser Begriff benutzt wurde, um die Weltoffenheit unserer Universität zu signalisieren –führte zu einer Vielzahl internationaler Partnerschaften (mit ägyptischen, polnischen, russischen, belarussischen, afghanischen und chinesischen Universitäten) und wurde mit Ehrendoktoraten, Ehrenprofessuren und anderen internationalen Auszeichnungen gewürdigt. Aus manchen von Büntings internationalen Kontakten erwuchsen Freundschaften, die er bis zuletzt pflegte. Für ihn selbstverständlich war, dass viele Gastwissenschaftler*innen monatelang im Hause Bünting oder in einem von ihm privat finanzierten Apartment in der „Brücke“ wohnen konnten. Seine eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schickte er zu kürzeren und längeren Gastaufenthalten in die Welt, und manche der von ihm betreuten Promovierenden wurden später Professoren in Algerien, Ägypten, Afghanistan, China, Dänemark – aber auch in Dresden oder Siegen.

„Alle Sprachen sind gleich – nur ganz anders.“

Wenn einer aus innerster Überzeugung Botschafter der interkulturellen Verständigung war, dann Karl-Dieter Bünting. Nicht nur seine ehemaligen Mitarbeiter*innen und Kolleg*innen werden ihn vermissen …
 

Dr. Yurdakul Cakir-Dikkaya, Ramona Karatas M.A., Dr. Eva Lipkowski, Dr. Ulrike Pospiech, Dr. Hannes Krauss, Dr. Werner Schöneck