Ambiguity and Disambiguation of Belonging – The Regulation of Alienness in the Caribbean during the Revolutionary Era (1780s–1820s)

Während der großen revolutionären Umbrüche um 1800 rangen Gesellschaften und Staaten in der atlantischen Welt mit komplexen Problemen politischer Zugehörigkeit. Wenngleich die Forschung den Aufstieg moderner Staatsbürgerschaft mittlerweile als einen langwierigen Prozess ansieht, so gilt die Revolutionszeit nach wie vor als eine Zeit massiver Disambiguierung politi­scher Zugehörigkeit, als Moment, in dem Mitglieder politischer Gemeinschaften deutlich schärfer von Nicht-Zugehörigen abgesetzt wurden und vormals fließende Grenzen von Zuge­hörigkeit zwar nicht verschwanden, sich aber verhärteten. Das Teilprojekt beleuchtet verglei­chend einen Pro­zess, der bislang unzureichend mit der Frage der Neuordnung – und vermeint­lichen Dis­ambi­guierung – von Zugehörigkeit verknüpft wurde. Infolge revolutionärer Umbrüche und gewaltsamer Konflikte wurden politische Flüchtlinge während des Revolutionszeitalters zum Massen­phäno­men. In Reaktion auf diese Migrationsbewegungen schufen nationale und koloniale Regierungen, oft zum ersten Mal, gesetzliche Regelungen, die die Mobilität ausländischer Flüchtlinge kontrol­lieren und den Status von Fremden grundlegend regulieren sollten. Auf Grundlage einer systematischen Erfassung und kontextbasierten Analyse dieser Ansätze von Migrationskontrolle legt das Teilprojekt erstens den Fokus auf eine vergleichende und beziehungsgeschichtliche Rekonstruktion der Neuregulierung von Fremdheit und fragt nach deren Bedeutung in Neu­kon­zeptionen von Zugehörigkeit. Auf diese Weise untersucht es erstmals systematisch, inwieweit die Grenze von Bürgern/Untertanen und Fremden nicht bloß von innen neu gezogen wurde, sondern auch von außen – durch eine Neudefinition der Position derer, die nicht dazugehörten. Zweitens richtet das Teilprojekt den Blick auf die Karibik, eines der damals wichtigsten Laboratorien von Migrationskontrolle. Durch diesen geographischen Fokus bringt es komplexe Prozesse der Bestimmung von Zugehörigkeit auf der Grundlage von Unterscheidungen nach konfessioneller Zugehörigkeit, Race und Geschlecht – und deren Zusammenspiel – in den Blick und fragt nach deren Rückwirkungen auf die europäischen kolonialen Metropolen. Zugleich untersucht es an den Beispielen der niederländischen und britischen Karibik, inwieweit imperiale und geostrate­gische Praktiken der Ambiguitätstoleranz fortbestanden.