Informationen zum Forschungsprojekt

Lohn- und Gehaltskonvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland

Kontext/Problembeschreibung:

Auch 25 Jahre nach der deutschen Wiedervereinigung kann noch nicht von einer vollständigen Konvergenz der Lebens- und Einkommensbedingungen zwischen Ost- und Westdeutschland gesprochen werden. Nachholbedarf besteht vor allem bei der Angleichung der Löhne und Gehälter. Ob es im Zeitverlauf überhaupt noch zu einer Angleichung kommen wird, ist in der einschlägigen Literatur umstritten.

Die Frage nach Stand und Dynamik des Angleichungsprozesses ist nicht nur in Hinblick auf die Herstellung gleicher Lebens- und Einkommensbedingungen von Bedeutung, sondern besitzt auch rentenrechtliche Relevanz. So gibt es bis heute Sonderregelungen für die Rentenberechnung in Ostdeutschland, deren Legitimation aufgrund des Gebots der Rechtseinheit dann endet, wenn davon ausgegangen werden kann, dass sich die Löhne und Gehälter in Ostdeutschland weitgehend an das westdeutsche Niveau angeglichen haben. Aus dieser Perspektive besitzt die Beantwortung der Frage nach dem derzeitigen Stand des Prozesses der Lohn- und Gehaltskonvergenz auch eine erhebliche sozialpolitische Relevanz, weil eine zu frühe Angleichung des Rentenrechts zu einer ökonomisch nicht begründbaren rentenrechtlichen Schlechterstellung ostdeutscher Versicherter führen würde, da sie systematisch geringere Rentenanwartschaften aufbauen können als vergleichbare Versicherte in Westdeutschland. Dies wiederum könnte dazu führen, dass sich das ohnehin steigende Risiko von Altersarmut in Ostdeutschland noch einmal verschärft.

Projektziel:

Ziel des Projektvorhabens ist es, den derzeitigen Stand und die bisherige Entwicklung der Lohn- und Gehaltskonvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland zu untersuchen, um eine realistische Einschätzung darüber abgeben zu können, ob der Angleichungsprozess als weitgehend abgeschlossen angesehen werden kann oder nicht. Da die Beantwortung dieser Frage auch für den Fortbestand der rentenrechtlichen Sonderregelungen für Ostdeutschland von Bedeutung ist, wird ergänzend versucht, einen Beitrag zur Diskussion um die Vereinheitlichung des Rentenrechts zu leisten.

Fragestellungen

Das Projektvorhaben ist in ein statistisch-empirisches Arbeitspaket 1 sowie ein auf den Transfer der empirischen Ergebnisse fokussiertes Arbeitspaket 2 unterteilt. In Ersterem geht es um die Frage, ob sich bei statistisch ähnlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Ost- und Westdeutschland bis heute signifikante Unterschiede im Lohn- und Gehaltsniveau feststellen lassen. Daran anschließend steht in Arbeitspaket 2 die Frage im Vordergrund, inwieweit sich über unterschiedliche in der Diskussion befindliche Rentenangleichungsmodelle eine Vereinheitlichung des Rentenrechts realisieren lässt, ohne dass es dabei zu Benachteiligungen auf Seiten der ost- oder westdeutschen Beitragszahlerinnen und Beitragszahler sowie Rentenempfängerinnen und Rentenempfänger kommt.

Methoden

Der Schwerpunkt der empirischen Arbeiten liegt auf der Auswertung vorhandener Datensätze (Sozio-ökonomische Panel; Linked-Employer-Employee-Daten des IAB (LIAB)). In einem ersten Schritt soll mit Hilfe der Dekompositionstechnik der Erklärungsanteil einzelner Determinanten an der Gesamtvarianz der Lohn- und Gehaltsverteilung in Ost- und Westdeutschland quantifiziert werden. In einem zweiten Analyseschritt wird mittels regressionsanalytischer Verfahren sowie statistischer Matchingverfahren analysiert, ob sich bei statistisch ähnlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in Ost- und Westdeutschland signifikante Unterschiede im Lohn- und Gehaltsniveau feststellen lassen. Auf Basis der gewonnenen empirischen Ergebnisse soll im Anschluss versucht werden, einen Beitrag zur Diskussion um die Vereinheitlichung des Rentenrechts zu leisten. Dazu werden die dazu bereits in der Diskussion befindlichen Modelle einer kritischen Bewertung unterzogen. Im Rahmen von Modellrechnungen ist dabei u.a. zu prüfen, inwieweit die jeweilige Modellkonstruktion im Falle einer zeitnahen Vereinheitlichung des Rentenrechts das Risiko für bestimmte Arbeitsmarktgruppen in Ostdeutschland erhöht, im Alter keine ausreichende Rente realisieren zu können.

Thematisch einschlägige Veröffentlichungen des Projektleiters

Bäcker, Gerhard / Jansen, Andreas 2009:
Analyse zur Entwicklung der Bruttolöhne und -gehälter in Ost- und Westdeutschland: Expertise im Auftrag des Forschungsnetzwerks Alterssicherung (FNA) der Deutschen Rentenversicherung Bund. In: Berlin: Dt. Rentenversicherung Bund. DRV-Schriften ; 84, Sonderausgabe

Jansen, Andreas 2011:
Ein einheitliches Rentenrecht in Ost- und Westdeutschland - die Quadratur des Kreises? Teil 1. In: Sozialer Fortschritt 60 (6), S. 123-128

Jansen, Andreas 2011:
Ein einheitliches Rentenrecht in Ost- und Westdeutschland - die Quadratur des Kreises? Teil 2. In: Sozialer Fortschritt 60 (7), S. 137-143

Vorträge zum Projekt

Dr. Andreas Jansen: Zum Stand der Lohn- und Gehaltskonvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland und damit einhergehende Konsequenzen für die Angleichung des Rentenrechts. Tagung „Rente muss für ein gutes Leben reichen“ . Magdeburg, DGB Sachsen-Anhalt, 31.01.2017

Dr. Andreas Jansen: Der Stand der Lohn- und Gehaltskonvergenz zwischen Ost- und Westdeutschland - Ergebnisse einer aktuellen empirischen Studie. Die Angleichung des Rentenrechts zwischen Ost- und Westdeutschland auf den Weg bringen!?, Berlin, 25.05.2016

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.09.2015 - 31.01.2017

Forschungsabteilung
Arbeitsmarkt – Integration – Mobilität

Leitung:
Dr. Andreas Jansen

Finanzierung:
Otto Brenner Stiftung