Blick von oben auf den Seilroboter. Er hat die ersten Mauerreihen geschafft.
© UDE/Frank Preuß

Ein Seilroboter wird zum Kumpel

Bit für Bit, Stein auf Stein

  • von Ulrike Bohnsack
  • 21.03.2022

Was schwebt über der Baustelle, mauert und schleppt Steine? Der Seilroboter des Mechatronik-Lehrstuhls – er hatte Weltpremiere.

Was ist das denn? Keine wirbelnden Roboterarme, kein wuchtiges Metallgehäuse. Stattdessen: ein Gerüst groß wie ein Haus, daran kreuz und quer verspannte Kunststoffseile. Sie bewegen einen kompakten, würfelförmigen Rahmen mit Greifer. Dieser trägt gerade einen Stein durch die Halle und platziert ihn auf einer Mauerreihe. Das Ding hier soll also ein Haus bauen können?

Es kann!
Zumindest in der Theorie.

Der Seilroboter, geht er denn in Serie, dürfte die Bauindustrie revolutionieren. Aus handelsüblichem Kalksandstein soll er bald in einem Tag eine ganze Etage von etwa 50 m2 mauern und auch andere Arbeiten übernehmen: bemörteln, Steine unterschiedlicher Formate versetzen, Stürze einziehen. Und er wird noch mehr lernen, betont Professor Tobias Bruckmann, der die Arbeitsgruppe koordiniert., . „Unser Ziel ist es, dass er mehrere Etagen übereinander schafft und schneller arbeitet als jetzt.“

Noch ist Kumpel Roboter nämlich sehr gemütlich unterwegs. Dafür ist er standfest und stark – 100 Kilo kann er schleppen –, präzise dank etlicher Sensoren und leise: Nur ein feines Sirren ist zu hören, wenn er rackert. Modernste Antriebstechnik halt. Die Seile werden über computergesteuerte Winden auf- und abgewickelt. Bruckmann lächelt. „Der Clou aber ist das.“ Er öffnet einen Metallschrank, zeigt auf eine Kiste, groß wie ein halber Schuhkarton. „In der Steueranlage steckt die Intelligenz.“

Seit fast 20 Jahren erforscht der Lehrstuhl, wo Seilroboter in der Industrie angewendet könnten und entwickelt entsprechende Demonstratoren. „Im Bauwesen dagegen ist das meiste noch menschzentriert, erst seit wenigen Jahren wird digital geplant“, sagt der Ingenieur. Er ist überzeugt, dass die Automatisierung auch in dieser Branche Berufe verändern und Tätigkeiten angenehmer machen wird. Werden nicht händeringend Fachkräfte gesucht? „Unser Seilroboter übernimmt körperlich anstrengende Aufgaben, kann auch nachts arbeiten, und die Qualität ist hoch.“ Wo bleibt dann der Mensch? „Den wird’s auf der Baustelle weiter geben. Zum Auf- und Abbauen des Roboters, bei Überwachung und Wartungsaufgaben – da wird er künftig gebraucht. Statt Maurerkelle sind dann Schraubenschlüssel und PC seine Werkzeuge.“

Mehr:
Zwei Jahre haben die UDE-Teams (Mechatronik sowie Baubetrieb & Baumanagement) an diesem Prototyp getüftelt. Partner waren außerdem das Institut für Angewandte Bauforschung Weimar und die Forschungsvereinigung Kalk-Sand. Fördergelder flossen vom Land und von der AiF. Teile der Erfindung sind bereits patentiert.
Der Seilroboter im Video

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