Inklusion in der Kindertagesbetreuung

Inklusion in der Kindertagesbetreuung – zur Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Kindertageseinrichtungen

 

Projektlaufzeit: 12/2021 bis 09/2025

Projektleitung: Prof. Dr. Anja Tervooren

Projektmitarbeitende: Dr. Catalina Hamacher, Dr. Isabell Krähnert (assoziiert)

Wissenschaftliche Hilfskraft: Pia Lanfermann

Nach der Verabschiedung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) im Jahr 2016 wird auf Ebene der Landesgesetze das Ziel verfolgt, heilpädagogische Kindertagesstätten ab- und Kindertagesstätten insgesamt umzubauen sowie Leistungen der Eingliederungshilfe in Kindertagesstätten hinein zu verlagern. Neben einer massiven Institutionalisierung früher Bildung seit 2000 zeigt sich damit seit den 2010er Jahren ein Abbau sonderpädagogischer Einrichtungen für jene Kinder, die bereits in ihren ersten Lebensjahren laut SGB IX als „behindert“ oder „von Behinderung bedroht“ gelten. Für die Kindertagesbetreuung bedeutet dies eine Flexibilisierung der Angebotsstrukturen, eine Veränderung der Inhalte, neue Aufgaben und eine verstärkte multiprofessionelle Kooperation.

Um den institutionellen Wandel im Zuge der Umsetzung des BTHG für die frühe Kindheit zu untersuchen, werden zwei Vorstudien durchgeführt. In der ersten Vorstudie werden fachpolitische Dokumente im Bereich der Kindertagesbetreuung, in denen die Umsetzung von Inklusion bearbeitet wird, untersucht. Es wird danach gefragt, wie sowohl Teilhabe als auch die soziale Kategorie Behinderung konturiert werden und wie sich diese Konturen wandeln. Erste Ergebnisse zeigen, dass entgegen der programmatischen Logik von Inklusion Behinderung stärker individualisiert und defizitär gerahmt wird, als vor dem Zeitpunkt ihrer Verrechtlichung auf der Ebene der Landesgesetze in der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Eingliederungshilfe. In der zweiten Vorstudie werden Expert:inneninterviews mit Leitungskräften und pädagogischen Fachkräften in Kindertageseinrichtungen nach der Novelle des KiBiz (Kinderbildungsgesetz) in Nordrhein-Westfalen ausgewertet. Erste Auswertungen der sieben Expter:inneninterviews begründen die Annahme, dass die Kategorie Behinderung in der Kindertageseinrichtung aus Sicht der professionellen Akteure an Relevanz gewinnt und die Veränderungen, die sich über das BTHG anbahnen, Veränderungen der Sorgepraktiken im Feld mit sich bringen könnten.

Publikationen:

Hamacher, Catalina & Krähnert, Isabell & Tervooren, Anja (i.V.): Kita unter Reorganisationsdruck? Verrechtlichung von Inklusion aus subjektivierungsanalytischer Perspektive.

Hamacher, Catalina (2025) (i.V.): Inklusion und Teilhabe in der Kindertagesbetreuung - Das Bundesteilhabegesetzes und seine Fallstricke für eine inklusive Kindheit. In: A. Kaddour-Dugonijc, A. Klein, S. Langer, B. Ritter, K. Schulze (Hrsg.), Inklusive Kinder- und Jugendhilfe. Herausforderungen sozial- und sonderpädagogischer Professionalität. Stuttgart: Kohlhammer Verlag.

Hamacher, Catalina & Tervooren, Anja (2025): Inklusion empfehlen? Zum Wandel der Kindertagesbetreuung unter dem Vorzeichen einer diversifizierten Eingliederungshilfe. In: J. Kaiser-Kratzmann et al. (Hrsg.), Aufwachsen von Kindern gestalten. Weinheim Basel: Beltz Juventa.

Hamacher, Catalina (2025): Die Kategorie Behinderung in der Kindertagesbetreuung. Interdependenzen und Dichotomien. In: A. Hackbarth, A. V. Häseker, S. Bender, M.-A. Boger, K. Bräu, J. A. Panagiotopoulou (Hrsg.), Erfahrungen in der Eklusion. Differenzsensible und diskriminierungskritische Perspektiven auf pädagogische Handlungsfelder. Schriftenreihe der AG Inklusionsforschung der Deutschen Gesellschaft für Erziehungswissenschaften (DGfE). Opladen & Farmington Hills: Barbara Budrich, S. 57-70.

Tervooren, Anja (2024): Diagnostik. In: M. Dederich, J. Zirfas (Hrsg.), Optimierung. Ein interdisziplinäres Handbuch. Berlin: Metzler, S. 191-197. https://doi.org/10.1007/978-3-662-67307-2_28