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Themenschwerpunkt: Ewiger Wettstreit

Bunt gemischt oder gleich gestrickt

  • von Ulrike Bohnsack
  • 20.07.2016

Sind heterogene Teams erfolgreicher? Ökonomieprofessor Dr. Joachim Prinz findet überraschende Antworten im Profisport. Von Ulrike Bohnsack (Text). Foto: Fotolia/MBruxelle

Ohne Wettbewerb funktioniert unser Wirtschafts- und Arbeitsleben nicht. Ohne Teamarbeit auch nicht. Nur: Wer soll am besten mit wem…? Bringt es Vorteile, wenn wir unterschiedlich getaktet sind, von demografischen Aspekten wie Alter und Geschlecht bis hin zu persönlichen Begabungen? Oder ist gleich und gleich besser?

Die Frage nach heterogen oder homogen beschäftigt die Forschung schon länger. Natürlich kann ein Team weder absolut das eine noch das andere sein. Das wäre unrealistisch. Schon allein, weil jeder Mensch anders tickt. Vielmehr geht es darum, wie der Mix an Funktionen und Eigenschaften in einer Gruppe sein sollte.

Um es vorwegzunehmen: Bisherige Studien – auch die von BWL-Professor Joachim Prinz – liefern keine eindeutigen Ergebnisse, ob‘s die bunte Mischung macht. Eine erfolgreiche Truppe lässt sich nicht nach Schablone bauen. Es kommt, wie so oft, darauf an: „Auf das Projekt, die Aufgaben, das Ziel. Man schaut, welches Wissen und welche individuellen Fähigkeiten dafür notwendig sind“, skizziert Prinz grob. „Auch die Rollen müssen klar sein, gerade in großen Einheiten. Es nutzt nichts, nur Alphatiere zu haben. Man braucht einen klaren Kapitän, und die anderen arbeiten komplementär zu.“

Eine homogene Gruppe ist unter Umständen weniger schöpferisch und produktiv. Weil man sich zu ähnlich ist, fehlt ein Anreiz. Es droht der Trittbrettfahrer-Effekt: Der eine ruht sich auf Kosten des anderen aus. Neue haben’s schwer. Mögliche Nachteile in diversen Teams: Es dauert, bis man sich eingespielt hat; es kommt schneller zu Reibungen. Man versteht sich nicht, da die Arbeitsweise anders ist, es menschlich nicht passt oder schlichtweg: weil man eine andere Sprache spricht.

Womit wir bei der kulturellen Vielfalt wären. In unserer globalisierten Welt werden die Teams immer internationaler. „Das ist ohne Frage bereichernd. Knowhow, Kreativität und Innovationskraft sind höher“, sagt Prinz. „Aber größere Diversität bedeutet auch größere Kommunikationskosten. Die Firmen müssen die Mitarbeiter/innen mit ihren verschiedenen Eigenschaften integrieren. Nur weil alle Englisch sprechen, versteht der Empfänger nicht zwangsläufig, was der Sender inhaltlich signalisiert.“

Zwar wird gerne behauptet, dass kulturell diverse Teams leistungsfähiger sind, eindeutig belegen lässt sich das nicht. Es ist nämlich schwierig, ihren Erfolg überhaupt zu messen. Außerdem ist die Datenlage dünn, denn Unternehmen rücken Kennzahlen nur bedingt heraus.

Anders im Profisport. Hier ist vieles öffentlich, was sonst unter Betriebsgeheimnis oder Persönlichkeitsschutz fällt, weshalb Joachim Prinz ihn als „wunderbares Experimentierfeld“ sieht. „Die Daten sind sauber und entstehen in Situationen, die sehr komplex und herausfordernd sind. Der Wettbewerb ist für alle gleich: Jeder kämpft zur selben Zeit und zu denselben Bedingungen gegen andere. Es passiert simultan.“

Wie bei der Tour de France – das größte Radrennen der Welt läuft gerade wieder. „Im Radsport ist das Team enorm wichtig, auch wenn nur einer die Lorbeeren einheimst und die anderen acht Wasserträger sind. Alle Fahrer müssen ein breites Spektrum an Fähigkeiten mitbringen.“ Der BWL-Professor hat die Tour von 2004 bis 2013 ausgewertet. Das Ergebnis hat ihn überrascht: „Homogene und heterogene Mannschaften waren gleich gut.“

Weder war das Alter noch die internationale Mischung ausschlaggebend für die Performance. Auch nicht die Erfahrung, schon mal die Tour der Leiden gefahren zu sein. Auf der anderen Seite war es keinesfalls kontraproduktiv, Radprofis mit unterschiedlichen Fähigkeiten in der Equipe zu haben – Sprinter, Kletterer, Zeitfahrer. Die Befürchtung, dass jeder dann versucht, sich selbst in Szene zu setzen, bestätigte sich nicht. „Gut war hingegen, wenn die Fahrer möglichst lange für dasselbe Team aktiv waren.“

Vorteil Radsport: Er funktioniert ohne explizite Sprache. Für Himalaya-Expeditionen gilt das nicht. Mit diesem Extremtrekking befasst sich Prinz seit längerem. „Hier gibt es tolles Material von 5.500 Touren aus über 100 Jahren. Daten zu den Basislagern, zu den etwa 40.000 Bergsteiger/innen.“ Die Auswertung ist noch lange nicht abgeschlossen. Deswegen kann er es nur vermuten: „Erfolgreicher – im Sinne von den Gipfel erreichen und lebend zurückkehren – sind solche Gruppen, in denen sich diverse Erfahrungen, Alter und Nationalitäten versammeln.“ Schon wegen der Größe: Vom Sherpa bis Koch kann ein Team gut und gerne bis zu 60 Personen umfassen.

Wer Personal aus anderen Ländern rekrutiert, um leistungsfähiger zu sein, muss die Zusammenarbeit sehr gut organisieren und sie kommunizierbar machen, betont der 44-Jährige. „Die gemeinsame Sprache reicht nicht, um Missverständnisse zu verhindern. Die Fusion zwischen Daimler und Chrysler beispielsweise schien eine perfekte Sache. Später musste man dann feststellen, dass die Kultur im Management so verschieden war, dass es dauernd krachte. „Im Himalaya, im Schneesturm auf 8.000 Meter Höhe kann es indes lebensbedrohlich sein, wenn man sich falsch versteht.“ Das ist die Kehrseite von Diversity. „Gemischte Teams bringen viel – auch Probleme.“

Und nun? Was tun bei all dem Für und Wider von heterogen bzw. homogen, wenn man eine ideale Crew sucht? Auch aufs Bauchgefühl hören, rät Joachim Prinz: „Es muss menschlich passen.“

Mehr: Prof. Dr. Joachim Prinz,joachim.prinz@uni-due.de

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