Habilitationen

Laufende Projekte

Dr. Julia Amslinger

„Die Welt ist ein gebundener Gedanke“ – Verstechniken in Übersetzung

(Förderzeitraum Oktober 2018 – September 2021, DFG-Schwerpunktprogramm "Übersetzungskulturen der Frühen Neuzeit")

Das Projekt möchte die Rolle der „gebundenen Rede“ für die Etablierung einer deutschen Dichtungs- und Literatursprache im Zeitabschnitt 1600 bis 1800 beschreiben. Quellenbestand sind die deutschsprachigen Dichtungslehren und das größtenteils anonym veröffentlichte Massenphänomen „Gelegenheitsdichtung“. Dazu gehören zunächst die heute für die Barockforschung kanonischen Verspoetiken aus dem Kontext der Sprachgesellschaften und Dichterzirkel. Mit dem Fokus auf zwei regionale Zentren, Breslau und Zürich wird gefragt, welche Vorstellungen von „deutscher Dichtung“ sich aus dem disparaten Quellenbestand der Gelegenheitsdichtung erschließen lassen. Breslau und Zürich bieten sich aufgrund ihrer unterschiedlichen gesellschaftlichen Organisation (konfessionell, institutionell, sprachgeschichtlich) für diesen Vergleich an. Beide Städte sind Orte des interkulturellen Austauschs in der Frühen Neuzeit: Breslau ist als Zentrum der Schlesischen Dichterschule die kulturelle Mitte Schlesiens im 17. Jahrhundert unter Habsburger Verwaltung, Zürich ist ein kultureller Knotenpunkt der literarischen Aufklärung in Europa. Erweitert wird diese Perspektive durch das Heranziehen von Dichtungslehren, die zu Beginn des 18. Jahrhunderts für didaktische Zwecke im Schulkontext verfasst wurden, wie etwa Johann Georg Hofmanns Lehr-mässige Anweisung zu der Teutschen Verß- und Ticht-Kunst, Georg Ludwigs Teutsche Poesie dieser Zeit oder Gottfried Bürgels Die ersten Anfangs-Gründe der Dichtkunst, die bisher kaum zur Kenntnis genommen worden sind.

Mit dieser doppelten Perspektive auf den Gelehrtendiskurs in Dichterpoetiken und didaktischen Anleitungen für den Schulunterricht einerseits und auf die gedruckten und handschriftlichen Zeugnisse volkssprachlicher Gelegenheitsdichtung andererseits wird nachvollzogen, wie sich das deutsche Dichtungsidioms etablierte.

So wird die Paradoxie des Prozesses erkennbar: Am Ende des 18. Jahrhunderts wird die im deutschsprachigen Gebiet relativ spät in Übersetzung der französischen Theorie systematisierte Gattung ,Lyrik‘ nicht nur als origo aller Künste angesehen, sondern als „im Anfang ganz volksartig d.i. leicht, einfach, aus Gegenständen und in der Sprache der Menge“ (Herder, 1990). Eine in hohem Maße normierte, schriftlich verfasste Kunstgattung wird mit erheblichem Aufwand als mündlicher Ausdruck der nationalen Natur inszeniert. Die vielfältigen Übersetzungsprozesse, die zu diesem Ergebnis geführt hatten, wurden in diesem Dichtungskonzept unsichtbar.

Abgeschlossene Projekte

Dr. Stefan Hermes: Figuren der Anderen. Völkerkundliche Anthropologie und Drama im Sturm und Drang.

(abgeschlossen im Dezember 2018, Publikation in Vorbereitung)

Dr. Corinna Schlicht: Selbstentwürfe. Literarische Reflexionen der Bedingungen und Möglichkeiten ein Selbst auszubilden.

(abgeschlossen 2017, Publikation in Vorbereitung)

Dr. Patrick Eiden-Offe: Die Poesie der Klasse. Romantischer Antikapitalismus im Vormärz. (Buchveröff.: Matthes und Seitz 2017)

(abgeschlossen)

Dr. Eske Bockelmann: Im Takt des Geldes. Zur Genese modernen Denkens (Buchveröff.: Springe 2004).

