Forschungsprojekt

Abituraufgaben im Fach Biologie

2010 - 2013

gefördert durch das Ministerium für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen (MSW-NRW)

verantwortlich: C. FlorianP. Schmiemann, A. Sandmann

Die Abiturprüfung hat einen zentralen Stellenwert für die Qualitätsentwicklung im deutschen Bildungssystem. Die in den Abituraufgaben im Fach Biologie gestellten Anforderungen sollen die biologiespezifischen Ziele am Ende des allgemeinbildenden Schulwesens abbilden. Doch welche Anforderungen sind das konkret? Inwieweit genügen die Anforderungen in der Biologie administrativen und fachdidaktischen Qualitätsansprüchen und wie erfolgreich werden sie von unseren Abiturienten gemeistert? Lässt sich die Qualität und Schwierigkeit von Abituraufgaben bereits bei der Aufgabenentwicklung vorhersagen? Evidenzbasierte Informationen hierüber leisten einen wichtigen Beitrag zur Qualitätsentwicklung der Abiturprüfung, aber auch zur Qualitätsentwicklung der Aufgabenkultur in der Sekundarstufe II und standen zu Projektbeginn noch weitgehend aus.

Vor diesem Hintergrund wird eine Analyse schwierigkeitsbestimmender Aufgabenmerkmale von schriftlichen Abituraufgaben im Fach Biologie durchgeführt. Dazu wurden Leistungen von insgesamt 2385 Abiturprüflingen aus Gymnasien und Gesamtschulen des Landes Nordrhein-Westfalen mit Merkmalen der in den Abiturjahren 2008 und 2009 bearbeiteten Abituraufgaben in Beziehung gesetzt. Es wurden Aufgabenmerkmale zu den Kategorien Aufgabenstruktur, Material, Themenbereiche, Anforderungsbereiche und fachspezifische kognitive Anforderungen mit Bezug zu den bundesweit obligatorischen Vorgaben der EPABIO und zum Theoriewissen über schwierigkeitsbestimmende Merkmale von Testaufgaben abgeleitet und untersucht.

Es zeigte sich, dass Aufgabenstrukturmerkmale, wie die Anzahl an Bewertungseinheiten pro Operator, einen störenden Einfluss auf die Testgüte haben können. Die Kontrolle entsprechender Merkmale bei der Aufgabenkonstruktion könnte somit die Qualität der Abituraufgaben steigern. Insgesamt konnten keine Hinweise für eine Überforderung der Prüflinge durch die dargebotene Materialmenge und die Repräsentationsvielfalt abgeleitet werden. Im Zuge der Aufgaben- bzw. Themenwahl in NRW entschieden sich in beiden Abiturjahren jeweils mehr als 80 % der untersuchten Abiturprüflinge für die Ökologieaufgabe, wobei das Wahlverhalten der Schüler nicht grundsätzlich mit der Schwierigkeit der Aufgaben zusammenhing. Die Abituraufgaben im Fach Biologie erfüllen in Bezug auf das zentrale Kriterium kognitive Anforderungen sehr gut die Vorgaben der EPA. Die bei der Aufgabenentwicklung den Anforderungen zugeordneten Anforderungsbereiche (AFB) ergaben nach der Beurteilung der Ergebnisse der Prüflinge drei Schwierigkeitsstufen. Anforderungen zu AFB I wurden erfolgreicher bearbeitet als Anforderungen zum AFB II und diese werden wiederum häufiger gelöst als die Anforderungen zur Kategorie AFB III. Allerdings lagen keine Informationen über die Kriterien vor, die bei der Konstruktion der Aufgaben und der AFB-Zuweisung seitens der Aufgabenentwickler herangezogen worden sind.
In Anlehnung an die fachspezifischen Beschreibungen der AFB in den EPABIO und an kognitionspsychologische Erkenntnisse wurde anschließend ein Kategoriensystem entwickelt, auf dessen Grundlage fachspezifische kognitive Anforderungen von Abituraufgaben reliabel eingeschätzt werden können. Es zeigte sich, dass kognitive Anforderungen in Bezug auf die Informationsverarbeitung, die Fachwissensanwendung und die Lösungswege zusammen sehr zufriedenstellende Anteile der Schwierigkeit der Abituraufgaben erklärten und in dieser Hinsicht empirische Äquivalente der Anforderungsbereiche darstellten.

