Informationen zum Forschungsprojekt

Nachqualifizierung als Strategie vorbeugender Sozialpolitik. Eine Untersuchung zu Angeboten, Nutzung und Entwicklungsmöglichkeiten der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker*innen

Ziel und Aufgabenstellung

Der Anteil an zugewanderten Personen mit akademischer Qualifikation ist seit den 2000er Jahren stark gestiegen. Von allen in der Dekade 2002-2012 zugewanderten Personen im Alter zwischen 25 und 64 Jahren haben 31% einen Hochschulabschluss. Die Praxis zeigt jedoch, dass zugewanderte Akademiker und insbesondere Akademikerinnen nicht selten unterhalb ihres eigentlichen Qualifikationsniveaus arbeiten und ein erhöhtes Arbeitslosigkeitsrisiko tragen. Die Gründe dafür sind vielfältig. Eine große Rolle spielt die fehlende formale Anerkennung vieler im Ausland erworbener Abschlüsse. Doch auch wenn Abschlüsse formal anerkannt sind, können Unsicherheiten und Unkenntnis auf Seiten von Arbeitgeber*innen und des Personal der Arbeitsagenturen/Jobcenter dazu beitragen, dass zugewanderte Akademiker*innen oftmals Probleme haben, sich erfolgreich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu etablieren. Eine weitere Hürde stellt die Tatsache, dass viele zugewanderte Personen im Zuge der Migration nicht durchgängig in ihren Berufen tätig waren, dar. Außerdem liegen möglicherweise andere Erwartungen an den Beruf im Aufnahmeland vor. Deshalb ist davon auszugehen, dass bei den zugewanderten Personen in vielen Fällen ein weiterer Qualifizierungsbedarf besteht, damit sie ihre Kompetenzen und Qualifikationen auf dem Arbeitsmarkt einbringen können und unterqualifizierte Beschäftigung, Arbeitslosigkeit und die Abhängigkeit von Sozialleistungen überwinden können.

Regional und bundesweit existieren verschiedene Programme der Weiter-, Nach- und Anpassungsqualifizierung. An dem an der Universität Duisburg-Essen (UDE) und mit etwas anderen Schwerpunkten an der Universität Regensburg entwickelten und durchgeführten Programm ProSALAMANDER sowie am Nachfolgeprogramm „OnTop” der UDE haben in mehreren Jahrgängen Teilnehmer*innen in jeweils zweistelliger Kohortengröße teilgenommen. Bundesweit bietet die Otto Benecke-Stiftung Weiter- und Nachqualifizierung für zugewanderte Akademiker*innen. Außerdem fördert das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bundesweit das Programm „Integration durch Qualifizierung”, welches u.a. die Förderung von Qualifizierungsangeboten für Zugewanderte mit akademischen Abschlüssen beinhaltet.

Das qualitative Forschungsprojekt zielte darauf ab, Erfahrungen der Nutzer*innen bei der Suche nach Nach- und Weiterqualifizierungsmöglichkeiten und der Teilnahme an entsprechenden Angeboten zu ermitteln. Dabei wurdel u.a. untersucht, welchen „Nutzwert” die Teilnahme aus Sicht der Teilnehmer*innen anschließend bei der Suche nach einem Arbeitsplatz bzw. bei der Verbesserung ihrer beruflichen und sozialen Situation hatte. Die empirische Basis bildeten semi-strukturierte leitfadengestützte Interviews mit Programmteilnehmer*innen, die durch Expert*inneninterviews mit Programmverantwortlichen ergänzt werden.Zudem wurden auf der Basis einer Websitenanalyse existierende Programme recherchiert und bezüglich ihrer Charakteristika kategorisiert. Auf der Grundlage der empirischen Untersuchung wurden praxisrelevante Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung von Nach- und Weiterqualifizierungsprogrammen an Hochschulen entwickelt.

Die Studie arbeitete mit dem methodischen Ansatz der „Nutzer*innenforschung” (Schaarschuch/Oelerich), um durch die Erfassung und Einbindung der Nutzer*innenperspektive Ansatzpunkte für eine nachhaltige Qualitätsentwicklung der Weiterbildungsangebote zu ermitteln.

