Informationen zum Forschungsprojekt

GBR und KBR in sich verändernden Unternehmensstrukturen

Hintergrund und Ziel

Gesamt- und Konzernbetriebsräte (GBR und KBR) sind Kerninstitutionen der deutschen Mitbestimmung. Trotz ihrer Bedeutung stehen diese Gremien kaum im Fokus sozialwissenschaftlicher Untersuchungen. Vor diesem Hintergrund richtet das Projekt das Augenmerk auf Aufgaben und Arbeitsstrukturen sowie Themenschwerpunkte von GBR und KBR und analysiert ihr Zusammenspiel mit lokalen BR und Gewerkschaften.

GBR und KBR sind Teil eines Mehrebenensystems der Mitbestimmung in Unternehmen. Hier liegt nach BetrVG die Primärzuständigkeit bei den Einzelbetriebsräten. Die damit verbundene subsidiäre Logik erzeugt ein Spannungsfeld für die Interessenvertretung. Zum einen kann vermutet werden, dass die zentrale Bündelung von Ressourcen auf den überbetrieblichen Ebenen mit einer Professionalisierung der Betriebsratsarbeit einhergeht, zum anderen bleibt die betriebliche Ebene zentraler Ort der Legitimitätssicherung und der Beteiligung von Beschäftigten. Strategische Entscheidungen der Unternehmensleitungen definieren Rahmenbedingungen, die auf der Ebene der Einzelbetriebe nur schwer zu beeinflussen sind. Damit kann ein Mismatch zwischen den Entscheidungsstrukturen im Unternehmen und den auf der lokalen Ebene verankerten Mitbestimmungsrechten der Betriebsräte entstehen. Zugleich geht damit ein Problem der Fokussierung für die Unterstützungs- und Beratungsleistungen der Gewerkschaften einher.

Fragestellung

Vier Fragekomplexe stehen im Zentrum des Projektes:

  1. Koordination und Integration der Interessen auf und zwischen den Vertretungsebenen: Wie sind Zuständigkeiten sowie Arbeits- und Entscheidungsprozesse in und zwischen örtlichen und überbetrieblichen Gremien verteilt?
  2. Entscheidungsstrukturen der Unternehmensseite: Welche Herausforderungen sind für Interessenvertretungen mit der Komplexität von Managementstrukturen verbunden? Werden damit Entscheidungszentren geschaffen, die für die betriebliche Mitbestimmung nicht mehr direkt erreichbar sind?
  3. Verhältnis zentralisierter und dezentraler Prozesse: Wie werden lokale Gremien in Arbeits-, Entscheidungs- und Kommunikationsprozesse eingebunden? Welche Rolle spielen Beteiligungsprozesse der Beschäftigten?
  4. Gewerkschaftliche Betriebspolitik: Was bedeutet die Komplexität der Gremienstrukturen für das Verhältnis zwischen Betriebsräten und Gewerkschaften? Welche Anforderungen ergeben sich für die Beratung und Unterstützung durch die Gewerkschaften?

Methoden

Die Analyse beruht auf zwei Methoden: 16 Unternehmensfallstudien und eine Befragung der Unternehmensbeauftragten der Gewerkschaften. Mittels der Fallstudien sollen vertiefte Einblicke in Aufgaben und Arbeitsstrukturen sowie Themenschwerpunkte von GBR und KBR und ihr Zusammenspiel mit den lokalen Betriebsräten gewonnen werden. Die Fallstudien ermöglichen darüber hinaus einen differenzierten Einblick, welche Herausforderungen sich aus den Organisations- und Entscheidungsstrukturen auf der Unternehmensseite ergeben. Ebenso lassen sich Erkenntnisse über die Betreuungspraxis durch die Gewerkschaften gewinnen. Der Schwerpunkt der Untersuchung liegt im Verarbeitenden Gewerbe, es werden aber auch kontrastierende Fälle aus dem Dienstleistungssektor hinzugezogen. Die Fallstudien werden durch eine standardisierte Befragung von Unternehmensbeauftragten der Gewerkschaften ergänzt, um erweiterte Einblicke in die Betreuungs- und Mitbestimmungspraxis im Mehrebenensystem der Mitbestimmung zu gewinnen.

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.08.2021 - 30.06.2024

Forschungsabteilung
Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

Leitung:
Dr. Sophie Rosenbohm

Bearbeitung:
Prof. Dr. Thomas Haipeter, Dr. Johannes Schulten (bis 31.01.2024), Paul-Fiete Kramer

Finanzierung:
Hans-Böckler-Stiftung

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