Prof. Dr. Amalie Fößel, Prof. Dr. Anne Schlüter - Abstract zum Vortrag am 8. November 2012, 16.00-18.00 Uhr – Raum V13 S00 D50 Geschlecht, Rang, Amt, Karriere und sozialer Wandel

Karrieren sind Wege im Leben, die in Abhängigkeit von der jeweiligen Lebenswelt möglich sind oder unmöglich erscheinen.

Der Begriff "Karriere" ist ein junger Begriff, der sich erst in der Moderne zunehmend durchsetzte und heute aus dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht mehr wegzudenken ist. Im Mittelalter und in der Frühen Neuzeit war der Begriff nicht gebräuchlich. Das mit der Formel „Karriere machen“ einhergehende Phänomen kannte man hingegen sehr wohl. Es meint zunächst ganz allgemein das „Fortschreiten einer Person durch das Leben, insbesondere wenn dieses „öffentlich“ wahrgenommen wird oder von bemerkenswerten Vorfällen geprägt ist“. Der strukturierten Abfolge beruflicher Rollen werden dabei wachsendes Prestige und Belohnungen zugeordnet, wobei Abstieg oder Absturz nicht ausgeschlossen sind. Das Konzept Karriere lässt sich für die vormodernen Epochen fruchtbar machen, erfordert jedoch eine kritische Auseinandersetzung mit den Begriffen. Geschlecht, Rang und Macht spielen dabei eine zentrale Rolle sowie auch die Begriffe des Amtes und der Funktion.

Auch gegenwärtig ist der Begriff "Karriere" vieldeutig. Er hat eine Wandlung erfahren und natürlich ist die damit verbundene Vorstellung von Beruflichkeit, Erwerb, Einkommen und Macht sowie Führung von sozialem Wandel und grundsätzlichen Veränderungen des Erwerbs-Arbeitsmarktes darin gespiegelt.

Je nach Forschungsansatz sind Karrieren verbunden mit Vorstellungen von sozialer Herkunft und sozialen Laufbahnen, mit Bildung und Bildungsaufstiegen, mit dem Erwerb von übergreifenden Kompetenzen und mit Fähigkeitszuschreibungen an Frauen und Männer. In der Karriereforschung werden aber auch Arbeitsmarktbedingungen und gesellschaftliche Strukturen sowie Faktoren sozialer Ungleichheit untersucht, die Karrieren beeinflussen bzw. scheitern lassen. D.h. auch: Karrieren haftet ein Risiko an. Mögliche einzunehmende Positionen werden in Abhängigkeit von ökonomischen und kulturellen Ressourcen im sozialen Raum bestimmt.

Nach gegenwärtigem Verständnis erstreckt sich der Begriff "Karriere" nicht allein auf berufliche oder politische Laufbahnen, sondern bezieht sich auch auf Aufstiege über Heirat oder generell auf Sinn- bzw. Lebensbewältigungsfragen (z.B. Drogenkarrieren; Suche nach Glück).

Die Diskussion über Karrierefrauen wird aktuell über einen Artikel von Anne-Marie Slaughter aus der Zeitschrift "the Atlantic" vom Juli 2012 neu entfacht, der titelt "Why Women Still Can`t Have It All". Die Überschrift im Titel des "Spiegels", der darüber berichtet, legt nahe, dass Karrierefrauen sich etwas vormachen und vor allem dass die Art und Weise wie über dieses Thema in der Öffentlichkeit geredet wird, nicht der Realität entspricht.

Die Debatte macht überdeutlich: Spitzen-Karrieren und Sorge für die Familie gehen nicht zusammen. Entweder das eine oder das andere? Oder trifft dies nur für wenige Frauen zu? Ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie abhängig von der Berufswahl und der damit verbundenen sozialen Welt?

Wie und wann Karrieren gelingen und was es braucht, um den Lebensweg erfolgreich und zur Zufriedenheit zu managen, ist eine Frage, die aufzuwerfen ist. Die andere Frage heißt: Was alles versteckt sich hinter dem Begriff "Karriere"? Kann er überhaupt das fassen, was sich historisch als Herausforderung an einen generellen Lebensentwurf und den damit verbundenen Chancen auf Realisierung entwickelt und gegenwärtig verändert hat?

Befunde aus historischen und soziologischen Studien zu Macht- und Karrierechancen und Geschlecht vor dem Hintergrund des Arbeits-, Berufs- und Familiensystems werden vorgestellt und diskutiert.

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