Friedensgutachten vorgestellt

Friedlichen Protest unterstützen

  • von Ulrike Bohnsack
  • 16.06.2020

In der Corona-Krise nehmen humanitäre Notlagen zu, Gewaltkonflikte können sich verschärfen. Das ist die eindringliche Warnung des diesjährigen Friedensgutachten, das am 16. Juni in Berlin vorgestellt wurde. „Im Schatten der Pandemie: letzte Chance für Europa“ heißt die gemeinsame Publikation der führenden deutschen Friedensforschungsinstitute. Zu ihnen gehört das Institut für Entwicklung und Frieden (INEF) der UDE. Die Autoren fordern die deutsche und europäische Politik dazu auf, trotz der Pandemie andere wichtige, globale Themen nicht aus den Augen zu verlieren.

Das INEF hat das Kapitel „Nachhaltiger Frieden“ koordiniert. Darin geht es um Chancen und Risiken von Massenprotestbewegungen, die seit einer Dekade die Politik weltweit in Aufruhr versetzen. „Nicht zuletzt zeigen die Proteste nach dem gewaltsamen Tod von George Floyd in Minneapolis, wie zerbrechlich der innergesellschaftliche Frieden selbst in westlichen Industriestaaten ist. Sie verdeutlichen darüber hinaus, welches Potenzial für Veränderungen sie haben,“ so die Autoren.

In vielen Ländern unterdrücken Regierungen die gesellschaftlichen Auseinandersetzungen und sorgen so für Eskalation. Doch das Friedensgutachten nennt auch Erfolgsbeispiele. Dabei stechen die Anti-Regime-Proteste heraus, die oft einen positiven Einfluss auf die demokratische Entwicklung der Länder haben  – etwa in Algerien und im Sudan. Hier konnten die Demonstrationen jeweils erfolgreich dazu beitragen, dass eine langjährige autoritäre Herrschaft ihr Ende fand. Beide Länder zeigen auch, wie schwach die demokratische Teilhabe abgesichert ist.

Wie sollte man mit den weltweiten Protesten gegen politische Systeme umgehen? Das Friedensgutachten fordert von der deutschen Politik klare strategische Leitlinien, wie sie sich hierzu positionieren wird. Die Autoren appellieren an die Bundesregierung, bei autoritären Staaten nicht auf Regimestabilisierung zu setzen, sondern der wachsenden Repression entgegenzuwirken. Sie sagen: „Länder, in denen gewaltfreie Massenbewegungen erfolgreich waren, brauchen politische Unterstützung und unbürokratische finanzielle Hilfen. Dazu können auch Umschuldungsmaßnahmen gehören.“

Das Friedensgutachten erscheint seit 1987. Es untersucht internationale Konflikte und gibt der Politik klare Empfehlungen. Seit dem Jahr 2000 ist das INEF Mitherausgeber.

Weitere Informationen:
www.friedensgutachten.de
Twitter: @PeaceReport #friedensgutachten2020
Dr. Johannes Vüllers, INEF, johannes.vuellers@inef.uni-due.de

Zurück