© Frank Preuß

Pawel Masarczyk ist als blinder Student zu Gast

Der Mutmacher

  • von Cathrin Becker
  • 12.07.2017

Am Ende der Rasenfläche rechts, fünfzehn Schritte bis zum Hörsaal – Pawel Masarczyk hat seinen eigenen Lageplan vom Essener Campus. Im Kopf. Denn der 23-Jährige aus dem polnischen Gleiwitz ist blind. Sich an der fremden Uni zu orientieren, hat er mit Beginn seines Erasmus-Austauschs trainiert.

Seit neun Monaten ist der Masterstudent hier. „Freunde, die ins Ausland gegangen sind, haben mich inspiriert. Erasmus ist bei Blinden beliebt.“ Eigentlich kommt er von der Uniwersytet Slaski in Kattowitz, im Ruhrgebiet studiert der angehende Anglist weiter – zum Schrecken seiner Eltern. „Sie hielten mich für verrückt“, so Pawel, der als einziger in seiner Familie blind ist. Die Sorgen waren unbegründet.

Dass er nicht am Campus wohnt, sondern in einem entfernteren Studentenwohnheim –kein Problem. „Es gibt einen Pendelbus. Eine kurze Strecke schaffe ich auch ohne Stock.“ Schwieriger wird‘s da schon in den alten Unigebäuden. Sie sind weder barrierefrei, noch haben sie Braille-Schilder oder sprechende Aufzüge. Pawel ist deshalb auf die Hilfe seiner Kommiliton/innen angewiesen – und bekommt sie. Gemeinsam suchen sie seinen Blindenstock, wenn er ihn verlegt hat, oder neue Räume. Auch das Akademische Auslandsamt unterstützt ihn und scannt ihm etwa Bücher ein.

Manchmal fehlt ihm der Austausch mit blinden Kommilitonen. Allein fühlt er sich dagegen nie. Pawel ist Fan von Social Media, in sämtlichen Gruppen aktiv, geht zu Stammtischen des Blindenverbands und trifft sich mit Freunden und Landsleuten. „Es ist immer gut, wenn man die Sprache spricht“, sagt er in fast fehlerfreiem Deutsch. „Das wichtigste ist aber, dass man den Mut hat, nach Hilfe zu fragen. Ich kann das, ich bin nicht schüchtern. Dafür mag ich Menschen zu gern.“

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