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Aus der Reihe "hin & weg"

Deutschland. Kein Wintermärchen

  • von Cathrin Becker
  • 24.01.2020

David Pappalardo fühlt sich wohl im Ruhrgebiet.

Die winterlichen Temperaturen machen David Pappalardo zu schaffen. „Neulich war ich erkältet und habe mit meiner Mutter telefoniert. Sie meinte, bei ihnen sei es auch kalt. 16 Grad! Meine Antwort: Tuut, tuut, tuut“, lacht er und legt den imaginären Telefonhörer auf. Kein Wunder, wenn man aus Syrakus an Siziliens Ostküste stammt.

Im Catania studiert der 24-Jährige Anglistik und Germanistik. Es ist ihm wichtig, die Sprache, die er fast perfekt beherrscht, vor Ort zu sprechen. 2017 war er mit Erasmus schon ein Semester in München. „Das war gut, aber mein Portemonnaie hat geweint.“ Auch seien die Leute unnahbarer gewesen. „Hier sprechen meine Kommilitonen gern mit mir.“

Dass er an der UDE zwischen mündlicher Prüfung, Klausur und Hausarbeit wählen kann, dass es Gruppenarbeit und Diskussionen gibt, gefällt ihm: „In Italien musst du zwei Wälzer lesen, und sie fragen dich, was du zu Seite 457 sagen kannst.“

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„Die langen deutschen Wörter werden mir fehlen.“
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Das Ruhrgebiet mag er. „Es ist industriell, aber grün. Viele interessante Städte sind schnell zu erreichen.“ Außerdem freut er sich, dass hier viele Zugezogene leben. „Bei uns gibt es nur Touristen und Einheimische.“ Dennoch entwickle sich seine Heimatstadt gut, sagt David Pappalardo. Es gebe mehr Hotels und Restaurants und damit neue Jobs. Die seien für junge Menschen im wirtschaftsschwachen Sizilien rar. Deutschland findet er aber viel innovativer. „Bei uns wird Veränderung als Bedrohung empfunden, das muss am Katholizismus liegen.“

Geht es um Mentalität und Essen, kommt ganz der Italiener durch. „Die Deutschen sind so ruhig. Und was ist das Gericht im Ruhrgebiet? Man sagt Currywurst, aber die kann man doch überall essen!“ Pizzolo, eine Art doppelte Pizza, die mit Ricotta gefüllten Cannoli vermisst der fröhliche Gaststudent. „Auch das Meer, meine Familie, Freunde und meine Sprache zu sprechen.“

Doch er weiß: Wenn er im Sommer nach Sizilien zurückkehren wird, „wird mir Deutsch mit den langen Wörtern und den Konsonanten fehlen.“ David Pappalardo lacht. Was kommt nach dem Masterabschluss? „Ich träume davon, Dolmetscher zu sein, aber der Kurs dafür ist teuer.“ Seine Alternative: Deutsch- und Englischlehrer werden.

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hin & weg

Wenn einen das Fernweh packt, muss man gehen – oder kommen.
In unserer Reihe porträtieren wir Studierende und Beschäftigte.

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