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Premiere bei Sternenbeobachtung

Erster Schnappschuss eines Scheibenwinds

  • von Thomas Wittek
  • 16.08.2022

Ein internationales Team von Astrophysikern hat zum ersten Mal direkt die Stromlinien eines Scheibenwinds beobachtet. Diese Teilchenströme bilden sich rund um Schwarze Löcher oder neu entstehende Sterne, um die Materie wie Gas und Staub in einer Scheibe rotiert und ins Zentrum transportiert wird. An der Studie war der UDE-Physiker Prof. Rolf Kuiper maßgeblich beteiligt. Die Ergebnisse hat jetzt die Fachzeitschrift Nature Astronomy veröffentlicht.

Viele Objekte im All – von supermassereichen Schwarzen Löchern bis hin zu Gasplaneten – sind während ihrer Entstehung von einer Scheibe aus Staub und Gas umgeben, der sogenannten Akkretionsscheibe. Gleichzeitig stoßen sie gewaltige Teilchenströme aus, die Jets. Dass bei diesem Prozess durch die Rotations- und Gravitationskräfte magnethydrodynamische Winde entstehen, hatte man theoretisch bereits in den 1980er Jahren verstanden. Eine direkte Beobachtung ist aber erst jetzt geglückt.

Die neue Studie zeigt erstmals in direkter Ansicht das Geschwindigkeitsfeld eines Scheibenwinds um einen neu entstehenden massereichen Stern. Möglich wurden die Beobachtungen durch den Zusammenschluss von 26 Radioteleskopen, die rund um den Globus verteilt sind.*

Kuiper simulierte zusammen mit seinem Doktoranden André Oliva von der Universität Tübingen die Entstehung eines massereichen Sterns mit numerischen Modellen: „Unsere Simulationen zeigten, wie sich um den jungen Stern und aus der Akkretionsscheibe Jets bilden“, berichten sie. Diese Abläufe wurden mit den Messdaten verglichen. „Die Stromlinien aus unserer Simulation stimmen mit den Bewegungsmustern aus den Daten sowie mit Beobachtungen aus früheren Untersuchungen zur Entstehung der großskaligen Jets genau überein. Das zeigt, dass unsere theoretischen Berechnungen auch künftig eine realistische Grundlage bilden für die Untersuchung der Wechselwirkung von Jets mit ihrer stellaren Geburtsumgebung.“

* Das Very Long Baseline Interferometry (VLBI)-Netzwerk besteht aus 26 Radioteleskopen, die über Europa, Asien und die USA verteilt sind und ein gigantisches Teleskop mit dem Durchmesser der Erde nachahmen können.

Publikation:
L. Moscadelli, A. Sanna, H. Beuther, G.A. Oliva and R. Kuiper: Snapshot of a magnetohydrodynamic disk wind. Nature Astronomy, https://doi.org/10.1038/s41550-022-01754-4

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Rolf Kuiper, Astrophysik, Tel. 0203/37 9-2816, rolf.kuiper@uni-due.de

Redaktion: Dr. Thomas Wittek, Tel. 0203/37 9-2430, thomas.wittek@uni-due.de

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