IAQ-Bericht zur Einkommensungleichheit

Löhne weiter unter Druck

  • von Claudia Braczko
  • 18.10.2017

Der Dialog zwischen den Tarifpartnern ist in den letzten Jahren wieder in Gang gekommen – die soziale Spaltung damit aber nicht überwunden. Denn es gibt inzwischen große weiße Zonen ohne Tarifverträge und Betriebsräte, und der Anteil von Niedriglöhnen erreichte ein Spitzenniveau in der EU. „Der neue Mindestlohn setzt in diesem Wettbewerb nur eine Untergrenze und kann die Unterspülung besserer Tarifverträge alleine nicht unterbinden“, warnt der Arbeitsmarktexperte Prof. Dr. Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).

Im aktuellen IAQ-Forschungsbericht hat Bosch den Zusammenhang von industriellen Beziehungen und Ungleichheit in Deutschland untersucht. Der so genannte soziale Dialog spielt wieder eine zunehmende Rolle in Deutschland: In vielen Branchen und Betrieben konnten die Gewerkschaften innovative Tarifverträge aushandeln. Es gab gute Kompromisse zwischen den Interessen der Unternehmen und Beschäftigten, etwa mit Arbeitszeitmodellen, die den Unternehmen mehr Flexibilität und den Beschäftigten mehr Wahlfreiheit geben, Beruf und Familie zu vereinbaren. Auch auf betrieblicher Ebene konnte Wegweisendes  abgeschlossen werden. Das zeigt der Forschungsbericht u.a. mit der Fallstudie eines großen Stahlunternehmens, das die Arbeitsbedingungen bei Werkvertragsfirmen verbessert hat.

Die Erfolge des sozialen Dialogs sollten laut Bosch aber nicht den Blick darauf verstellen, dass die Löhne durch die abnehmende Tarifbindung immer mehr zum Wettbewerbsfaktor geworden sind: „Schlechte Löhne verdrängen gute und noch schlechtere die schlechten.“ Dass Minijobs zunehmen und damit die in der Praxis am wenigsten regulierte prekäre Beschäftigungsform, belege die große Energie, mit der Unternehmen ständig Lücken im Lohnsystem suchen. Der Mindestlohn bilde hier nur eine Untergrenze, könne bessere Tarifverträge alleine nicht ersetzen. „Das lässt sich  nur verhindern, indem bestimmte Formen prekärer Arbeit, wie die der Minijobs, eingedämmt werden und eine  Tarifbindung gestärkt wird“, fordert der Arbeitsmarktforscher.

Weitere Informationen: http://www.iaq.uni-due.de/iaq-forschung/2017/fo2017-06.pdf
Prof. Dr. Gerhard Bosch, gerhard.bosch@uni-due.de

Redaktion: Claudia Braczko, Tel. 0157/7128 3308, claudia.braczko@uni-due.de

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