The final examination at the end of secondary school in Germany is of special significance as examinees acquire access to high level education and employment opportunities. In order to guarantee the quality of the tasks, nationwide standardized and subject-specific guidelines called Einheitliche Prüfungsanforderungen in der Abiturprüfung (EPA) (= standardized examination requirements) were defined to determine the framework-conditions, cognitive requirements and task characteristics for the German final examinations. But to what extent do the final examination tasks in biology satisfy these administrative and didactic quality standards? Knowledge about the structure and function of task characteristics of the final examinations can be empirically derived from post hoc analyses and serves as a precise feedback tool for cognitive requirements, task quality or deficiencies. However, such empirical findings regarding the characteristics of final examination tasks in biology barely existed at the beginning of the project in 2010.
Against this background, the performance of a total of 2385 German examinees of North Rhine-Westphalia (NRW) was related to the characteristics of the final examination tasks applied in 2008 and in 2009. The task characteristics of interest to this study belonged to the categories task structure, task materials, task content, general cognitive processes and subject-specific cognitive requirements. The categories were deduced and evaluated taking into account the compulsory guidelines of the EPA as well as evidence based on knowledge about task characteristics that were known to induce difficulty.
Relating to the task material, there was no evidence that German examinees would be unable to cope with the amount and quality of presented information in the final examinations. In 2008 and 2009, more than 80% of the pupils picked the task on the topic of ecology. Differences in task difficulty were not always reflected in the voting patterns of the examinees.
Consequently, the final examination tasks comply to a high degree with the requirements of the EPA concerning the main criterion "cognitive objectives”. Remembering or recalling was less difficult than elaboration and elaboration was less difficult than problem solving.
All in all empirical evidence suggests that the cognitive level of final examination tasks could be successfully predicted.
 

Projektbezogene Publikationen

Florian, C., Schmiemann, P. & Sandmann, A. (im Druck). Hat die Materialmenge oder die Themenwahl einen Einfluss auf die Schwierigkeit von zentral gestellten Abituraufgaben in Biologie? Der mathematisch naturwissenschaftliche Unterricht.

Florian, C., Sundermann, L., & Sandmann, A. (2015). Kognitive Anforderungsprofile schriftlicher Abituraufgaben verschiedener Themenbereiche aus elf Bundesländern. In M. Hammann, N. Wellnitz, & J. Mayer (Hrsg.), Lehr- und Lernforschung in der Biologiedidaktik 6. Theorie - Empirie - Praxis (S. 105–120). Innsbruck: Studien Verlag.

Florian, C., Schmiemann, P. & Sandmann, A. (2015). Aufgaben im Zentralabitur Biologie – eine kategoriengestützte Analyse charakteristischer Aufgabenmerkmale schriftlicher Abituraufgaben. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 21(1), 69–86. Verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/s40573-015-0026-8

Florian, C., Sandmann, A., & Schmiemann, P. (2014). Modellierung kognitiver Anforderungen schriftlicher Abituraufgaben im Fach Biologie. Zeitschrift für Didaktik der Naturwissenschaften, 20(1), 175–189. Verfügbar unter http://dx.doi.org/10.1007/s40573-014-0018-0

Florian, C. (2013). Abituraufgaben im Fach Biologie. Schwierigkeitsbestimmende Merkmale schriftlicher Prüfungsaufgaben (Biologie lernen und lehren, Bd. 4). Berlin: Logos.

Florian, C., Schmiemann, P. & Sandmann, A. (2011). Schriftliche Prüfungsaufgaben im Zentralabitur Biologie. Projektskizze. In D. Krüger, A. Upmeier zu Belzen, P. Schmiemann & A. Sandmann (Hrsg.), Erkenntnisweg Biologiedidaktik 10 (S. 69–86). Kassel: Universitätsdruckerei Kassel

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