Teilprojekt 7

Das Meer der Neuchristen: Mobilität und Ambiguität konvertierter Juden und ihrer Nachkommen im Adriaraum des Spätmittelalters und der Frühen Neuzeit

Das Projekt untersucht die Migrationen von Neuchristen aus Apulien in die adriatischen Metropolen Venedig und Ragusa (Dubrovnik) während des 15. und 16. Jahrhunderts und stellt dabei scharf auf die Zusammenhänge zwischen der geographischen Mobilität der Neuchristen und ihrer Fremdwahrnehmung als Personen bzw. Gruppen mit einer ambigen religiösen Identität und Zugehörigkeit. Die apulischen Neuchristen waren Nachkommen von Juden, die Ende des 13. Jahrhunderts im Kontext einer Massenkonversion getauft worden waren. Seit jener Zeit tauchen sie in den Quellen als Neofiti, Christiani Novi, Cristiani Novelli und seit dem Ende des 15. Jahrhunderts auch als Marrani auf.

Ziel des Projekts ist die Erstellung einer Prosopographie der apulischen Neuchristen, die in Venedig und Ragusa dokumentiert sind, um auf diese Weise festzustellen, ob und in welchem Umfang es eine dauerhafte Anwesenheit apulischer Neuchristen während des 15. und 16. Jahrhunderts in diesen Städten gab. Die bisherige Forschung zur Migration konvertierter Juden und ihrer Nachkommen in die Adriametropolen hat sich bislang auf sephardische Juden und Conversos konzentriert, so dass die apulischen Neuchristen weitgehend unbeachtet geblieben sind.

Das Hauptanliegen des Projekts ist es jedoch festzustellen, in welchem Maße die apulischen Neuchristen an den Zielorten ihrer Migration als Personen bzw. Gruppe mit einer ambigen religiösen Identität betrachtet wurden. Aus diesem Grund verzeichnet die Prosopographie auch jene Bezeichnungen in den Quellen, die sie als religiös ambig auswiesen, und bemüht sich, die soziopolitische Position wie auch die Netzwerke der Neuchristen in Venedig und Ragusa herauszuarbeiten. Auf diese Weise legt das Projekt die Basis für die weiterführende Analyse und einen Vergleich des Diskurses zu religiöser Ambiguität und dessen Auswirkungen auf die Selbstbeobachtung innerhalb der städtischen Gesellschaften Apuliens, Venedigs und Ragusas im 15. und 16. Jahrhundert.