Maria Sibylla Merian

Pionierin der Neuzeit

Gelehrte schätzten bis ins 19. Jahrhundert Maria Sibylla Merians wissenschaftliche Leistung als Insektenkundlerin und ihre geniale Begabung als Zeichnerin und Kupferstecherin, bevor sie lange Zeit in Vergessenheit geriet. Erst 1997, im Jahre ihres 350. Geburtstages, werden ihre einmaligen Verdienste als Wissenschaftlerin und Künstlerin angemessen gewürdigt und einer großen Öffentlichkeit in Publikationen sowie Ausstellungen zugänglich gemacht.

Künstlerin, Naturforscherin, Unternehmerin, Lehrerin, Hausfrau und Mutter - Maria Sibylla Merian war alles zugleich. Eine ungewöhnliche Frau, die den Rahmen nicht nur damaliger weiblicher Lebensentwürfe sprengt. Der alte 500-DM-Schein und die alte 40-Pfennig-Briefmarke waren mit ihrem Konterfei bedruckt. Der schwedische Naturforscher Karl von Linné, der die moderne Systematik der Biologie begründete, wies ihr einen Platz in der Riege der "Unsterblichen" an und benannte eine Motte ("Tinea Merianella") nach ihr. International bekannt wurde sie nach einer Forschungsexpedition, die sie anno 1699 im Alter von 52 Jahren gen Südamerika startete. Ihr Vater, der weitgereiste Kupferstecher, Verleger, Illustrator und Kartograph Matthäus Merian war durch sein Hauptwerk, den "Topographia Germaniae", ein weltberühmter Mann. Durch Heirat hatte der Schweizer das Frankfurter Bürgerrecht erworben. Maria Sibylla wurde am 2.04.1647 geboren. Sie war Merians Tochter aus zweiter Ehe. Das Mädchen zählte gerade drei Jahre als der prominente Vater starb.

Merians Witwe heiratete kurz darauf wieder, und vom Stiefvater Jacob Morrel erlernte Maria Sibylla die Künste des Zeichnens und Kupferstechens, die sie zur Perfektion entwickelte. Mit 18 Jahren heiratete sie den Nürnberger Maler Andreas Graff.
Von Jugend an war es Maria Sibyllas Passion, Raupen, Würmer, Engerlinge, Motten und Schmetterlinge zu sammeln, sie in Kisten und Kasten zu halten und Insekten zu züchten. Sie beobachtete die Wandlungen, Verpuppungen und Metamorphosen dieser Tiere und fertigte aus jedem Stadium detaillierte Zeichnungen "bis zum letzten Raupenhärchen" an.
Nach der Trennung von ihrem Ehemann zog Maria Sibylla mit ihren beiden Töchtern zu ihrem Halbbruder nach Holland. In Amsterdam lernte sie die Präparate der farbenprächtigen exotischen Schmetterlinge aus der niederländischen Kolonie Surinam kennen und bestaunen - doch etwas Wichtiges fehlte ihr in all diesen Kollektionen: Ursprung, Fortpflanzung und Metamorphosen der "Sommervögel" (so nannte Merian die Schmetterlinge). 1699 brach Maria Sibylla mit ihrer Tochter Dorothea Maria zu einer spektakulären Forschungsreise ins südamerikanische Surinam auf. Dort blieb sie zwei Jahre, lebte in einem kleinen Holzhaus nahe des Regenwaldes, botanisierte, skizzierte und beobachtete. Nach ihrer Rückkehr veröffentlichte Maria Sibylla in Amsterdam ihre Eindrücke in dem Standardwerk "Metamorphosis Insectorum Surinamensium". Bereits vor ihrer Surinam-Reise publizierte sie das Werk "Der Raupen wunderbare Verwandlung und sonderbare Blumennahrung" in zwei Bänden. Sie gilt als die Begründerin der deutschen Insektenkunde.
Sie starb am 13. Januar 1717 im Alter von 69 Jahren. und wurde in Amsterdam in einem Armengrab beigesetzt.

über Maria Sibylla Merian (1647 – 1717) Ausgewählte Literatur

  • Utta Keppler: Die Falterfrau. Maria Sibylla Merian. Biographsicher Roman. dtv, Frankfurt am Main 1999.
  • Dieter Kühn: Frau Merian. Eine Lebensgeschichte. S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2002, 650 Seiten mit Abbildungen.
  • Marianne Pfister-Burkhalter: Maria Sibylla Merian.  Und Werk 1647-1717. GS-Verlag, Basel 1998. 2. Auflage, 92 Seiten
  • Kurt Wettengl (Hg.): Maria Sibylla Merian. Künstlerin und Naturforscherin. Verlag Gerd Hatje. Ostfildern 1997, 275 S. mit Abbildungen
  • Elisabeth Rücker: Maria Sibylla Merian: 1647-1717. Ihr Wirken in Deutschland und Holland. Königlich Niederländische Botschaft, Bonn 1980, 35 Seiten