Am 24. September 2010 veranstaltete das Essener Kolleg für Geschlechterforschung im Rahmen der Nacht der Wissenschaftskultur einen Vortragsabend zum Thema Medizin und Geschlecht. Zahlreiche interessierte BesucherInnen kamen dazu ins Kleine Hörsaalzentrum auf dem Campus Essen. Im Anschluss an jeden Vortrag hatte das Publikum die Gelegenheit, den Referentinnen Fragen zu stellen und mit Ihnen zu diskutieren. Großer Beliebtheit erfreute sich auch der humoristische Ausklang des Abends: Die studentische Theatergruppe Des Pudels Kern spielte Szenen von Loriot mit Genderbezügen unter der Regie von Christian Scholze.

Moderiert wurde der Abend von Dr. Maren Jochimsen, der neuen Geschäftsführerin des EKfG, und von Linda Wotzlaw, M.A. (Assistenz der Geschäftsführung, Öffentlichkeitsarbeit).

18 Uhr: Wenn Pilates auf Bundesliga trifft. Gender-Rätsel in der Gesundheitsbildung
Dr. Michaela Harmeier, Institut für Berufs- und Weiterbildung, UDE

19 Uhr: Von Ratten und Menschen. Das Krebsrisiko bei Männer und Frauen
PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn, Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Essen

20 Uhr: Nierentransplantation mit 30 – und jetzt?!
Dipl. Soz.-Wiss. Helen Krieter, Essener Kolleg für Geschlechterforschung, UDE

21 Uhr: „Zu viele Eier sind gar nicht gesund!“ – Das Frühstücksei und andere Szenen einer Ehe von Loriot Gespielt von der Gruppe Des Pudels Kern (UDE)

Nähere Informationen zu den Vorträgen:

Wenn Pilates auf Bundesliga trifft. Gender-Rätsel in der Gesundheitsbildung
Dr. Michaela Harmeier, Institut für Berufs- und Weiterbildung, UDE

Die Gesundheitsbildung verfolgt das Ziel, Menschen dazu zu befähigen, die Kontrolle über die Einflussfaktoren von Gesundheit zu erhöhen und so die eigene Gesundheit zu verbessern. Verschiedenste Einrichtungen bieten Gesundheitsbildung an. Die wohl größte und bekannteste Einrichtung ist die Volkshochschule. Die Gesundheitsbildung an der VHS verzeichnet über die Jahre hinweg eine stark expandierende Zuwachsrate, die auf ein wachsendes Interesse an Gesundheitsfragen zurückzuführen ist. Im Programmbereich „Gesundheit“ finden sich beispielsweise Angebote im Bereich Gymnastik, Bewegung, Körpererfahrung, Autogenes Training, Yoga und Entspannung. An diesen Angeboten partizipieren Männer und Frauen in unterschiedlichem Umfang. Der Vortrag geht der Frage nach, auf welchen Ebenen die unterschiedliche Partizipation von Frauen und Männern an Themen der Gesundheitsbildung auffällt und welche Gründe für ein geschlechtsspezifisches Teilnahmeverhalten angeführt werden.  >> Präsentation zum Download

Von Ratten und Menschen. Das Krebsrisiko bei Männer und Frauen
PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn, Institut für Pathologie, Universitätsklinikum Essen

 Krebs ist eine der führenden Todesursachen weltweit. Bösartige Tumoren gehören zu den „komplexen Erkrankungen“, Krankheiten bei deren Entstehung sowohl die genetische Veranlagung als auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Interessanterweise entstehen viele Tumorerkrankungen, die nicht die Geschlechtsorgane betreffen, überwiegend bei einem Geschlecht. So kommen Schilddrüsenkarzinome etwa sechsmal häufiger bei Frauen als bei Männern vor. Andersherum entstehen Bronchialkarzinome fast dreimal öfter bei Männern. Es ist bis heute nicht klar, welche Einflussgrößen die Geschlechtspräferenz der Tumorentstehung bedingen. Einerseits ist vorstellbar, dass geschlechtsspezifische Umweltfaktoren wie z.B. durch Beruf, Freizeitverhalten, Ernährung, Umgang mit Genussmitteln, Präventionsverhalten gegenüber Krankheiten wichtige Determinanten sind. Man weiß aber auch, dass bei Männern und Frauen der Hormonhaushalt sehr verschieden ist, und dass - zum Teil infolgedessen - in ihren Organen viele Gene unterschiedlich aktiv sind.
Untersuchungen an Tieren, die unter kontrollierten Bedingungen gehalten werden, zeigen, dass auch hier ein geschlechtsspezifisches Risiko für verschiedene Tumorerkrankungen besteht. Diese Modellorganismen ermöglichen eine Gewichtung von Umwelt- und genetischen Faktoren im Hinblick auf das geschlechtsspezifische Krebsrisiko vorzunehmen und die determinierenden Gene zu identifizieren, um damit Ansatzpunkte für  unterschiedliche Präventionsmaßnahmen bei Frauen und Männern zu finden.  >> Präsentation zum Download

Nierentransplantation mit 30 – und jetzt?!
Dipl. Soz.-Wiss. Helen Krieter, Essener Kolleg für Geschlechterforschung, UDE

Die Nierentransplantation ist die häufigste Art der Organtransplantation und ist in medizinischen Publikationen für Patientinnen und Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz die vielversprechendste Therapieform zur Steigerung der Überlebensrate und Lebensqualität der Betroffenen. Da hauptsächlich Angehörige der Generation 50+ betroffen sind, wurde den Jüngeren wissenschaftlich bisher kaum Beachtung geschenkt. Dabei sind gerade für Menschen im Alter bis zu 45 Jahre Aspekte wie Lebensqualität von großer Bedeutung. Dementsprechend hoch sind somit auch die Erwartungen dieser Altersgruppe an das Leben nach der Nierentransplantation. Medizinisch betrachtet, gelten sie als „wiederhergestellt“. Doch wie steht es mit der psycho-sozialen Wiederherstellung? Besonders die Aspekte Berufstätigkeit und Familie sind hier von wissenschaftlichem Interesse, da sie vor allem für diese Generation als relevante Kriterien der Lebensgestaltung und -planung und nicht zuletzt der Lebensqualität selbst zu sehen sind.
Die Sozialwissenschaftlerin Helen Krieter stellt in diesem Vortrag Ergebnisse einer Befragung nierentransplantierter Frauen und Männer im Alter von 30-45 Jahren vor und beleuchtet den Zusammenhang von Geschlecht, körperlicher Funktionsfähigkeit, Bildung und Berufstätigkeit.  >> Präsentation zum Download