Informationen zum Forschungsprojekt

Interessenvertretung in nationalen und transnationalen Handlungsräumen: Unternehmensrestrukturierung und das Problem der Interessenartikulation

Ziel und Aufgabenstellung

Zahlreiche Studien über die Interessenvertretung von Beschäftigten in internationalen Konzernen haben sich auf die Analyse Europäischer Betriebsräte (EBR) als zentrale Akteure grenzüberschreitender Interessenvertretung konzentriert. Weitere Interessenvertretungsorgane wie z.B. Gewerkschaften, lokale Gremien, Konzern- oder Weltbetriebsräte und deren Zusammenwirken wurden dabei nicht systematisch konzipiert und analysiert. Der Bias zugunsten der EBR hat zwei Forschungsdesiderate zur Folge. Zum einen konnte das komplexe Zusammenspiel der Interessenvertretung innerhalb internationaler Konzerne angemessen erfasst werden: denn dort interagieren verschiedene Akteure auf unterschiedlichen Ebenen und auf Basis sich überlappender (lokaler, nationaler und EU-weiter) institutioneller Regelungen. Und zum anderen wurden die Probleme der Legitimation vernachlässigt, die grenzüberschreitende Interessenvertretungen gegenüber den Beschäftigten unterschiedlicher Länder und Standorte gerade wegen ihrer institutionellen Distanz zu den lokalen Akteuren aufweisen können.

Das Projektvorhaben erweitert daher die analytische Perspektive, indem es fragt, wie das Zusammenspiel und die Abstimmungsprozesse zwischen verschiedenen Institutionen und Akteuren der Interessenvertretung auf den unterschiedlichen Ebenen eines internationalen Konzerns funktionieren. Es fokussiert nicht eine singuläre Institution (bzw. den Akteur EBR), sondern nimmt das gesamte System konzernbezogener Interessenregulierung auf lokaler, nationaler und über-nationaler Ebene in den Blick und thematisiert die Legitimationsprobleme grenzüberschreitender Interessenvertretungen. Ziel ist die Analyse der Abstimmungsprozesse zwischen den Interessenvertretungsebenen auf Basis einer strukturationstheoretischen Konzeption und empirischer Falluntersuchungen. Auf diese Weise soll sowohl der wissenschaftliche Kenntnisstand zur Interessenregulierungspraxis in internationalen Konzernen erweitert als auch ein eigener Beitrag zur Theoriebildung innerhalb der Arbeits- und Industrie- sowie Organisationssoziologie geleistet werden. Die Abstimmung zwischen den Ebenen ist für das Verständnis grenzüberschreitender Interessenvertretung zentral, da sie Fragen adressiert nach der Wahrnehmung, Legitimation sowie den Machtressourcen der über verschiedene Ebenen und lokale Standorte verteilten Beschäftigtenvertretungen.

Vorgehen

Im Zentrum der empirischen Erhebung stehen Fallstudien in acht Unternehmen. Abstimmungsprozesse sollen am Beispiel von Restrukturierungsfällen untersucht werden, weil hier lokale Beschäftigteninteressen in besonderer Weise betroffen sind und der Bedarf an einer Koordinierung von Interessen auf internationaler Ebene besonders hoch ist. Die Erhebung findet in jeweils vier Ländern statt, in denen die Unternehmen aktiv sind. Experteninterviews werden mit Akteuren der Arbeitnehmervertretung auf unterschiedlichen Ebenen (z.B. lokale Betriebsräte, nationale Konzernbetriebsräte, EBR und WBR), Gewerkschafts- sowie Managementvertretern geführt. Es sollen empirische Muster des Zusammenwirkens der Ebenen identifiziert, vor der Folie eines Idealtypus „transnationaler Interessenvertretung” analysiert und unter Rückgriff auf verschiedene Einflussdimensionen erklärt werden.

Publikationen zum Projekt

Vorträge zum Projekt

Dr. Sophie Rosenbohm: Horizontale Europäisierung: Koordination und Integration von Arbeitnehmer:inneninteressen in multinationalen Unternehmen. 41. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie "Polarisierte Welten", 26.–30.09.2022, Universität Bielefeld, 29.09.2022  Weitere Informationen

Christine Üyük: Transnationale Solidarität in multinationalen Unternehmen? Quo Vadis Partizipation und Solidarität? Forba, 7.10.2019, Technisch-Gewerbliche Abendschule (TGA). Wien, 07.10.2019  Weitere Informationen

Christine Üyük: Digital mobilization to transnational protest actions. The search for security under disruptive technologies and deconstructed labour markets. 40th International Working Party on Labour Market Segmentation (IWPLMS). In Kooperation mit: Forschungsinstitut für gesellschaftliche Weiterbildung (FGW) und Netzwerk Arbeitsforschung NRW, Düsseldorf, 10.09.2019