(Außenbegutachtung,  Neuere deutsche Literaturwissenschaft (TU Chemnitz), abgeschlossen im SoSe 2012)

Promotionen

Laufende Projekte

Johannes Bullmann: Der Sprechchor im Gegenwartstheater

Im Mittelpunkt des Dissertationsvorhabens stehen kontemporäre Inszenierungen von „Sprechchor“, vor allem am Dortmunder Schauspiel. Aber auch Stücke für Sprechchor des Braunschweiger Staatstheaters, der Theaterwissenschaft an der RUB, ein Clapchor, ein DADA-Chor und ein Geräuschchor zur Vertonung der 1906-Stummfilmfassung von Dantes Inferno („L’Inferno“, 1906) spielen in der theoretischen Grundlegung eine Rolle. Dabei wird methodisch auf die in den angelsächsischen Ländern verbreitete Methode der „Practice as Research in the Arts“ zurückgegriffen: Der Sprechchor wird durch teilnehmende Beobachtung des Produktionsprozesses untersucht, d.h. die Verfertigung des endgültigen Theatertexts verfolgt, der für den Zuschauer in der konkreten Aufführungssituation sicht- und hörbar wird.

Zugleich verfolgt das Projekt ein historisches Erkenntnisintresse. Als Ritual-, Bühnen- und Propagandagenre wird der Sprechchor in dem zweiten Teil der Arbeit in seinen verschiedenen historischen Einbettungen beschrieben. Ausgehend von der antiken Überlieferung sind hier u. a. die Helden-, Hexen- und Elfenchöre der Frühen Neuzeit,  Schillers Wiedereinsetzung der Chores, die Regiearbeiten von W.E. Meyerhold, Max Reinhardt, Erwin Piscator und Einar Schleef und die Sprechchöre der Arbeiterbewegung des 20. Jahrhunderts Stationen der Untersuchung. Was Autoren und Agitatoren über 2500 Jahre hinweg immer wieder zum Gruppen-, Massen- und „Volks“-Artikulationsmittel „Sprechchor“ greifen lässt, soll erforscht werden, um so die Unsterblichkeit des Sprechchors und seiner Bedeutung für das postdramatische Theater näher zu ergründen.

Lydia Doliva: Botanische Dichtkunst. Eine Untersuchung zum Verhältnis von Pflanzenkunde und Literatur im 18. und 19. Jahrhundert.

Die Studie sondiert das Schnittfeld von Botanik und Dichtung im 18. und 19. Jahrhundert systematisch für die deutschsprachige Literatur. In der literatur- und kulturwissenschaftlichen Forschung ist vielfach auf die Verbindung von bildender Kunst und Botanik hingewiesen worden. Die Untersuchung von Transferprozessen und den damit einhergehenden Praktiken zwischen der – sich im 18. Jahrhundert nach Linné etablierenden – Disziplin Botanik und Literatur ist ein Forschungsdesiderat.

Untersuchungsgegenstand sind Texte naturforschender Dichter aus der Epoche der Aufklärung, Klassik und Romantik. Die Dichter sind Teil der botanischen Gelehrtenwelt: Sie sammeln, lassen sich Pflanzen zutragen, tauschen Herbarien, sind Mitglieder von Gesellschaften und Beiträger in botanischen Zeitschriften. Anhand der literatur- und wissenschaftsgeschichtlichen Analyse der Transferprozesse von botanischem Wissen in die Prosa und Lyrik soll rekonstruiert werden, wie die botanische Wissenschaft in der ausgewählten Literatur dargestellt und mithilfe welcher Praktiken die Gegenstände botanischer Betrachtung literarisch reflektiert werden.
Komplettiert wird das Textkorpus durch (teilweise anonym erschienene) Gedichtanthologien, zeitgenössische Zeitschriftenbeiträge und Einträge in Lexika, die die Verbindung von Kunst und Botanik programmatisch in der Textauswahl und in theoretischen Beiträgen belegen. Im 19. Jahrhundert arbeitet die Botanik im Zuge ihrer weiteren Spezialisierung auch an der Historisierung ihrer eigenen Disziplin und greift dazu auf literarische Texte und philologisches Wissen zurück .

Die Arbeit richtet den Blick nicht nur auf Johann Wolfgang von Goethe, dem vielleicht bekanntesten naturforschenden Dichter um 1800, sondern zeigt in der Betrachtung weiterer, auch weniger bekannter naturforschender Dichter, dass das Interaktionsfeld von Naturforschung und Dichtung weit über biographische Einzelfälle hinausreicht. Das Projekt untersucht in einer Doppelperspektive, inwiefern Literatur botanisches Wissen aufnimmt, verarbeitet und ästhetisiert, zugleich aber auch ästhetisch auf die Wissenschaftssystematik der Zeit wirkt.

Lisa Eggert: Stadt, Land, Dorf – Stipendiatenstätten und ihre Literatur.

