Informationen zum Forschungsprojekt

Die deutsche Mittelschicht im Kontext des Arbeitsmarktes

Ziel und Aufgabenstellung

Die Ungleichheit der Haushaltseinkommen hat in Deutschland zugenommen. Seit Ende der 1990er Jahre ist die Mittelschicht um fünf Prozentpunkte kleiner geworden, während Unter- und Oberschicht an Bedeutung gewonnen haben.
Vorliegende Studien zur Mittelschicht basieren bisher auf der Analyse der sekundären Einkommensverteilung (verfügbare Haushaltseinkommen). Der Zusammenhang zwischen verfügbaren Haushaltseinkommen und Veränderungen des Arbeitsmarktes wurde bisher nicht thematisiert. Unsere eigenen Auswertungen hierzu konnten zeigen, dass Angehörige der Unterschicht meistens in Tätigkeiten mit niedrigen Stundenlöhnen und nur einem geringen Arbeitszeitumfang tätig sind. In den oberen Schichten hingegen sind die Stundenlöhne und Jahres-/Wochenarbeitszeiten wesentlich umfangreicher. Angehörige der Unterschicht möchten ihre Arbeitszeit ausweiten, haben aber oft keine Möglichkeit dazu, weil ihnen häufig nur Minijobs angeboten werden.

Im Mittelpunkt des Projektes steht die Analyse des Zusammenhangs zwischen Veränderungen des Arbeitsmarktes wie etwa der Ausweitung von Niedriglöhnen und Minijobs und der Entwicklung der Schichtung von Haushaltseinkommen. Hierdurch sollen Triebkräfte für die Zunahme der Ungleichheit der Haushaltseinkommen im Bereich des Arbeitsmarktes identifiziert werden.

Vorgehen

In diesem Eigenprojekt werden die bisherigen Forschungsarbeiten zu Niedrig- und Mindestlöhnen sowie zur Mittelschicht in Deutschland fortgeführt und vertieft.
Folgende Themen sollen untersucht werden:

  • Auswirkungen der wachsenden Lohnungleichheit auf die Schichtungsstruktur der Bevölkerung.
  • Wirkung des allgemeinen gesetzlichen Mindestlohns auf den Niedriglohnsektor und die Lohnverteilung. Differenzierung der Analyse nach Branchen und Beschäftigtengruppen. Wechselwirkungen zwischen Tarifstrukturen und Mindestlöhnen.
  • Individuelles Erwerbsverhalten und Schichtzugehörigkeit. Wie werden individuelle Erwerbsmerkmale wie Arbeitszeitumfang oder Stundenlohn im Haushaltskontext zu Einkommen kombiniert. Wie verändern sich Erwerbsverhalten und die Schichtung der Gesellschaft im Zeitverlauf.
  • Differenzierung der Haushalte nach Erwerbsmustern (Mehrfachverdiener, Hinzuverdiener, Alleinernährer …).
  • Differenzierte Auswertung zu Wochenarbeitszeiten und Wunscharbeitszeiten in den Schichten. Wie weit liegen Wunsch und Wirklichkeit auseinander? Entwicklung im Zeitverlauf.
  • Gibt es eine Polarisierung der Jahresarbeitszeiten der Schichten?
  • Einfluss staatlicher Umverteilung auf die Schichtungsstruktur
  • Zusammenhang Wirtschaftswachstum und Einkommensungleichheit

Das Projekt basiert auf einem Mix unterschiedlicher Methoden: Theoretische Analysen und Literaturauswertungen werden mit eigenen statistischen Auswertungen kombiniert. Eigene Auswertungen erfolgen auf Basis des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP) des DIW in Form von deskriptiven Auswertungen und Regressionsanalysen.

Publikationen zum Projekt

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2019: Die Mittelschicht in Deutschland unter Druck. In: Weiterbildung H. 6, S. 32–35

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2018: Understanding rising income inequality and stagnating ordinary living standards in Germany. In: Brian Nolan: Inequality and inclusive growth in rich countries: Shared challenges and contrasting fortunes, pp. 153–187 | DOI-Link

Kalina, Thorsten / Weinkopf, Claudia, 2018: Niedriglohnbeschäftigung 2016 – beachtliche Lohnzuwächse im unteren Lohnsegment, aber weiterhin hoher Anteil von Beschäftigten mit Niedriglöhnen. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2018-06 | DOI-Link| Info | Lesen

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2017: Die deutsche Mittelschicht aus der Arbeitsmarktperspektive. In: Kai Eicker-Wolf und Achim Truger: Ungleichheit in Deutschland – ein "gehyptes" Problem? Über die Verteilungsrealität und Möglichkeiten ihrer Gestaltung, S. 111–141

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2017: Wachsende Ungleichheit in der Prosperität. Einkommensentwicklung 1984 bis 2015 in Deutschland. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Forschung 2017-03 | DOI-Link| Info | Lesen

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2017: Kein Grund zur Entwarnung! Ungleichheit nimmt weiter zu, und ihr Niveau ist nicht akzeptabel. In: ifo Schnelldienst 70 (10), S. 22–26 | Lesen

Kalina, Thorsten / Weinkopf, Claudia, 2017: Niedriglohnbeschäftigung 2015 – bislang kein Rückgang im Zuge der Mindestlohneinführung. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2017-06 | DOI-Link| Info | Lesen

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2016: Mittelschichten in Deutschland - unter Druck. In: Sozialismus 43 (2), S. 13-19

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2015: Die Mittelschicht in Deutschland unter Druck. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2015-04 | DOI-Link| Info | Lesen

Bosch, Gerhard / Kalina, Thorsten, 2015: Das Ende der "nivellierten Mittelstandsgesellschaft". Die deutsche Mittelschicht unter Druck. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Forschung 2015-01 | DOI-Link| Info | Lesen

Vorträge zum Projekt

Prof. Dr. Gerhard Bosch, Dr. Thorsten Kalina: Growing income inequality and the erosion of the German middle class. IWPLMS 2017 – 38th Annual Conference of the International Working Party on Labour Market Segmentation, 13th to 15th September 2017. Manchester, European Work and Employment Research Centre, Manchester Business School of the University of Manchester, 14.09.2017

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.01.2016 - 31.12.2020

Forschungsabteilung
Flexibilität und Sicherheit

Leitung:
Prof. Dr. Gerhard Bosch, Dr. Claudia Weinkopf

Bearbeitung:
Dr. Thorsten Kalina