Projektergebnisse

Wie die Studie zeigt, existieren bisher an deutschen Hochschulen nur wenige Programme der Nach- und Weiterqualifizierung für zugewanderte Akademiker*innen. Die Projektergebnisse belegen, dass die vorhandenen Programme für die Teilnehmenden Chancen in Bezug auf eine verbesserte Arbeitsmarktintegration bieten. Die Programme reichen jedoch quantitativ nicht aus und sind zudem mit strukturellen Problemen behaftet. So sind sie regional verstreut und überwiegend temporärer Natur, so dass keine Nachhaltigkeit gewährleistet ist. Angesichts der demographischen Entwicklung sind ein Ausbau und eine Verstetigung von zielgruppenspezifischen Qualifizierungsangeboten vonnöten. Dies setzt ein stärkeres inhaltliches Engagement der Bildungsinstitutionen und eine finanzielle Unterstützung der Länder voraus. Als gravierendes Problem erweist sich die Finanzierbarkeit des Lebensunterhalts während einer Programmteilnahme. Priorität sollte eine Reform des BAföG haben, die den Lebens‑ und Bildungswegen von Zugewanderten besser Rechnung trägt. Stiftungen und die Programme des Deutschlandstipendiums sollten ihre Zugangskriterien überprüfen und eine bewusste Öffnung für die Zielgruppe vornehmen.

Publikationen zum Projekt

Graevskaia, Alexandra / Klammer, Ute / Knuth, Matthias, 2018: Nachqualifizierung als Strategie vorbeugender Sozialpolitik. Eine Untersuchung zu Angeboten, Nutzung und Entwicklungsmöglichkeiten der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker_innen. Düsseldorf: FGW. FGW-Impuls Vorbeugende Sozialpolitik 12| Info | Lesen

Graevskaia, Alexandra / Klammer, Ute / Knuth, Matthias, 2018: Nachqualifizierung als Strategie vorbeugender Sozialpolitik. Eine Untersuchung zu Angeboten, Nutzung und Entwicklungsmöglichkeiten der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker_innen. Düsseldorf: FGW. FGW-Studie Vorbeugende Sozialpolitik 12| Info | Lesen

Klammer, Ute / Graevskaia, Alexandra / Knuth, Matthias, 2018: Hochqualifiziert zugewandert – und dann? Angebote, Nutzung und Entwicklungsbedarfe der Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker_innen. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2018-07 | DOI-Link| Info | Lesen

Vorträge zum Projekt

Prof. Dr. Ute Klammer, Alexandra Graevskaia: Angebote, Nutzung und Entwicklungsmöglichkeiten der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker_innen. NRW-Dialogforum 2018 "Zusammenhalt in der digitalisierten Gesellschaft". 29. und 30. Oktober, Düsseldorf, 29.10.2018  Weitere Informationen

Prof. Dr. Ute Klammer: Begrüßung und Einführung. Hochqualifiziert zugewandert – und dann? Weiterqualifizierungsprogramme für zugewanderte Akademiker_innen auf dem Prüfstand, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 04.07.2018

Alexandra Graevskaia: Angebote, Nutzung und Entwicklungsmöglichkeiten der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker_innen. Hochqualifiziert zugewandert – und dann? Weiterqualifizierungsprogramme für zugewanderte Akademiker_innen auf dem Prüfstand, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 04.07.2018

Prof. Dr. Matthias Knuth: Finanzierung des Lebensunterhalts während der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung hochqualifizierter Migrant_innen. Hochqualifiziert zugewandert – und dann? Weiterqualifizierungsprogramme für zugewanderte Akademiker_innen auf dem Prüfstand, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 04.07.2018

Alexandra Graevskaia: Angebote, Nutzung und Entwicklungsmöglichkeiten der akademischen Nach- und Weiterqualifizierung zugewanderter Akademiker_innen. Erste Forschungsergebnisse aus dem Projekt . Zweites Vernetzungstreffen der Projektnehmer_innen des Themenbereichs „Vorbeugende Sozialpolitik“ des Forschungsinstituts für gesellschaftliche Weiterentwicklung, Düsseldorf, 01.02.2018

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.12.2016 - 31.08.2018

Forschungsabteilung
Bildung, Entwicklung, Soziale Teilhabe

Leitung:
Prof. Dr. Ute Klammer

Bearbeitung:
Alexandra Graevskaia, Prof. Dr. Matthias Knuth

Finanzierung:
Ministerium für Innovation, Wissenschaft und Forschung des Landes NRW