Informationen zum Forschungsprojekt

Pilotstudie zur optionalen Alleinträgerschaft von hessischen Kommunen (Landkreisen) für die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II



Ziel und Aufgabenstellung

Mit dem Inkrafttreten des "Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" (Hartz IV) zum 1. Januar 2005 veränderten sich nicht nur die Unterstützungsleistungen für Langzeitarbeitslose und Arbeitslose ohne Versicherungsanspruch, es wurden darüber hinaus auch die Dienstleistungen der Arbeitsagenturen und der Kommunen, als Träger der Sozialhilfe, institutionell zusammengeführt. So bestehen seit Anfang des Jahres 2005 in den meisten Kommunen Deutschlands Arbeitsgemeinschaften (ARGEn) nach dem SGB II, in denen die Arbeitsagenturen und die kommunalen Träger der jeweiligen Gemeinden gemeinsam die Betreuung der ALG II-Empfänger vornehmen. Parallel hierzu übernahmen auf der Grundlage der experimentellen Option des SGB II 69 Kommunen die Grundsicherung für Arbeitsuchende als alleinige Träger für einen gegenwärtig befristeten Zeitraum von sechs Jahren.
Eine exponierte Stellung hinsichtlich der Anzahl der optierenden Kommunen nimmt dabei das Land Hessen ein. Aufgrund des mangelnden Interesses anderer Bundesländer, die ihre Kontingente für das Optionsmodell nicht ausschöpften, konnten mit 12 von 21 Landkreisen und einer kreisfreien Stadt mehr hessische Kommunen als ursprünglichen vorgesehen dieses Modell implementieren und damit fast 20% aller bundesdeutschen Optionskommunen stellen. Damit ist in Hessen eine experimentelle Situation in ganz anderer Intensität gegeben als in anderen Bundesländern, in denen die optierenden kommunalen Träger deutlicher in der Minderheit geblieben sind.
Mit dieser von der Hans-Böckler-Stiftung finanzierten Pilotstudie wurden den in besonderer Weise von der experimentellen Situation betroffenen hessischen Akteuren wichtige Informationen über den aktuellen Entwicklungsstand ausgewählter Optionskommunen vermittelt.
Für diesen Zweck wurden besonders relevante Vergleichsdimensionen, die wichtige Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten, zwischen Arbeitsgemeinschaften und Optionskommunen deutlich zutage treten ließen, herausgearbeitet. Hierauf basierend wurden, als Beitrag zur Orientierung der Arbeitsmarktpolitik insgesamt, vorläufige Einschätzungen zu den praktischen Vor- und Nachteilen der beiden konkurrierenden Modelle, ihre Ursachen und ihre voraussichtlichen Auswirkungen auf die Integrationsleistung gewonnen.
Im Vordergrund dieser Studie stand dabei die Beantwortung folgender Kernfragen:

  • Welches waren die strukturellen und historischen Hintergründe der Entscheidung für die Option?
  • Gelang die Umstellung von "Sozialhilfe / Arbeitslosenhilfe" auf das "Arbeitslosengeld II / Sozialgeld / Kosten der Heizung und Unterkunft" annähernd reibungslos mit korrekten und pünktlichen Zahlungen, und welche Bedeutung hatte hierbei ein mehr oder weniger kooperatives Verhalten der Arbeitsagenturen?
  • Konnten die bisher in den optierenden Landkreisen bestehenden Erfahrungen und Praktiken der Eingliederung in den ersten Arbeitsmarkt fortgeführt oder sogar ausgebaut werden? Oder kam es durch die neuen Rahmenbedingungen zu einem Rückschritt des "Förderns"?
  • In welchem Ausmaß wurde mit "Dritten" als beauftragten Trägern der aktiven Arbeitsförderung kooperiert? In welchen Vertrags- und Organisationsformen erfolgte diese Kooperation? Welche Auswirkungen hatte das auf das Fördern von Arbeitslosen?
  • Wie veränderten sich die professionellen Rollen durch die Umstellung auf das SGB II? Konnten die Beschäftigten Kompetenzen, die auf eine Integration in den Arbeitsmarkt gerichtet waren, eher besser oder eher schlechter einbringen?
  • Wie operierten die Optionskommunen im regionalen Arbeitsmarkt? Welche Kontakte zu Arbeitgebern entwickelten und pflegten sie? Wirkte sich ihr im Vergleich zum Agenturbezirk meistens engerer geographischer Zuschnitt nachteilig aus? Partizipierten die Optionskommunen an den Stellenangeboten der Arbeitsagenturen oder entwickelten sie ein eigenes System der Stellenakquise? Mit welchem Erfolg?

Vorgehen

Im Mittelpunkt dieses Projektes standen drei Fallstudien in optierenden hessischen Kommunen. Die Fallstudien bestanden aus leitfadengestützten Gesprächen mit der Leitung und Führungskräften der zugelassenen kommunalen Träger sowie mit Fallmanagern und der Personalvertretung. Wo Gremien mit lokalen Akteuren zur Beratung der Optionskommune bestanden, wurden auch dort mit Vertretern der Arbeitgeber-, wie auch der Arbeitnehmerseite leitfadengestützte Interviews vorgenommen. Die Darstellung der Fälle erfolgte vor dem Hintergrund statistischer Vergleichsanalysen und unter Auswertung der von den optierenden Kommunen zur Verfügung gestellten Dokumente (Organigramme, Stellenpläne, Zeitpläne für die Implementation usw.).

Publikationen zum Projekt

Knuth, Matthias / Koch, Frank / Schweer, Oliver, 2007: Kommunalisierte Grundsicherung für Arbeitsuchende: Abschlussbericht zum Projekt "Pilotstudie zur optionalen Alleinträgerschaft von hessischen Kommunen für die Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II". Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Forschungsbericht 01/2007

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.05.2005 - 31.12.2006

Forschungsabteilung

Leitung:
Prof. Dr. Matthias Knuth

Bearbeitung:
Frank Koch, Oliver Schweer

Finanzierung:
Hans-Böckler-Stiftung