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Amerikastudien

Städte im Wandel

  • von Julia Weiler
  • 06.10.2017

Nicht nur Gebäude, Straßen und Läden verändern sich im Lauf der Zeit, auch die Menschen, ihr Identitätsgefühl und ihre urbanen Vorstellungen und Träume. Wie sich imaginäre Bilder von US-amerikanischen Städten entwickeln, was den immerwährenden Wandel von urbanen Räumen beeinflusst und wie Vorstellungen und Geschichten auf den Stadtwandel und die Stadtplanung zurückwirken, wurde im Projekt „Urban Transformations“ des Ruhr Center of American Studies untersucht.

Im Center kooperieren Amerikanist/innen der drei Ruhrgebietsuniversitäten in Bochum, Dortmund und Duisburg-Essen. Das Bochumer Wissenschaftsmagazin Rubin beschreibt die Ergebnisse des Projekts, die auch in einem Sammelband erschienen sind.

Unterschätzte Kultur

Urbane Transformationsprozesse lassen sich zum Beispiel in Chinatowns nachvollziehen, etwa in New York oder San Francisco. In ihrer Doktorarbeit an der Ruhr-Universität Bochum analysierte Selma Siew Li Bidlingmaier, wie vielfältig und kontrovers diese Orte in der Literatur beschrieben werden. Historisch gesehen waren Chinatowns zunächst als Ausschlussräume gedacht. Nicht nur in Stadtplänen und Regularien, sondern auch in vielen literarischen Texten wurde die kulturelle Andersartigkeit dieser Bezirke betont.

Weiße Autoren mystifizierten Chinatowns als Orte, in denen der exotische Orient mitten in den USA erlebbar wurde. So wurden sie zu Vergnügungsorten, die Leute von außerhalb anzogen. Bidlingmaier wies nach, dass sich in Chinatowns eine eigenständige Kultur entfaltete, die lange Zeit in der Forschung unterschätzt wurde. Ihr Fazit: Heute, in einer Zeit, in der viele Amerikaner chinesischer Herkunft längst außerhalb der Chinatowns leben, sollten ihre Vorfahren nicht länger nur als Opfer weißer Segregation, sondern auch als Schöpfer ihrer eigenen Kultur begriffen werden, die ihre Wurzeln auch in Chinatown hat.

Sklaven in New York

Die Wurzeln afroamerikanischer Geschichte in New York gehen weit zurück. Zentrale Gebiete der Stadt wurden erstmals von afrikanischen Sklavinnen und Sklaven bebaut und bewohnt. Ein lange verschollenes Relikt dieser Zeit tauchte 1991 während der Arbeiten für ein Bürohochhaus in Lower Manhattan auf: eine afrikanische Begräbnisstätte.

Die afroamerikanische Gemeinde erwirkte gemeinsam mit anderen geschichtsbewussten New Yorkern, dass vor dem Bau des Gebäudes Ausgrabungen erfolgen konnten. Auf einem kleinen, bis heute unbebauten Teil des Areals entstand ein Denkmal. Mit dem African Burial Ground National Museum sowie anderen afroamerikanischen Erinnerungsräumen in New York befasste sich Doktorandin Tazalika te Reh während ihrer Promotion an der Technischen Universität Dortmund.

Deutsch-amerikanische Einwanderungsgeschichte

Eine Arbeit an der Universität Duisburg-Essen beschäftigte sich mit der deutsch-amerikanischen Einwanderungsgeschichte. Im New York des 19. Jahrhunderts war die deutsche Gemeinschaft etabliert und geschätzt, was sich durch die Weltkriege änderte. Insa Neumann untersuchte in ihrer Promotion, wie es den Deutschen dennoch gelang, ihre Identität als Amerikaner mit deutschen Wurzeln auf gewissen Ebenen zu erhalten. Sie identifizierte öffentliche, halb-öffentliche und nicht-öffentliche Anlässe, mit denen sie ihre deutsche Herkunft wach hielten.

Die deutsch-amerikanische Identität wurde zwar nach den Weltkriegen nie wieder so sichtbar, wie es 70 bis 80 Jahre zuvor gewesen war. Aber sie blieb erhalten und trug zu der steigenden Diversität und zum sozial und wirtschaftlich motivierten Wandel in New York City bei.

Weitere Informationen:
http://news.rub.de/wissenschaft/2017-10-05-amerika-staedte-im-wandel

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