Christine Üyük, Prof. Dr. Thomas Haipeter: Transnational Protest Actions and the interplay of the different levels of employee representation in multinational companies. ILERA European Congress 2019: Perspectives of Employment Relations in Europe. In Kooperation mit: International Industrial Relations Association – Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V., Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, 07.09.2019  Weitere Informationen

Christine Üyük: Wie entstehen transnationale Protestaktionen in multinationalen Unternehmen? Eine Untersuchung. Betriebsrätetagung CCEP, Karlsruhe, 24.05.2019

Christine Üyük, Prof. Dr. Thomas Haipeter: Interplay and Interest Articulation in the Multilevel Employee Representation System. Fragmentations and Solidarities. International Labour Process Conference 2019, Wien, 25.04.2019  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm, Prof. Dr. Thomas Haipeter: Employee representation in multinational companies: New pathways for transnational cooperation. 1st Annual Conference "Interdisciplinary Perspectives on Global Cooperation Research", Duisburg, Käte Hamburger Kolleg / Centre for Global Cooperation Research, 09.04.2019  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm: Transnationale Erwerbsregulierung in Zeiten der Digitalisierung. ILO-Kernarbeitsnomen & Co. Schöne neue Arbeitswelt – Digitaler Wandel jenseits der Kernarbeitsnormen? Gute Arbeit weltweit. 100 Jahre ILO. Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Entwicklungspolitisches Netzwerk Hessen, Frankfurt am Main, 02.04.2019  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm: Transnational representation of workers' interests in MNCs and the problem of articulation. Industrial Relations in Europe Conference "Employment relations in the 21st century: Challenges for theory and research in a changing world of work". Centre for Sociological Research (CeSO) and Institute for Labour Law, KU Leuven, Leuven, Netherlands, 11.09.2018  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm, Prof. Dr. Thomas Haipeter: Employee representation within multinational corporations: the problem of articulation. ILERA World Congress, Seoul, Südkorea, 26.07.2018  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm: Interessenartikulation in multinationalen Unternehmen: Koordination und Integration von Beschäftigteninteressen. Transnationalisierung der Arbeit und der Arbeitsbeziehungen. Interdisziplinäre Perspektiven. Hochschule Fulda, 23.06.2018  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm: Discussion panel: How might cross-border representation work in multinational companies? European Dialogue 2018: Social Europe. Strengthening Workers' Voice. Hans-Böckler-Stiftung, Brüssel, 26.04.2018  Weitere Informationen

Dr. Sophie Rosenbohm: Mitbestimmung in multinationalen Unternehmen: Das Problem der Interessenartikulation. WSI-Herbstforum 2017: Soziale Rechte in Europa - Ausbauen, stärken und durchsetzen. Berlin, WSI, Hans-Böckler-Stiftung, 30.11.2017

Dr. Sophie Rosenbohm, Markus Hertwig: Employee interests in multinational companies: European Works Councils and the problem of interest articulation. 33rd EGOS Colloquium. Kopenhagen, European Group for Organizational Studies (EGOS), 07.07.2017

Prof. Dr. Thomas Haipeter, Dr. Sophie Rosenbohm: Articulation between actors and levels: An enlarged perspective on cross-border employee representation in multinational companies. 29th SASE Annual Meeting. Lyon, Society for the Advancement of Socio-Economics (SASE), 30.06.2017

Prof. Dr. Thomas Haipeter, Dr. Markus Hertwig, Dr. Sophie Rosenbohm: Interessenartikulation in multinationalen Unternehmen: konzeptionelle Überlegungen und Analyserahmen. Workshop „Handlungsräume und Koordinationsprobleme von Interessenvertretung“ im Rahmen des Forschungsprojektes „Interessenvertretung in nationalen und transnationalen Handlungsräumen: Unternehmensrestrukturierung und das Problem der Interessenarti, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 18.05.2017

Prof. Dr. Thomas Haipeter, Dr. Markus Hertwig, Dr. Sophie Rosenbohm: Muster der Interessenartikulation in multinationalen Unternehmen: empirische Ergebnisse. Workshop „Handlungsräume und Koordinationsprobleme von Interessenvertretung“ im Rahmen des Forschungsprojektes „Interessenvertretung in nationalen und transnationalen Handlungsräumen: Unternehmensrestrukturierung und das Problem der Interessenarti, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 18.05.2017

Dr. Sophie Rosenbohm: Articulation between actors and levels: an enlarged perspective on cross-border employee representation in multinational companies. 11th ILERA European Regional Congress. Mailand, International Labour and Employment Relations Association (ILERA), 08.09.2016

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.01.2015 - 07.06.2019

Forschungsabteilung
Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

Leitung:
Prof. Dr. Thomas Haipeter

Bearbeitung:
Christine Üyük, Dr. Sophie Rosenbohm, Prof. Dr. Markus Hertwig (TU Chemnitz)

Finanzierung:
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)