Untersuchungsgegenstand des Promotionsprojektes sind zwei ausgewählte Stipendiatenstätten für Autorinnen und Autoren im deutschsprachigen Raum. Etwa seit der Mitte des 20. Jahrhundert werden im Zuge staatlicher und privater Kulturförderung Schlösser, Villen, Gartenhäuser und Bauernhöfe für Künstler*innen und Geisteswissenschaftler*innen verschiedener Disziplinen hergerichtet. Hier sollen die Kulturschaffenden nicht nur eine finanzielle Förderung erfahren, sondern geeignete Orte für ihre kreative Arbeit finden. Für einen begrenzten Zeitraum – in der Regel drei Monate bis zu einem Jahr –, werden Wohn- und Arbeitsräume zur Verfügung gestellt, die den jeweiligen Stipendiat*innen die Möglichkeit bieten sollen, in der jeweiligen Region an ihren künstlerischen Projekten zu arbeiten. Die verschiedenen Stipendiatenstätten unterscheiden sich stark hinsichtlich Ausstattung, Reputation, Vergabepraxen, Dauer- und Höhe der Förderung. Aus diesem Grund erscheint eine Untersuchung, die sämtliche Institutionen in den Blick nimmt, wenig aussichtsreich, da ein solches Vorgehen die einzelnen Häuser nur unzureichend fassen kann und Ungleiches zu vergleichen.

Betrachtet wird in erster Linie der Künstlerhof Schreyahn und kontrastiv dazu das Literarische Colloquium Berlin (LCB). Diese Auswahl, die weiter unten noch genauer erläutert wird, ergibt sich aus konzeptuellen Überlegungen. So besteht das Hauptinteresse der Arbeit in der Frage, wie sich die jeweiligen Orte in die Texte der Stipendiat*innen einschreiben und wie sich so eine Literaturgeschichte eines bestimmten Raumes entlang von Texten der neueren und neuesten Gegenwartsliteratur erzählen lässt. Mit der Opposition Stadt – Land bzw. Zentrum – Peripherie konnte hier ein Ansatz gefunden werden, das Thema bei der großen Menge an sehr disparaten Aufenthaltsstipendien handhabbar zu machen.

Das Projekt verfolgt einen theoretischen wie methodischen Pluralismus, indem sowohl literatursoziologisch, hermeneutisch als auch kulturtheoretisch gearbeitet wird, um den Gegenstand adäquat zu beschreiben und zu erfassen.

Hauptinteresse der Arbeit ist es die vor Ort entstehende Literatur in den Blick zu nehmen. Im Künstlerhof Schreyahn archivierten Texte haben einen Bezug zur Stipendiatenstätte, dem Dorf oder dem Wendland allgemein. Die Art wie auf den Entstehungsort Bezug genommen wird, lässt sich über die Begriffe Land und Dorf systematisieren. Das Literarische Colloquium Berlin gibt neben der Zeitschrift Sprache im technischen Zeitalter verschiedene Anthologien und Sammelbände heraus, dort erschienen Texte werden auf ihren Bezug zu Berlin hin betrachtet und die Ergebnisse der Analyse unter dem Begriff Stadt zusammengetragen.

Jana Christina Knigge, M.A.: Max Frischs Selbstentwürfe: Eine Analyse seiner journalistischen Arbeiten der 1930er Jahre

(Erstbegutachtung, gemeinsam mit Prof. Dr. em. Gunter E. Grimm, Neuere deutsche Literaturwissenschaft Universität Duisburg-Essen)

Als charakteristisch für das literarische Werk des Schweizer Schriftstellers Max Frisch gilt die verworrene Kombination autobiografischer und fiktionaler Beschreibungen. Diese zur Erzähltechnik ausgebaute Werkpolitik prägte bereits seine frühen journalistischen Arbeiten, in und gleichsam mit denen Frisch öffentlich an seiner Selbstinszenierung als Schriftsteller feilte.

