Informationen zum Forschungsprojekt

Die Weiterentwicklung der neuen Steuerungsmodelle: Tendenzen und Potenziale am Beispiel der Jugendhilfe



Ziel und Aufgabenstellung

Am Beispiel der Jugendhilfe sollten in diesem Projekt Möglichkeiten zur Weiterentwicklung der Verwaltungsmodernisierung aufgezeigt werden. Im Mittelpunkt stand zum einen die Frage, wie die Politik (Jugendhilfeausschuss) in den Reformprozess besser eingebunden und ihre Steuerungsfunktion unterstützt werden kann. Zum anderen ging es darum, wie sich eine Kooperation zwischen der Kommune und ihrem Umfeld (etwa Verbänden, Initiativen, Unternehmen, einzelnen Bürgern usw.) so gestalten lässt, dass Effektivität und Effizienz ebenso gestärkt werden wie Partizipation und Bürgerorientierung.

Hintergrund dieses Projektes war die Beobachtung, dass die Verwaltungsmodernisierung in den Kommunen zum Ende der neunziger Jahre in eine neue Phase getreten ist. Nachdem seit Beginn der neunziger Jahre eine breite Reformbewegung in Gang gekommen war, die sich im Wesentlichen auf konzeptionelle Vorgaben der Kommunalen Gemeinschaftsstelle (KGSt) ("Neues Steuerungsmodell") stützte, war eine gewisse Ernüchterung eingetreten; die Modernisierung war teilweise ins Stocken geraten. Dies hing nicht zuletzt damit zusammen, dass die politische Dimension der Reformen in der Praxis zunächst weitgehend vernachlässigt wurde. Des Weiteren wurde die Binnenorientierung der Modernisierung, die mangelnde Einbeziehung des gesellschaftlichen Umfeldes in zunehmendem Maße zum Gegenstand der Kritik.

Vorgehen

Im Rahmen des Projektes wurden Expertengespräche, eine schriftliche Befragung von nordrhein-westfälischen Jugendhilfeausschussvorsitzenden und 15 Fallstudien in Jugendämtern in acht Bundesländern (Interviews mit Verwaltung und Ausschussmitgliedern) durchgeführt. Die Ergebnisse des Projektes lassen darauf schließen, dass eine Verknüpfung zwischen fachspezifischen und betriebswirtschaftlichen Reformansätzen am ehesten das Potenzial bietet, den ursprünglichen Anspruch der neuen Steuerungsmodelle zu realisieren - nämlich Leistungen für den Bürger nicht nur kostengünstiger, sondern auch besser zu erbringen. Die Debatte um die Verwaltungsmodernisierung sollte demnach fachspezifisch ausdifferenziert und erweitert werden. Die künftige Entwicklung wird vor allem zwei Schwerpunkte haben müssen:

Zum einen wird die Rolle der Politik im Modernisierungsprozess nach wie vor zu wenig berücksichtigt. An Bedeutung wird vor allem die Modernisierung der Arbeitsformen in der Politik gewinnen, denn ohne parallele Veränderungen in Rat und Ausschüssen werden die Reformansätze sowohl in der Gesamtverwaltung als auch in den einzelnen Ämtern entweder leer laufen oder zu einer weit gehenden Abkopplung von politischer Steuerung führen. Einige Positivbeispiele für die Organisation der politischen Beteiligung sowie zahlreiche Möglichkeiten zur Effektivierung der Ausschussarbeit konnten in dem Projekt identifiziert werden.

Zum anderen zeigt sich, dass die Instrumente der neuen Steuerung in vielen Fällen nur ansatzweise entwickelt sind. Dies gilt für Berichtswesen und Controlling ebenso wie für Verfahren zur Förderung des Wettbewerbs. Hier wird die Berücksichtigung von fachspezifischen Besonderheiten von wesentlicher Bedeutung sein. Insbesondere für die Gestaltung des Berichtswesens lassen sich aus den empirischen Untersuchungen interessante Anregungen entnehmen.

