IAQ Pressemitteilung
Potenziale der regionalen Bildungslandschaft strategisch nutzen
Kommunen sollten bei ihrer Schulentwicklungsplanung die Berufskollegs stärker berücksichtigen. Vor allem Bildungsgänge, die höherwertige Schulabschlüsse mit praxis- und berufsbezogenen Kenntnissen verknüpfen, könnten für regionale Bildungslandschaften strategisch wichtig sein. Darauf verweist ein aktueller Report aus dem Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE). „Benachteiligung kann so abgebaut, die Durchlässigkeit des Bildungssystems verbessert und dem Fachkräftemangel vorgebeugt werden”, sagt die IAQ-Forscherin Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey. Letztlich gehe es um eine Gesamtstrategie für das regionale Angebot in der Oberstufe.
Im Schuljahr 2014/15 erreichten in NRW 88.217 Schüler das Abitur, 39.820 die Fachhochschulreife. 10,2 Prozent machten ihr Abi am Berufskolleg, bei der Fachhochschulreife liegt der Anteil bei 83,6 Prozent, wobei es erhebliche regionale Unterschiede gibt. Von den landesweit 256.903 Berufsschulabgängern im Sommer 2015 haben damit 16,5 Prozent ihr Abi oder ihre Fachhochschulreife erreicht, darunter viele gleichzeitig einen anerkannten Berufsabschluss. Motive und Perspektiven dieser Schüler hat die IAQ-Forschungsabteilung „Bildung und Erziehung im Strukturwandel” im Februar/März 2015 mit einer Befragung an sechs Berufskollegs in NRW aufgegriffen.
Die Ergebnisse zeigen, dass die verknüpften Bildungsgänge mit Hochschulreife-Zeugnis für die meisten keineswegs eine „Warteschleife”, sondern einen bewusst gewählten Schritt in der Bildungs- und Berufslaufbahn darstellen. Ein Teil will vor allem einen höheren Schulabschluss erwerben – wobei viele in der Kombination mit beruflichen Inhalten und in der Struktur des Bildungsangebots Vorteile gegenüber Gymnasium oder Gesamtschule sehen. Die Abiturienten wollen meistens studieren; Bildungsgänge mit Fachhochschulreife werden oft als gezielte Vorbereitung auf eine duale Ausbildung gewählt. Das duale Studium reizt alle Schülergruppen.
„Die Befürchtung, dass der Wirtschaft oder dem Ausbildungsmarkt durch den verlängerten Schulbesuch und insbesondere durch die vollzeitschulische Berufsausbildung Nachwuchskräfte verloren gehen könnten, lässt sich anhand der Ergebnisse nicht bestätigen”, so Prof. Dr. Stöbe-Blossey. Vielmehr gebe es für Unternehmen zahlreiche fachlich vorqualifizierte Bewerber für duale Ausbildungs- und Studienplätze. Auch die hohe Studierneigung der Jugendlichen mit Berufskolleg-Abschluss könne durchaus zur Fachkräftesicherung beitragen: Gerade in den Bildungsgängen mit technischen Fachrichtungen streben sie ein einschlägiges Studium – etwa in den Ingenieurwissenschaften – an.