Der Fokus des Promotionsprojekts richtet sich auf Zeitungstexte der 1930er Jahre, die in der Forschung bisher wenig Beachtung fanden. Diese Materialgrundlage soll auf Motive der Eigendarstellung wie beispielsweise Identitätsproblematik oder Einsamkeit untersucht werden. Vermeintliche Gattungsgrenzen überschreitend, wird es nicht zuletzt darum gehen, durch Bezüge auf Frischs Romane eine Entwicklung dieser für Frisch zentralen Themen und somit seiner Selbstentwürfe quer durch sein Œuvre aufzuzeigen. Frischs durchaus programmatisch zu verstehender Artikel aus dem Jahr 1932 trug den Titel: „Was bin ich?“ und stellte damit eine Frage, deren Beantwortung sich Frisch als Erforscher des modernen Selbst bis zu seinem Lebensende ganz wörtlich durch alle literarischen Gattungen verschrieb. Schon in der frühen journalistischen Versuchsanordnung aus Rezensionen, Kommentaren, Reiseberichten und Glossen stilisierte sich Frisch zum Subjekt und Objekt der (auto-)biographischen Experimente. Die in der journalistischen Praxis eingeübten kleinen Formen als Schlüsseltexte zum Gesamtwerk zu verstehen, verweist auf die erstaunliche Kontinuität eines schreibend verbrachten Lebens, denn Frischs Journalismus zeichnet sich paradoxerweise nicht allein durch professionelle, tagesaktuelle Fremdbeobachtung, sondern vor allem durch literarische Selbstbeobachtung aus. So suggerieren die Zeitungstexte selbst, die von Frisch gestellte Frage „Wer ist Max Frisch?“ mit einem in ihnen allererst ästhetisch hervorgebrachten Identifikationsangebot an Leser und Autor schnell beantworten zu können: Max Frisch ist ein Schriftsteller.

Maximilian Lippert

[Weitere Informationen folgen.]

Evelin Ruhnow: Spielarten des Religiösen im deutschen Märchen um 1800.

Religion und Märchen – zwei so unterschiedliche Themen scheinen auf den ersten Blick nicht viel miteinander gemein zu haben. Bei genauerer Betrachtung jedoch werden die religiösen Spuren sichtbar, die sich über die Jahrhunderte im Märchen festgesetzt haben. Wie eng die Verwandtschaft ist, darüber herrscht sowohl in Religions- als auch in Literaturwissenschaft große Uneinigkeit. Die Standpunkte reichen von der Ansicht, alle Märchen sprächen von Gott, bis hin zu der Überzeugung, die Geschichten kämen gänzlich ohne göttliche Instanz aus. Welche religiösen Motive sind es also, die sich im Märchen wiederfinden? Und welche Konfessionen lassen sich darin ausmachen? Diesen Fragen auf den Grund zu gehen, ist das Ziel des Dissertationsvorhabens.

Wie der Titel besagt, konzentriert sich die Analyse auf das 18. und 19. Jahrhundert – eine Zeit voller politischer, gesellschaftlicher und – nicht zuletzt – religiöser Umbrüche, welche sich auch in der Literatur widerspiegeln. Sechs deutsche Märchensammlungen aus den Epochen der Aufklärung und Romantik bilden den Kern der Untersuchung: Wielands Dischinnistan, Musäus’ Volksmärchen der Deutschen, die Neuen Volksmärchen der Deutschen von Benedikte Naubert, die Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm, Hauffs Märchen sowie Bechsteins Deutsches Märchenbuch. Mit Ausnahme der Grimmschen KHM sind die ausgewählten Märchensammlungen, besonders im Hinblick auf ihren religiösen Gehalt, weitestgehend unerforscht. Doch auch für die Kinder- und Hausmärchen steht eine umfassende Forschung, die auch das religiöse Referenzsystem berücksichtig, noch aus. Die Untersuchung der sechs deutschen Märchensammlungen verspricht somit wichtige Erkenntnisse in Bezug auf das Verhältnis von Religion und Märchen.

Ben Nicolas Ullrich, M.A.: Ästhetik des Hungerns. Literarische und kulturelle Konstruktionen vom 19. Jh. bis zur Gegenwart.

(Erstbegutachtung)

Für Jean-Paul Sartre wohnt jeder Nahrung auch ein symbolhafter Charakter inne. Jener Gedanke spiegelt sich auch in der Phrase „Du bist, was Du isst“ wider, welche sich im allgemeinen Sprachgebrauch verfestigt hat. Unzweifelhaft ist das Essen mehr als die bloße Befriedigung eines lebensnotwendigen Grundbedürfnisses; sei es ein archaischer Ritus des Einverleibens von Macht und Stärke, sei es die Pflege des Körperkultes oder ein zeitgemäßes Lifestyle-Statement. – Das Essen ist als Kulturthema etabliert und wird im Hinblick auf ästhetische und kulturwissenschaftliche Aspekte vielfach erforscht.