Speziell in der Jugendhilfe werden die Entwicklungen überlagert von der Diskussion um die Rolle der freien Träger und - damit zusammenhängend - um die besondere Struktur des Jugendhilfeausschusses. Hier wird es in hohem Maße darauf ankommen, auf welche Weise die freien Träger ihre Funktion wahrnehmen: Wenn sie sich einerseits als kompetente Leistungsanbieter, andererseits als Mitgestalter einer zukunftsorientierten Jugendhilfepolitik und als Katalysator von bürgerschaftlichem Engagement profilieren können, lassen sich die Sonderstrukturen der Jugendhilfe legitimieren - der bloße Hinweis auf die Regelungen des KJHG wird dafür auf Dauer nicht ausreichen.


Publikationen zum Projekt

Bußmann, Ulrike / Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille, 2003: Neue Steuerungsmodelle - frischer Wind im Jugendhilfeausschuss? Die Weiterentwicklung der neuen Steuerungsmodelle: Tendenzen und Potenziale am Beispiel der Jugendhilfe. Opladen: Leske + Budrich. Soziale Arbeit, ISBN: 3-8100-3808-3

Bußmann, Ulrike / Stöbe-Blossey, Sybille, 2003: Aktivierung von Freiwilligenarbeit als Element eines aktivierenden Staates. In: Heinz-Jürgen Dahme, Hans-Uwe Otto, Achim Trube und Norbert Wohlfahrt: Soziale Arbeit für den aktivierenden Staat, S. 127–147

Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille, 2003: Keine Wirtschaftlichkeit ohne Fachlichkeit. In: Social management: Zeitschrift für Sozialwirtschaft 13 (6), S. 8-10

Fretschner, Rainer / Hilbert, Josef / Stöbe-Blossey, Sybille, 2003: Der aktivierende Staat und seine Implikationen für die soziale Arbeit. In: Heinz-Jürgen Dahme, Hans-Uwe Otto, Achim Trube und Norbert Wohlfahrt: Soziale Arbeit für den aktivierenden Staat, S. 37–56

Bußmann, Ulrike / Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille, 2002: Verwaltungsmodernisierung in der Jugendhilfe. In: Wissenschaftszentrum Nordrhein-Westfalen: Das Magazin 13 (1), S. 36

Esch, Karin / Stöbe-Blossey, Sybille, 2002: Kinder und Jugendpolitik: unter Modernisierungsdruck?! In: Institut Arbeit und Technik: Jahrbuch 2001/2002, S. 49–60

Esch, Karin, 2001: Instrumente für die Ausschussarbeit: Dokumentation der Arbeitsgruppe 1. In: Sybille Stöbe-Blossey: Perspektiven der Jugendhilfeausschuss-Arbeit. Tagungsdokumentation, S. 48–54

Stöbe-Blossey, Sybille, 2001: Neue Steuerungsmodelle und die Rolle der Jugendhilfeausschüsse: Zwischenergebnisse eines Projekts. In: Sybille Stöbe-Blossey: Perspektiven der Jugendhilfeausschuss-Arbeit. Tagungsdokumentation, S. 6–37

Stöbe-Blossey, Sybille (Hrsg.), 2001: Perspektiven der Jugendhilfeausschuss-Arbeit: Tagungsdokumentation. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Projektbericht des Instituts Arbeit und Technik Nr. 01/2001

Brandel, Rolf / Stöbe, Sybille / Wohlfahrt, Norbert (Hrsg.), 1998: Modernisierung der Jugendhilfe - welche Rolle spielt die Politik? Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Projektbericht des Instituts Arbeit und Technik Nr. 1998-08

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.05.2000 - 31.01.2002

Forschungsabteilung

Bearbeitung:
Ulrike Bußmann, Karin Esch,Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey

Finanzierung:
Hans-Böckler-Stiftung