IAQ Pressemitteilung

Pressemitteilung vom 17.04.2007 Gesund altern im Betrieb - Wie schaffen wir die Rente mit 67?

IAQ liefert Anhaltspunkte zur Personalpolitik im Zeichen des demografischen Wandels

In deutschen Betrieben werden im Jahr 2020 über 13 Prozent der Mitarbeiter zwischen 50 und 65 Jahre alt sein, im Jahr 2000 waren es noch 9,4 Prozent. Schon heute wird die Hälfte aller Arbeitsunfähigkeitstage von nur einem Drittel der Beschäftigten verursacht, die über 45 Jahre alt sind. Wegen Krankheit oder Behinderung geht jeder 5. vorzeitig in Rente. Alternde Belegschaften werden zum Problem für die Personalchefs, gleichzeitig führen sinkende Geburtenraten zu Mangel an jungen Fachkräften.

"Der Erhalt und die Weiterentwicklung der Arbeitsfähigkeit von Mitarbeitern wird zentraler Erfolgsfaktor für Zukunftsfähigkeit von Unternehmen" stellt die Arbeitsforscherin Dr. Anja Gerlmaier vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen fest. "Schonarbeitsplätze" für Ältere sind dabei keineswegs die Lösung. Notwendig ist vielmehr eine generationen-übergreifende Personalpolitik, die sich an Bedarf und besonderen Problemsituationen in verschiedenen Lebensphasen der Mitarbeiter orientiert. "Wir brauchen eine alterns- statt altersgerechte Arbeitsgestaltung, denn Gefährungsschwerpunkte können sich schon in den mittleren Altersgruppen häufen" warnt Gerlmaier.

Psychische Belastungen bei der Arbeit, insbesondere Arbeitstempo, Termindruck und Komplexität der Tätigkeiten haben in den letzten Jahren enorm zugenommen.

Unter den Erkrankungen, die zu einer Frühverrentung führen, sind die Herz- und Kreislauferkrankungen zwar stark rückläufig, aber psychische Erkrankungen nehmen mit einer Steigerung bei den Frauen von 8 auf 32 Prozent (1984-1999) inzwischen die Spitzenposition ein. Verschiedene Tätigkeiten stufen die IAQ-Arbeitsforscher als besonders alterskritisch ein: etwa körperlich belastende, monotone Arbeit im Verkauf, Tätigkeiten mit hoher Kundenabhängigkeit, Flexibilitätsanforderungen und Arbeitsintensität in verschiedenen Handwerksberufen, sozio-emotionale Belastungen bei Kranken- und Pflegekräften oder Lehrern, wissensintensive Tätigkeiten mit hoher Konzentration, Arbeitsintensität und unzureichender Erholung in der Software-Entwicklung, in Marketing- und Medienberufen.

Wie Untersuchungen des IAQ in einem stahlverarbeitenden Unternehmen zeigen, müssen die über 50-Jährigen nicht mehr körperliche Beschwerden als jüngere Kollegen haben. Ältere unterlagen dort weniger Belastungen und wiesen ein deutlich besseres Gesundheitsverhalten als jüngere auf. Verantwortlich dafür ist häufig eine Arbeitspolitik in den Unternehmen, die Belastungen nicht vermindert, sondern auf Jüngere abgewälzt. So werden körperlicher Verschleiß und Einschränkungen bei Älteren zu 80 Prozent verursacht im Erwerbsleben und durch Übungsverluste, nicht durch biologische Alterungsprozesse. "Eine rein kurative Personalpolitik mit Schonarbeitsplätzen für Ältere greift zu kurz", meint Anja Gerlmaier.

Betriebliche Personalpolitik muss deshalb vorbeugen, etwa mit geeigneter Personaleinsatzplanung (Rotation, Positionswechsel, altersgemischte Teams), betrieblicher Gesundheitsförderung vom Gesundheitszirkel bis zum Stressmanagement, altersgerechter Technikgestaltung am Arbeitsplatz, Vorsorge, und Gefährdungsanalyse. 30-40 Prozent der Erkrankungen wären durch Prävention verhinderbar, stellt Anja Gerlmaier fest.

Redaktion:

Claudia Braczko

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Dr. Anja Gerlmaier