Die Frage, wie es sich indessen mit dem Pendant zur Nahrungsaufnahme, namentlich dem Hungern, verhält, stand bisher weniger im Fokus der Forschung. Das Dissertationsvorhaben nimmt sie erstmals systematisch und disziplinübergreifend in den Blick. Selbstverständlich liegt das Hauptaugenmerk hierbei auf dem freiwilligen oder absichtsvollen Hungern, dessen symbolträchtiges Potenzial auf Basis von literarischen und kulturellen Diskursen seit dem neunzehnten Jahrhundert aus einer germanistisch-anglistisch vergleichenden Perspektive rekonstruiert wird. Ob man z.B. Kafkas Hungerkünstler betrachtet, der das Hungern als einzigen Sinn im Leben und Grund seiner Existenz auserkoren hat, oder Carrolls Alice im Wunderland, welche Nahrung grundsätzlich nur zu sich nimmt, um Ihre Körpergröße auf magische Weise zu verändern –  beide lassen zu, die bekannte Phrase in eine Frage umzuwandeln: „Was bist Du, wenn Du nicht isst?“ .

Oleg Shukow: Terminologien der Redekunst. Kontrastive Studien zur russischen, deutschen und englischen Rhetorik in Geschichte und Gegenwart

(Erstbegutachtung)

Julius Thelen: Literatur und Konfession. Studien zu Poetik und Dichtung in Nürnberg (Harsdörffer, Klaj, Birken)

Das Dissertationsprojekt verfolgt das Ziel, das Verhältnis der deutschen Barockliteratur zu den konfessionellen Debatten der Frühen Neuzeit exemplarisch auszuleuchten. Rezentere Diskussionen aus der Kirchengeschichte um Inter- und Transkonfessionalität, binnenkulturelle Pluralität sowie konfessionelle Ambiguität sollen hierbei für die literaturwissenschaftliche Frühneuzeitforschung fruchtbar gemacht werden.

Das Projekt eignet sich die mikrohistorische Perspektive aus der Nachbardisziplin an, indem es eine Gruppe von Schriftstellern anvisiert, die in Nürnberg zur zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wirkt. Der Blick auf diese raumzeitlich fixierte Konstellation erlaubt es, die Interdependenz konfessioneller und literarischer Bezugssysteme präzise zu bestimmen.

Harsdörffer, Klaj und Birken schließen sich im Pegnesischen Blumenorden zusammen und arbeiten kollektiv an einem Projekt geistlicher Dichtung, das in seinen Zielen mit der Erbauungsliteratur der lutherischen Reformorthodoxie vor Ort konvergiert. Saubert und Dilherr als Vertreter dieser von Johann Arndt geprägten Strömung stehen indes in spannungsreichen Beziehungen zum philippisch (kryptocalvinistisch) gesinnten Stadtrat sowie zur rationalistischen Theologie der Universität Altdorf. Wie die Nürnberger Dichter auf diese Konflikte reagieren, in welchem Maße sie an ihnen partizipieren, gilt es noch näher zu erkunden.

Das Promotionsvorhaben möchte diese konfessionellen Dynamiken hinsichtlich der literarischen Produktion von Harsdörffer, Klaj und Birken auswerten. Ein besonderes Interesse gilt den Poetiken sowie poetologischen Schriften, deren konfessioneller Gehalt weitgehend unerforscht ist. Komplementär sollen geistliche Dichtungen einbezogen werden, die wie im Falle von Harsdörffers Nathan und Jotham wiederum Gegenstand konfessioneller Kontroversen werden konnten.

Abgeschlossene Projekte

Andreas Homann: "Eis" – Kollektivsymbol und Faszinationskomplex

(eingereicht, Zweitbegutachtung)

Dr. Fabian Wolbring: Die Poetik des deutschsprachigen Rap

(abgeschlossen im WiSe 2014/15; Zweitbegutachtung, gemeinsam mit Prof. Dr. Ursula Renner-Henke, Neuere deutsche Literaturwissenschaft Universität Duisburg-Essen)

Dr. Thomas Höffgen: Heidentum, Teufeltum, Dichtertum. Goethes Walpurgisnacht-Trilogie

(abgeschlossen im WiSe 2014/15 an der Ruhr-Universität Bochum; Zweitbegutachtung, gemeinsam Prof. Dr. Carsten Zelle, Neuere deutsche Literaturwissenschaft Ruhr-Universität Bochum)

Dr. Polina Serkova: Spielräume der Subjektivität. Studien zur Erbauungsliteratur von Heinrich Müller und Christian Scriver

(abgeschlossen, Zweitbegutachtung, gemeinsam mit Prof. Dr. Werner Jung, Neuere deutsche Literaturwissenschaft Universität Duisburg-Essen)