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Was wird jemand, der Koch heißt? Genau!

Name verpflichtet

  • von Julia Uehren
  • 15.08.2019

Wie ein Zylinder sitzt die weiße Mütze auf seinem Kopf; kunstvoll ist das weinrote Tuch um den Hals geknotet, die Schürze fest um den rund­lichen Bauch gebunden. Eine schwarze Jacke hält die breiten Schultern. Der hoch­gewachsene Mann wirkt ein bisschen verloren in den leeren Räumen. Es ist 10 Uhr. Noch geht es in der Großküche gemächlich zu, in 75 Minuten erst beginnt der Ansturm in der Mensa am Essener Campus.

Martin Koch – nomen est omen – ist hier der Chef, auch wenn er selten in der Küche steht. Zumindest nicht am Herd. „Nur, wenn Not am Mann ist – das ist schon ein bisschen schade.“ Viel Büroarbeit wartet stattdessen auf ihn: Waren bestellen, Arbeitsabläufe kontrollieren, Hygienevorschriften dokumentieren, Personal einteilen. „Auch das macht Spaß.“

Kind des Ruhrgebiets

Unüberhörbar: Der Mann mit dem breiten Grinsen und den bedächtigen Antworten ist ein Kind des Ruhrgebiets. Aufgewachsen in Essen-Huttrop „zwischen den ganzen Auto­bahnen“, wie er sagt. Die Mutter Fleischerei­fachverkäuferin, der Vater Elektriker. Der habe – ungewöhnlich für die 1970er Jahre – gerne und oft das Essen zubereitet.

„Ich bin Koch aus Leidenschaft“, sagt der 50-Jährige mit Nachdruck, „seit meinem ersten Tag in der Lehre!“ Dabei wird ihm der Start
damals gehörig versalzen: „Bevor es überhaupt losging im Intercity Restaurant am Hauptbahnhof, hatte ich schon die Kündigung im Briefkasten. Die hatten umgestellt auf Selbstbedienung und durften nicht mehr ausbilden.“

Alles wird gut: In einem beliebten Traditions­lokal lernt Martin Koch das Handwerk. 34 Jahre lang bleibt er anschließend der Gastronomie treu, schnippelt und brutzelt unter Zeitdruck an heißen Herden; oft hat seine Arbeitswoche 60 Stunden. Ein Knochenjob.

Und heute? Genießt Martin Koch geregelte Arbeitszeiten: Sein Tag fängt um 7 Uhr an, Feier­abend ist nicht selten schon um 15.30 Uhr, und die Wochenenden sind frei. „Für mich ist das purer Luxus“, sagt er und betont, dass die Arbeit in der Mensa sich nicht sonderlich von der in einem Restaurant unterscheidet. „Die Mengen sind anders und die Garzeiten natürlich auch – klar, bei so vielen Portionen.“ Immerhin verlassen hier täglich 3.000 Essen die Küche. Aber das Handwerk sei dasselbe. Alle Gerichte werden frisch zubereitet, und „die Qualität kann durchaus mithalten“.

Immer neue Ideen

Kreativ zu sein und im Team zu arbeiten, war für ihn ein Grund, Koch zu werden. Beides finde er auch in seiner jetzigen Position: „Wenn wir Küchenleiter aus den Mensen des Studierendenwerks zusammensitzen, haben wir immer tausend Ideen, was wir an spannenden Gerichten anbieten können.“ So gab es schon eine Aktionswoche mit täglich wechselnden Burgern. Ernährungstrends werden aufgegriffen, sämtliche Suppen und Beilagen sind vegan, Reis und Nudeln haben Bio-Qualität.

Jüngstes Konzept: Zutaten aus Nordrhein-Westfalen. Dabei arbeitet das Team für die Hauptzutaten ausschließlich mit Zulieferern aus der Region. „Unter anderem beziehen wir Fleisch vom Duroc Schwein aus dem Münsterland. Was die Qualität und den Geschmack angeht, ist das was ganz Besonderes“, freut sich Martin Koch.

Hat er eigentlich ein Vorbild? Er schweigt. Vielleicht Tim Mälzer oder Alfons Schubeck? „Um Gottes Willen nein, bloß nicht Tim Mälzer! Schubeck mit seinen Gewürzen, klar, das ist ’ne Koryphäe ..., aber nee, der ist für mich auch kein Vorbild.“

Nicht dass Martin Koch Berührungsängste mit Prominenten hätte: Fernsehkoch Stefan Marquard und Sternekoch Sascha Stemberg waren schon zu Besuch in der Mensa des Studierendenwerks – um für die Gäste zu kochen und um Workshops für das Küchenteam zu geben. „Das war echt toll.“

Auf dem Bike durch Nepal

Kulinarisch inspirieren lässt er sich auf seinen Reisen durch Nepal. Ins südasiatische Königreich im Himalaya begleitet Motorradfan Koch regelmäßig seinen Schwager. Der organisiert dort kleine Biker-Touren. „Wir zeigen den Jungs Land und Leute, ein bisschen Kultur machen wir auch“, sagt Martin Koch. „An der nepalesischen Küche interessiert mich besonders die Vielfalt der vegetarischen Gerichte und natürlich die vielen Gewürze und ihre Kombinationsmöglichkeiten. Auch die Eintöpfe mit Kicher­erbsen werden bei uns in der Mensa gerne gegessen.“

Die Trips in die Ferne sind ein exotischer Kontrapunkt in Martin Kochs Leben. Bodenständig und heimatverbunden ist er ansonsten. Häufig geht es am Wochenende mit dem Camping­wagen gen Niederrhein und dann mit dem Kanu aufs Wasser.

Nach Feierabend, endlich, schwingt der Mann dann doch den Kochlöffel. „Die Zutaten sind immer frisch“, sagt er. Er steht auf Hausmannskost. Auf Kohlrouladen zum Beispiel, sein Lieblingsgericht.

 

Zur Person:
Martin Koch (50) ist Essener durch und durch. Seine Ausbildung zum Koch machte er in einem Traditionslokal seiner Heimatstadt. Danach arbeitete er viele Jahre in Hotels und gehobenen Restaurants der Region, u.a. als stellvertretender Küchenchef. Seit 2017 leitet er die Essener Mensaküche.

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