Bilinguales Lehren und Lernen Deutsch als Fremdsprache in Russland

Gefördert von der Volkswagen-Stiftung


Laufzeit: 2001-2005
 
in Zusammenarbeit mit

Dr. Anatolij Schapowalow
Staatliche Universität Saratow

Projekt-Koordinator:
Claus Wenderott


 

Zielsetzung, Begründung und Durchführung

Das Ziel des Vorhabens „Bilinguales Lehren und Lernen (BILL) Deutsch als Fremdsprache in Russland“ ist, die russischen Universitäten (am Beispiel der Universität Saratow) bei der Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung für das Deutsche als Fremdsprache durch fachliches Lernen in der Fremdsprache Deutsch zu unterstützen. Ein solches Projekt beeinflusst

 

  • die Strukturen der Hochschulausbildung, indem eine neue Studienfachkombination zugelassen wird und
  • die Schulausbildung im Bereich des Deutschen als Fremdsprache, indem bilingualer Unterricht (BU) eingerichtet wird.

Zu diesem Zweck werden modifizierte Hochschul-Curricula für die Fächerkombination Deutsch als Fremdsprache und Geografie erstellt und erprobt. Über die Dauer des Projekts werden im Rahmen der Hochschul-Curricula
a) Ausbildungsmaterialien für das Bilinguale Lehren und Lernen an der Hochschule entwickelt und

b) wissenschaftliche Nachwuchskräfte ausgebildet, die später das Kernpersonal eines Studiums für

Bilinguales Lehren und Lernen ausmachen werden.

Die Implementierung bilingualen Lehrens und Lernens muss in einer engen Theorie–Praxis-Verzahnung erfolgen. Die Leistungsfähigkeit dieses Ansatzes hat sich daher in der Praxis russischer Schulen zu beweisen. Zentral wichtig ist dafür, dass deshalb im Rahmen des Projekts in der Kooperation von Hochschule und Schule bilinguale Lehr- und Lernmaterialien für die Schule entwickelt werden. Diese gemeinsame Entwicklung stellt sicher, dass kein einseitiges und theorielastiges Hochschulprogramm entsteht, das sich in der Praxis nicht bewähren würde. Weiter wird institutionalisiert, dass die Anbieterseite (Universität) und die Abnehmerseite (Schule) in einen Dialog eintreten, der u.E. unerlässliche Voraussetzung für ein bilinguales Lehren und Lernen ist.
Für die Laufzeit des Projekts wird der BU zunächst an drei Schulen in Saratow erprobt.

Obwohl es nach Auskunft der russischen Bildungsadministration möglich ist, sowohl an der Universität die Studienfachkombination Deutsch/Geografie einzuführen als auch an der Schule das Fach Geografie auf Deutsch zu unterrichten, muss sich das Modellprojekt als schrittweise Weiterentwicklung der heutigen Praxis begreifen: von der traditionell philologischen Deutschlehrer-Ausbildung hin zu einer Ausbildung zum Lehrer für das Fach Deutsch und für das Fach Geografie, sowie mit der Lehrbefugnis, das Fach Geografie auf Deutsch zu unterrichten. Dies bedeutet für die universitäre Lehrerausbildung, die bestehenden Curricula (Studienanteile und ihre inhaltliche Ausrichtung) neu zu prüfen unter der Fragestellung, welche neuen inhaltlichen Akzente in dem jeweiligen Fach zu setzen und wie Ressourcen für den Ausbildungsbereich Bilinguales Lehren und Lernen zu schaffen sind. Für die Schule bedeutet dies, dass der eigenständige BU im Fach Geografie das Ziel ist und dass zunächst Fachinhalte des Faches Geografie in den Erweiterten Deutschunterricht einbezogen werden. Dabei sollen die erstellten Materialien erprobt und Erfahrungen für den Übergang zum Bilingualen Unterricht gesammelt werden.

Um das Ziel des Vorhabens zu erreichen, werden u.a. die Erfahrungen mit BILL in Nordrhein-Westfalen, wie sie dort in Form von Zusatzstudiengängen an Hochschulen und von Curriculum-Empfehlungen des Kultusministeriums für den bilingualen Unterricht vorliegen, genutzt. In Zusammenarbeit mit russischen Experten der Universität Saratow sollen diese Erfahrungen für die Praxis der russischen Hochschule und Schule adaptiert werden.
Nach Abschluss des Projekts werden klare Vorstellungen darüber bestehen, in welcher Form in der russischen Ausbildung Bilinguales Lehren und Lernen mit Deutsch als Arbeitssprache im BU dauerhaft institutionalisiert werden kann. Zur Implementierung von BILL werden die im Projekt gesammelten Erfahrungen und die entwickelten Materialien eine zuverlässige Basis darstellen.

Die heutige Schwäche des russischen Bildungssystems, das unter den post-sowjetischen Auswirkungen leidet, paart sich aus Sicht des Deutschen als Fremdsprache mit einer sprach- und kulturpolitischen Zurückhaltung in Deutschland bezüglich einer aktiven Förderung des Deutschen im Ausland. Diese Zurückhaltung muss aufgegeben werden, damit nicht nur die durchaus noch bestehenden klassischen Motivationen zum Erlernen der deutschen Sprache in Russland weiter geführt werden, sondern indem den potenziellen Lernern des Deutschen vermittelt wird, dass es für sie auch von praktischem Nutzen ist, die Fremdsprache Deutsch als Sprache der fachlichen und beruflichen Kommunikation zu beherrschen. Der Gebrauch des Deutschen als Arbeitssprache im Bilingualen Unterricht ist die Chance, diese Fähigkeit zu erwerben.

Auf der Grundlage einer internationalen wissenschaftlichen Kooperation leistet das Vorhaben einen Beitrag zur Schaffung von verbesserten Voraussetzungen für Forschung und Lehre in Russland. Verschiedene Maßnahmen greifen dabei ineinander: Die Qualifizierung von Lehrkräften und wissenschaftlichem Nachwuchs, die Entwicklung eines Curriculums für einen neuen Studiengang sowie die Erarbeitung von Lehrmaterialien.


Publikationen zum Projekt

Baur, Rupprecht S., Chlosta, Christoph & Wenderott, Claus. (2000). Bilingualer Unterricht in Russland – ein konkretes Beispiel zur Förderung des Deutschen.
In Ulrich Ammon (Hrsg.), Sprachförderung. Schlüssel auswärtiger Kulturpolitik. (S.83-91). Frankfurt/M.: P. Lang.

Баур‚ P.C., Клоста‚ К., Вендеротт‚ К., Горина‚ H.H. & Шаповалов, А.И. (2002). Билингвальное обучение и
изучение немецкого языка как иностранного в России.
In
Проблемы языка: лингвистика, литературоведение, методика преподавания, страноведение (S.60-83). Саратов: Изд-во Сарат. ун-та.

Kutscherowa, Tatjana, Makarzewa, Ludmila & Wenderott, Claus. (2002). Lernmaterialien für den bilingualen Fachunterricht Geographie. Saratow: Universität Saratow.

 
Schapowalow, Anatolij & Wenderott, Claus (2003). Bilinguale Akzente für Deutsch als Fremdsprache in Russland: Zur Realisierung eines Projekts zur Ausbildung von Lehrern für den bilingualen Unterricht.
In Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 14 (2003), H.1, 87-106.

Вендеротт‚ К. & Шаповалов, А.И. (2003). Некоторые формые работые с географическим текстом на
билингвалъных занятиях со студентами.
In Sprache und Kultur der Russlanddeutschen. Bd. 4. (S.31-38). Saratow u. Essen.