IAQ Pressemitteilung

Pressemitteilung vom 27.09.2021 Vorbeugende Sozialpolitik durch Familien- und Bildungsförderung

Familienzentren in Schule und Kitas

Familien- und Bildungspolitik müssen besser miteinander verzahnt werden, damit Familien gestärkt und Bildungschancen von Kindern und Jugendlichen verbessert werden. Eine solche Präventionsstrategie im Sinne vorbeugender Sozialpolitik verfolgt das Land NRW seit über 15 Jahren u.a. mit der Einrichtung von Familienzentren an Kitas und seit Kurzem auch an Grundschulen. „Leistungen vorbeugender Sozialpolitik für Kinder und ihre Familien sollten so weit wie möglich an Kitas und Schulen angedockt werden – das ist der beste Weg, um die Zielgruppen niedrigschwellig zu erreichen“, meint Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).

Im aktuellen IAQ-Standpunkt (zur Anhörung der Ausschüsse für Schule und Bildung und für Familie, Kinder und Jugend im Landtag Nordrhein-Westfalen vom 07.09.2021) verweist die Leiterin der IAQ-Forschungsabteilung Bildung, Entwicklung, Soziale Teilhabe darauf, dass es für Familiengrundschulzentren inzwischen Förderungen sowohl aus Mitteln des Familien-Ministeriums MKFFI als auch des Schulministeriums (MSB) gibt. Für die Zukunft sollten die unterschiedlichen Fördertöpfe erstens zusammengeführt und zweitens – analog zu den Kindertageseinrichtungen – von der Projektförderung auf eine dauerhafte Basis gestellt werden. „Sinnvoll wäre ein landesweit geltender Katalog von Qualitätskriterien, der dazu beiträgt, dass das Familienzentrum an Grundschulen kein Zusatz-Angebot bleibt, sondern in die Schulentwicklung integriert und mit Offenem Ganztag und Schulsozialarbeit verknüpft wird. Die strikte (auch pädagogisch problematische) Trennung zwischen „Ganztagskindern“ und „Halbtagskindern“ sollte zugunsten von offenen Angeboten aufgehoben werden. Bis 2026 bundesweit der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Kraft tritt, muss dafür gesorgt werden, dass tatsächlich alle Kinder Zugang zu diesen Plätzen haben – gerade auch sozial benachteiligte Kinder und nicht vorrangig Kinder gut verdienender Eltern, von denen Klagen befürchtet werden.

Für Kinder vor dem Schulalter ist mit der Novellierung des KiBiz vor einem Jahr die Qualitätsentwicklung weiter vorangebracht worden, u.a. mit besserer Förderung für Familienzentren, Sprachbildung und Fachberatung und der erstmals eingeführten Landesförderung für flexible und erweiterte Betreuungszeiten. Es fehlen allerdings Regelungen zur Beitragsentlastung von Eltern mit geringem Erwerbseinkommen, für die Gebühren eine Hürde für den Zugang zum Arbeitsmarkt und für die Bildungsteilhabe der Kinder darstellen. Vor allem müssen Eltern in den Kommunen sehr unterschiedlich hohe Beiträge zahlen, weil Ausgleichsregelungen zwischen den Kommunen fehlen. Außerdem kommt es immer wieder zu Engpässen bei den Ganztagsplätzen.

Weiter empfiehlt Stöbe-Blossey eine umfassende Personaloffensive – für Kindertageseinrichtungen und Schulen und für alle Berufsgruppen: Lehrkräfte, fachschulisch ausgebildete Erzieher*innen und akademisch ausgebildete Kindheitspädagog*innen, Kinderpfleger*innen, Sozialarbeiter*innen und Sozialpädagog*innen und nicht zuletzt Quereinsteiger*innen mit anderen Qualifikationen oder mit Praxiserfahrung. Begleitend ist eine Ausweitung der Ausbildungskapazitäten an den Berufskollegs (Erzieher*innen, Kinderpfleger*innen) notwendig. Auch hierfür fehlen Fachkräfte, so dass auch das Lehramt an Berufskollegs dringend stärker für Quereinsteiger*innen geöffnet werden muss.

Weitere Informationen:

Stöbe-Blossey, Sybille, 2021: Bildungspolitik und Familienförderung als komplementäre Elemente von Präventionsstrategien. Stellungnahme zur Anhörung der Ausschüsse für Schule und Bildung und für Familie, Kinder und Jugend im Landtag Nordrhein-Westfalen vom 07.09.2021. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Standpunkt 2021-01

Redaktion:

Claudia Braczko

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey