Informationen zum Forschungsprojekt
Zukunftsstudie Baugewerbe NRW
Ziel und Aufgabenstellung
Ziel der "Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen" war es,aktuelle Veränderungen im Baugewerbe zu bestimmen und künftige, zukunftsfähigeEntwicklungspfade zu identifizieren. Auf dieser Grundlage galt es, Akteurenin Politik, Verbänden und Unternehmen Handlungsoptionen aufzuzeigen undHilfestellungen bei baumarkt- und arbeitsmarktrelevanten Entscheidungen zu geben.
Die Baubranche unter Veränderungsdruck
Es ist unbestritten, dass sich das Baugewerbe im Umbruch befindet. Der Bauarbeitsmarktsteht seit Jahren durch eine Vielzahl von Herausforderungen unter einem starkenVeränderungsdruck:
Durch Entsendungen aus der EU und aus Mittel- und Osteuropa geraten Qualitäts-und Lohnstandards unter Druck. Durch illegale Beschäftigung hat sich derWettbewerb um knapper werdende Aufträge weiter verschärft, wobei Kostenim Mittelpunkt stehen, nicht Qualität. Durch sinkende Wachstumsraten kommtes zu Überkapazitäten, was zu einem ruinösen Preiswettbewerbgeführt hat. Die Wiedervereinigung Deutschlands hat das bisher einheitlicheTarifgefüge des Baugewerbes aufgeweicht, was einerseits Unternehmen dasÜberleben sichert, andererseits aber die Beschäftigungsstandards unterDruck setzt. So schlägt sich etwa die im Vergleich zu westdeutschen Baubetriebengeringere Produktivität ostdeutscher Firmen in niedrigeren Arbeits- undSozialstandards in den neuen Bundesländern nieder.
Parallel zur Veränderung der Rahmenbedingungen verändern sich dieUnternehmensstrukturen in der Bauwirtschaft. Die Anbieter von Bauleistungendifferenzieren sich auf der einen Seite in große Unternehmen in derRolle von Dienstleistern, Systemführern und Generalunternehmern. Auf deranderen Seite stehen kleinere Unternehmen, die als Zulieferer, klassische kleineBaubetriebe und Subunternehmer von Unternehmen der ersten Kategorie auftreten.Die durch eine Vielzahl kleiner und mittlerer Unternehmen geprägte Brancheweitet ihre Heterogenität aus, so dass die Schnittmenge gleicher Interessenzwischen den Bauunternehmen weiter abnimmt.
Zudem kommt es im Baugewerbe zu einer Umstrukturierung von Tätigkeitsanforderungen.Einfache Tätigkeiten fallen im Bereich sozialversicherungspflichtigerBeschäftigung weg, weil sie im Rahmen von Rationalisierungsbemühungender Unternehmen durch technische Hilfsmittel ersetzt oder in den Aufgabenbereichvon Facharbeitern integriert werden. Einfache Tätigkeiten werden vielfachauch in den Bereich illegaler Beschäftigung verlagert.
Auch ein Blick in die nahe Zukunft lässt keine Verbesserung erwarten. Einehöhere Baunachfrage ist nicht in Sicht, die EU-Osterweiterung und die künftigenRegelungen zur Kreditvergabe (Basel II) werden die Lage auf dem Bauarbeitsmarkteher verschärfen.
Aufgrund dieser Veränderungen lassen sich verschiedene Szenarien zeichnen,deren Entwicklungen von verschiedenen Faktoren beeinflusst werden. Die ZukunftsstudieBaugewerbe Nordrhein-Westfalen versuchte, die Einflüsse auf das Baugewerbemöglichst breit und umfassend zu berücksichtigen, was sich auch imAufbau der Studie widerspiegelt.
Die Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen wurde im Auftrag des Ministeriumfür Städtebau und Wohnen, Kultur und Sport (MSWKS) und des Ministeriumfür Wirtschaft und Arbeit (MWA) des Landes Nordrhein-Westfalen durchgeführt.Neben den Ministerien übernahmen die nordrhein-westfälischen Landesverbändeder Bauwirtschaft (Baugewerbliche Verbände Nordrhein und Westfalen, WirtschaftsvereinigungBauindustrie Nordrhein-Westfalen, Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt Nordrhein-Westfalen)die Finanzierung der Studie.
Aufbau der Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen
Im Rahmen der Zukunftsstudie wurde der Frage nachgegangen, welche derzeitigenund zukünftigen Entwicklungen für das Baugewerbe - nicht nur in Nordrhein-Westfalen- relevant sein werden und ihnen begegnet werden kann.
Diese allgemeine Frage wurde auf insgesamt sechs Teilbereiche heruntergebrochen:
1. Parameter, Rahmenbedingungen und Szenarien der Baunachfrage:
Wie wird sich die Baunachfrage in Nordrhein-Westfalen mittel- und langfristigentwickeln und nach welchen Kriterien lassen sich dabei verschiedene Entwicklungenetwa nach Investorenverhalten, Bausparte oder Region differenzieren?2. Baumanagement:
Was zeichnet gutes Baumanagement aus und wie kann es erreicht werden? Welcheaktuellen Probleme haben Bauunternehmen und -betriebe und wie lassen sie sichtypisieren? Welche Ursachen haben diese Problemtypen und wie lassen sie sichlösen?3. Regulierungssystem Produktmarkt:
Welche nationalen und internationalen Regelungen sind für den Produktmarktder Bauwirtschaft relevant, welche Bedeutung und wirtschaftlichen Auswirkungenhaben sie? Inwiefern muss die Regulierung des Produktmarktes an die bevorstehendenVeränderungen angepasst werden und welche Implementationsprobleme gibtes?4. Produktmarktsystem:
Welche Stärken und Schwächen zeichnen das Baugewerbe in Nordrhein-Westfalenaus und welchen Bedrohungen und Herausforderungen werden von den Unternehmenerwartet? Wo lassen sich die Bauunternehmen und -betriebe in der Produktionsketteverorten, welche Unternehmenstypen lassen sich bilden und welche zukünftigenEntwicklungen zeichnen sich für die jeweiligen Typen ab?5. Arbeitsmarktsystem:
Welche Entwicklung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit ist im Baugewerbefestzustellen, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben diese Größenin Nordrhein-Westfalen und im Bundesgebiet? Wird einheimische Beschäftigungdurch entsandte Arbeitskräfte verdrängt? Welche regionalen Zusammenhängelassen sich im Bauarbeitsmarkt feststellen?6. Regulierungssystem Arbeitsmarkt:
Welchen Stellenwert haben nationale und internationale Arbeitsmarktregulierungenfür das Baugewerbe und wie wurde den oben angesprochenen Veränderungenbisher begegnet? Welche Rolle spielt illegale Beschäftigung im Baugewerbe?Welche Anpassungen und Reformen des bauarbeitsmarktspezifischen Regulierungssystemserscheinen vor dem Hintergrund der bevorstehenden Entwicklungen notwendig?
Vorgehen
Den sechs genannten Bereichen entsprechend sah die Zukunftsstudie einzelneArbeitspakete vor. Drei Arbeitspakete wurden von externen Forschungseinrichtungenbzw. Unternehmen bearbeitet, die übrigen drei Arbeitspakete waren am InstitutArbeit und Technik angesiedelt.
Arbeitspakete und Bearbeitung
Arbeitspakete und Inhalte | Bearbeiter |
Arbeitspaket 1: Rahmenbedingungen und Szenarien der künftigen Baunachfrage in Deutschlandund NRW | Jürgen Veser Dr. Bernd Bartholmai |
Arbeitspaket 2:
| Prof. C.J. Diederichs Karsten Wischhof |
Arbeitspaket 3: Regulierungssystem Produktmarkt | Wolfgang Dürig, Dr. Bernd Lageman |
Arbeitspaket 4: Die Produktionskette: Bauwirtschaft in NRW | Fikret Öz |
Arbeitspaket 5: Beschäftigung und Arbeitslosigkeit in der Bauwirtschaft | Thorsten Kalina |
Arbeitspaket 6: Die Internationalisierung des deutschen Bauarbeitsmarktes | Georg Worthmann |
Für die am IAT durchgeführten Arbeitspakete wurden folgende Arbeitsschritteangewandt:
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Literaturrecherche: Bereits vorhandenes Wissen zu den einzelnen Fragestellungenwurde zusammengetragen und synthetisiert.
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Datenanalysen: Verfügbares Datenmaterial (z.B. von der Bundesanstaltfür Arbeit, den Sozialkassen des Baugewerbes, den Statistischen Landesämtern)wurde analysiert.
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Fallstudien/ Experteninterviews: Um die Ergebnisse aus Literaturrechercheund Datenanalyse zu vertiefen und zu ergänzen, wurden Fallstudien inBaubetrieben und Experteninterviews durchgeführt.
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Beirat und Expertenpool:
Die Zukunftsstudie wurde von einem Projektbeirat der Auftraggeber und einemzweiten Kreis von 12 Experten begleitet. Die Beiratsmitglieder und Expertenkamen regelmäßig zu themenbezogenen Workshops zusammen, auf denenFragestellungen und Zwischenergebnisse diskutiert und das weitere Vorgehenmit den Zielen der Studie abgestimmt wurde.
