Informationen zum Forschungsprojekt

Arbeitgeberverbände - Tarifbindung, Organisationsentwicklung und tarifpolitische Strategien



Ziel und Aufgabenstellung

Vor dem Hintergrund abnehmender Tarifbindung und der in der Öffentlichkeitbreit diskutierten "Krise des Flächentarifvertrags" ging es indiesem Forschungsprojekt darum, am Beispiel ausgewählter Tarifbezirke derMetall- und Elektroindustrie die längerfristigen Strategien der Arbeitgeberverbändeangesichts zunehmender Tendenzen zur Verbandsflucht und der Gründung vonso genannten OT-Verbänden in ihren Auswirkungen auf die zukünftigeTarifpolitik zu ermitteln.

Vorgehen

In vier ausgewählten Tarifbezirken der Metall- und Elektroindustrie wurdenjeweils Experteninterviews mit Vertretern der Arbeitgeberverbände und denzuständigen Bezirksleitungen der IG Metall geführt. Ergänzendwurden Tarifpolitiker vom Vorstand der IG Metall und von Gesamtmetall zur gegenwärtigenSituation und zur Zukunft der Tarifpolitik befragt. Begleitend erfolgte dieAufbereitung von Veröffentlichungen und verfügbaren Statistiken zumThema "Tarifbindung". In diesem Rahmen wurde eine Sonderauswertungdes IAB-Betriebspanels durchgeführt.

Ergebnisse

Die strategische Reorientierung der Arbeitgeberverbände in der Metallindustrieerfolgt mit zwei Schwerpunkten. Der erste Schwerpunkt ist die Dezentralisierungkollektivvertraglicher Regulierungen durch Öffnung der Flächentarifverträge.Diese Forderung konnten die Arbeitgeberverbände in den Tarifverhandlungendes Jahres 2004 mit dem "Pforzheimer Kompromiss" recht weit umsetzen.Der zweite Schwerpunkt ist die Gründung von Arbeitgeberverbänden ohneTarifbindung (OT-Verbände). Inzwischen sind OT-Verbände von allenArbeitgeberverbänden eingerichtet worden. Sie fungieren als Organisationenfür Unternehmen, die die selektiven Dienstleistungen der Verbändenutzen wollen ohne verbindlich dem Flächentarifvertrag zu unterliegen.Beide Strategien sind als Antwort der Arbeitgeberverbände auf aktuelleProbleme der Mitgliederbindung und als Versuch der Loyalitätssicherungder Mitglieder zu werten. Im Gegenzug verlieren die Arbeitgeberverbändeals kollektiver Akteur an Einfluss auf die zentrale Koordination von Löhnenund Arbeitsbedingungen zugunsten der Unternehmen. In der Konsequenz zeichnetsich am Horizont eine neue Dualität der industriellen Beziehungen ab, diesich aus einer Aufspaltung des Tarifsystems ergibt. In dieser Dualitätbeschränkt sich das Tarifregime zentraler Flächentarifverträgemit betriebsbezogenen Öffnungen zunehmend auf Großunternehmen mitstarkem betriebspolitischen Gewicht der Gewerkschaften, während kleinereund mittlere Unternehmen ohne dieses Gewicht dem Flächentarif zunehmendden Rücken zukehren und dezentral entweder Haustarife anwenden oder nurmehrBetriebsvereinbarungen mit den Betriebsräten abschließen. Durch dieGründung von OT-Verbänden haben die Arbeitgeberverbände dieseExit-Option auf neue Weise legitimiert.

Publikationen zum Projekt

Haipeter, Thomas, 2006: Kleine Fluchten mit großer Dynamik: Ohne-Tarif-Verbände. In: Mitbestimmung 52 (1+2), S. 54-57

Haipeter, Thomas / Schilling, Gabi, 2006: Arbeitgeberverbände in der Metall- und Elektroindustrie: Tarifbindung, Organisationsentwicklung und Strategiebildung. Hamburg: VSA-Verl., ISBN: 3-89965-163-4

Haipeter, Thomas / Schilling, Gabi, 2006: Von der Einfluss- zur Mitgliedschaftslogik: die Arbeitgeberverbände und das System der industriellen Beziehungen in der Metallindustrie. In: Industrielle Beziehungen 13 (1), S. 21-42

Haipeter, Thomas / Schilling, Gabi, 2005: Tarifbindung und Organisationsentwicklung: OT-Verbände als Organisationsstrategie der metallindustriellen Arbeitgeberverbände. In: Institut Arbeit und Technik: Jahrbuch 2005, S. 169–184

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.09.2004 - 31.01.2005

Forschungsabteilung

Leitung:
Prof. Dr. Thomas Haipeter, Gabi Schilling

Finanzierung:
IG Metall Vorstand