Informationen zum Forschungsprojekt

Erfolgsabhängige Entgelte in der Metall- und Elektroindustrie: Verbreitung, Formen und betriebliche Praxis

Projektziele

Das Forschungsprojekt untersuchte Verbreitung, Regelungsformen und betriebliche Praxis erfolgsabhängiger Entgelte in der Metall- und Elektroindustrie. Besonderes Augenmerk lag auf der Bedeutung der erfolgsabhängigen Entgelte für die Interessenvertretungen. Die Untersuchung beruht auf einem Methodenmix aus Experteninterviews, Fallstudien sowie der Auswertung von Regelungen und Statistiken.

Kontext, Fragestellung und Methoden

Erfolgsabhängige Entgelte erleben derzeit eine Renaissance. Waren sie als betriebliche Entgeltzulagen auch in den 1960er und 1970er Jahren in wirtschaftlich erfolgreichen Betrieben nicht unüblich, so sind sie nach Jahrzehnten eines rückläufigen Wage Drifts zumindest in Großbetrieben unterschiedlicher Branchen nun zur Normalität geworden und können einen wichtigen Anteil an den Jahreseinkommen bilden. Die Formen erfolgsabhängiger Entgelte haben sich jedoch stark gewandelt. Beruhten sie früher auf spontanen Aushandlungen, so liegen ihnen heute zumeist betriebliche oder tarifliche Vereinbarungen (auch Tarifabweichungen) zu Grunde, in denen die Entgelte systematisch an bestimmte Zielwerte für betriebswirtschaftliche Indikatoren geknüpft sind. Erfolgsabhängige Entgelte stehen im Zusammenhang mit mehreren zentralen Entwicklungen des Kapitalismus in Deutschland wie der Ausbreitung marktorientierter und finanzialisierter Steuerungsformen oder der Verbetrieblichung der Arbeitsbeziehungen.

Im Forschungsprojekt standen vier Fragekomplexe im Vordergrund:

  • Verbreitung: In welchen Betrieben und für welche Beschäftigtengruppen ist diese Entgeltkomponente von Bedeutung?

  • Regulierung: Welche Regulierungsformen weisen erfolgsabhängige Engelte auf und welche Erfolgskennziffern liegen der Bestimmung der Entgelte zu Grunde? Welche Mitbestimmungsmöglichkeiten haben die Betriebsräte bei der Umsetzung?

  • Legitimation: Wie beliebt sind erfolgsabhängige Entgelte bei den Beschäftigten? Wie werden sie von ihnen ausgehandelt (sofern Ergebnisziele Eingang in das individuelle Leistungsentgelt finden) und beeinflussen sie möglicherweise die Arbeitspraxis der Beschäftigten?

  • Interessenvertretungen: Unter welchen Bedingungen und mit welchen Zielen haben Interessenvertretungen Vereinbarungen zu erfolgsabhängigen Entgelten abgeschlossen, welche Interessen haben die Unternehmen daran und welche strategische Bedeutung messen die Interessenvertretungen erfolgsabhängigen Entgelten bei?

Das Forschungsvorhaben beruhte auf einem triangulären Methodenmix, der qualitative und quantitative Zugänge verbindet:

  • Auswertungen des SOEP und des IAB-Betriebspanels, auf deren Grundlage Aussagen zu Entwicklung, Verbreitung und zum finanziellen Volumen erfolgsabhängiger Entgelte gemacht werden.

  • Auswertungen der Vereinbarungen der 50 größten Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie zu erfolgsabhängigen Entgelten, mit deren Hilfe die Regelungsformen, die betroffenen Beschäftigtengruppen und zentrale Regelungsinhalte wie Kennziffern, Berechnungsmethoden und Problemlösungsverfahren untersucht wurden.

  • Fallstudien mit Experteninterviews aus neun Verwaltungsstellen der IG Metall und Betrieben mit erfolgsabhängigen Entgelten, in denen Aushandlungen und betrieblichen Praxis der Erfolgsntgelte sowie der Koordinierung durch die Verwaltungsstellen untersucht wurden.

Ergebnisse

Die Verbreitung der Erfolgsentgelte in den Betrieben und bei den Beschäftigten hat in der letzten Dekade deutlich zugenommen. Die Wachstumsdynamik in der Metall- und Elektroindustrie war weit überdurchschnittlich, obwohl es hier, anders als in anderen Branchen, keine flächentariflichen Regelungen zu Erfolgsentgelten gibt. Die Vereinbarungen in der Branche sind in den letzten Jahren modernisiert worden., Wichtigstes Element der Modernisierung war die Anbindung der Erfolgsentgelte an finanzwirtschaftliche Kennziffern, unter denen wertorientierte Größen an Bedeutung gewannen, die die Kapitalkosten der Anteilseigner einkalkulieren. Erfolgsentgelte werden nicht selten von den Betriebsräten als Gegenleistung für Konzessionen in betrieblichen Beschäftigungsbündnissen gefordert. Sie sind bei den Beschäftigten überaus beliebt. Legitimationsprobleme für die betrieblichen Interessenvertretungen entstehen aber aus den großen Entgeltunterschieden zwischen Betrieben und Beschäftigtengruppen. Damit fördern Erfolgsentgelte bestehende Entgeltfragmentierungen. Dies gilt zum einen mit Blick auf die großen Unterschiede zwischen den Unternehmen entlang der automobilen Wertschöpfungskette. Während bei den großen Endherstellern teilweise Erfolgsentgelte bis zu 10.000 Euro pro Beschäftigten und Jahr ausgezahlt werden, finden sich auf den unteren Stufen keine Erfolgsentgelte oder nur als Ausgleichsleitsung für Tarifabweichungen. Nicht minder deutlich sind zum anderen die Unterschiede zwischen den Beschäftigtengruppen. Prekäre Beschäftigtengruppen wie die Leiharbeiter erhalten zumeist gar keine Erfolgsentgelte. Auch Frauen oder befristet Beschäftigte sind in Verbreitung und Höhe der Erfolgsentgelte benachteiligt. Erfolgsentgelte beruhen damit sowohl auf einer Umverteilung von Arbeit zu Kapital als auch auf einer Umverteilung der Gewinnspielräume zwischen den Betrieben und der Löhne zwischen unterschiedlichen Beschäftigtengruppen.

Publikationen zum Projekt

Haipeter, Thomas, 2013: Erfolgsentgelte in der Metall und Elektroindustrie. Entgeltregulierung im Spannungsfeld von Modernisierung, Fragmentierung und Finanzialisierung. Abschlussbericht. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.12.2011 - 28.02.2013

Forschungsabteilung
Arbeitszeit und Arbeitsorganisation

Leitung:
Prof. Dr. Thomas Haipeter

Bearbeitung:
Leila Mesaros, Christine Üyük

Finanzierung:
Hans-Böckler-Stiftung