PD Dr. Filiz Özkan
© Filiz Oezkan

Warum ich forsche: Filiz Özkan

Das Immunsystem verstehen

Lungenkrebs ist weltweit die tödlichste Krebsart. Die Überlebenschance der Betroffenen zu verbessern, ist das große Ziel von Privatdozentin Dr. Filiz Özkan. Sie ist Oberärztin und interventionelle Pneumologin an der Ruhrlandklinik. Knapp vier Jahre war sie an der Ohio State University (USA) und hat mit Professor David Carbone translationale Untersuchungen der weltweit größten Studie zur neoadjuvanten Immun-Monotherapie bei Patient:innen mit Lungenkrebs geleitet. Worum es geht und was sie antreibt, erzählt sie im Interview.

Was erforschen Sie?
Mich interessiert, wie Immuntherapien funktionieren. Sie sind bei vielen Krebsarten erfolgreich, bei Lungenkrebs schlagen sie bei 80 Prozent der Patient:innen nicht so gut an, und man weiß nicht genau, warum.

„Neoadjuvant“ bedeutet, dass die Immuntherapie vor einer Operation des Lungenkrebses stattfindet. Anhand von vor und nach einer neoadjuvanten Immuntherapie analysierten Blut-, Lymphknoten und Tumorproben ist es möglich genauer zu untersuchen, warum manche Patient:innen ansprechen und andere nicht; dabei interessieren mich als interventionelle Pneumologin vor allem die Lymphknoten, da hier die Immunantwort ausgelöst wird. Als interventionelle Pneumologin nehme ich im Rahmen der Diagnostik jeden Tag Lymphknotenproben bei Patient:innen mit Lungenkrebs.

Was treibt Sie bei Ihrer Arbeit an?
Ich sage Patient:innen jeden Tag, dass sie Lungenkrebs haben, oft auch schon in einem Stadium, wo nicht mehr operiert werden kann. Schon als Assistenzärztin hatte ich das Gefühl, etwas tun zu müssen, das „practice-changing“ ist, also wirklich etwas bewirkt.

Dazu gehört für mich, die Dinge immer auch aus einer anderen fachlichen Perspektive zu betrachten. Ich bin weltweit eine der ganz wenigen interventionellen Pneumolog:innen, die in der translationalen Tumorforschung aktiv ist, und hatte und habe die große Chance, in den USA von einem der führenden Krebsforscher lernen zu können, Professor David Carbone.

Welche war Ihre bislang wichtigste Entdeckung?
Gute Forschung ist immer Team-Work. Unsere bisher spannendste Entdeckung war im Rahmen dieser Studie*. Patient:innen wurden zweimal mit dem Wirkstoff Atezolizumab behandelt. Es ist bekannt, dass dieser die Anti-Tumor-Immunität verstärkt. Aber warum, ist noch nicht verstanden. Wir haben daher von den Patient:innen vor und nach der Therapie Immunzellen im Blut, Lymphknotenmaterial und Tumorgewebe untersucht. Dabei haben wir entdeckt, dass auch Zellen des angeborenen Immunsystems eine wichtige Rolle beim Ansprechen auf diese Therapie spielen. Und das war vorher überhaupt nicht bekannt. Bisher hatte man angenommen, dass vor allem das erworbene Immunsystem bestimmt, ob eine Immuntherapie Erfolg hat.

Sie sind eine der wenigen Forscherinnen in ihrem Fach …
Ja, das ist leider noch etwas Besonderes. Woran es liegt? Schwer zu sagen. Ein Punkt könnte sein: Frauen bewerten sich häufig zu kritisch, das sieht man schon beim Publizieren. Ich mache mich daher in der Klinik hier, in der Lehre an der UDE und auch auf internationaler Ebene stark dafür, auch Frauen für eine Wissenschaftskarriere zu begeistern.

Es wäre schön, wenn sich die Strukturen etwas ändern könnten: Ich habe in Amerika die Erfahrung gemacht, dass Forschung als „Arbeit“ bewertet wird, und hier in Deutschland noch eher als „Hobby“, das man ja auch in seiner Freizeit oder nebenher erledigen kann. Aber es gibt noch viel Arbeit zu tun, um Lungenkrebs tatsächlich zu heilen.

* Neoadjuvant atezolizumab for resectable non-small cell lung cancer: an open-label, single-arm phase II trial: https://www.nature.com/articles/s41591-022-01962-5

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