Die Ergebnisse der Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen wurden ineiner Broschüre zusammengefasst. Die Broschüre steht ebenso wie diesieben Endberichte aus den Arbeitspakten in Kürze im Internet zur Verfügung.
Publikationen zum Projekt
Bosch, Gerhard / Rehfeld, Dieter, 2006: Zukunftschancen für die Bauwirtschaft: Erkenntnisse aus der Zukunftsstudie NRW. In: Informationen zur Raumentwicklung H. 10, S. 539-552 | Lesen
Bosch, Gerhard / Rehfeld, Dieter, 2004: Zukunft Bauwirtschaft: Teil 5: Zukunftsstudie Baugewerbe NRW. Zukunftsinitiative Bau NRW. In: RKW-Informationen Bau-Rationalisierung 33 (1)
Bosch, Gerhard, 2003: Ergebnisse der Zukunftsstudie Baugewerbe in NRW: Auszüge aus dem Gastvortrag. In: Bau aktuell H. 2
Bosch, Gerhard / Philips, Peter (eds.), 2003: Building chaos: an international comparison of deregulation in the construction industry. London: Routledge. Routledge studies in business organizations and networks, ISBN: 0-415-26090-6
Bosch, Gerhard / Rehfeld, Dieter, 2003: Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen: Endbericht. Mai 2003. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik | Lesen
Kalina, Thorsten, 2003: Berufsausbildung und Fachkräftebedarf in der Bauwirtschaft: Arbeitspaket 5a im Rahmen der Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen - Abschlussbericht. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik
Kalina, Thorsten, 2003: Beschäftigung und Arbeitslosigkeit in der Bauwirtschaft in Nordrhein-Westfalen: Arbeitspaket 5b im Rahmen der Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen - Abschlussbericht. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik | Lesen
Worthmann, Georg, 2003: Die Internationalisierung des deutschen Bauarbeitsmarktes: Arbeitspaket 6 im Rahmen der Zukunftsstudie Baugewerbe Nordrhein-Westfalen - Kurzfassung. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik | Lesen
Worthmann, Georg, 2003: Nationale Autonomie trotz Europäisierung: Probleme der Arbeitsmarktregulierung und Veränderungen der industriellen Beziehungen in der deutschen Bauwirtschaft. Zugl.: Univ. Duisburg, Diss., 2002. . München: Hampp. Arbeit und Technik 25, ISBN: 3-87988-718-7
Worthmann, Georg / Zühlke-Robinet, Klaus, 2003: Neue Arbeitsmigration im Baugewerbe und ihre Regulierung: das Arbeitnehmer-Entsendegesetz als Instrument zur Re-Regulierung des Bauarbeitsmarktes. In: Uwe Hunger und Bernhard Santel: Migration im Wettbewerbsstaat, S. 91–118
Bosch, Gerhard, 2002: Tariftreue muss das Bauen nicht teurer machen: Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten. In: Frankfurter Rundschau 12.08.2002
Bosch, Gerhard / Worthmann, Georg / Zühlke-Robinet, Klaus, 2002: Das deutsche Baugewerbe im europäischen Wettbewerb. In: Dieter Sadowski und Ulrich Walwei: Die ökonomische Analyse des Arbeitsrechts: IAB-Kontaktseminar vom 12.-16. November 2001 im Institut für Arbeitsrecht und Arbeitsbeziehungen in der Europäischen Gemeinschaft (IAAEG) der Universität Trier, S. 107–143
Worthmann, Georg, 2002: Baudienstleistungen im europäischen Wettbewerb: bisherige Erfahrungen und künftige Herausforderungen. In: Joachim Lange: Die Mobilität von Kapital und Arbeit in der EU-Osterweiterung: welche Anpassungsmaßnahmen brauchen wir?, S. 83–108
Bosch, Gerhard, 2001: Überbetriebliche Arbeitsmärkte und industrielle Beziehungen: das Beispiel der Bauwirtschaft. In: Jörg Abel und Hans-Joachim Sperling: Umbrüche und Kontinuitäten: Perspektiven nationaler und internationaler Arbeitsbeziehungen, S. Walther Müller-
Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten / Worthmann, Georg, 2001: Stellungnahme zur öffentlichen Anhörung des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und Technologie zum Antrag der Abgeordneten Hansjürgen Doss, Friedhelm Ost, Peter Harald Rauen, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU "Offensive für die Bauwirtschaft", Drucksache 14/6315, am 14. November 2001. Berlin: Deutscher Bundestag, Ausschuss für Wirtschaft und Technologie. Ausschussdrucksache Nr. 365/14g | Lesen