Verzahnte Moleküle
© UDE/Jochen Niemeyer

Verzahnte Moleküle für hohe Produktselektivität

Verflochtene Katalysatoren

  • von Birte Vierjahn
  • 25.09.2020

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Sie sind unzertrennlich, aber nicht starr verbunden: Verzahnte Moleküle sind erst seit Kurzem bekannt und können etwa aussehen wie zwei verbundene Kettenglieder oder ein Ring an einer beidseits geschlossenen Achse. Chemiker vom Center for Nanointegration (CENIDE) der Universität Duisburg-Essen (UDE) haben sie nun erstmals erfolgreich als kooperative Katalysatoren getestet. Gleich zwei renommierte Fachmagazine berichteten.

Heutzutage werden über 90 Prozent aller chemischen Produkte mit Hilfe von Katalysatoren hergestellt, die Entwicklung neuer katalytisch aktiver Systeme ist daher ein hochaktuelles Forschungsgebiet. Ein besonders vielversprechender Ansatz ist dabei die kooperative Katalyse, bei der zwei aktive Einheiten zusammenwirken, um eine Reaktion zu steuern.

Das Team von PD Dr. Jochen Niemeyer aus der Organischen Chemie hat nun erstmals verzahnte Moleküle für diese Anwendung untersucht. Für die Herstellung solcher hochkomplexen Moleküle, die nicht direkt verbunden, aber dennoch untrennbar verknüpft sind, wurde erst 2016 der Nobelpreis für Chemie vergeben.

Niemeyers Gruppe stellte Catenane (Kettenglieder) und Rotaxane (Ring auf Achse) her und brachte jeweils auf beiden Komponenten aktive Zentren an. Es stellte sich heraus, dass diese Anordnung optimale Voraussetzungen für die kooperative Katalyse bietet: Die Komponenten können sich auf diese Weise im Verlauf der Reaktion anpassen und ihre aktiven Zentren optimal positionieren. „Wie ein Schraubenschlüssel, der sich selbst einstellt“, formuliert es Niemeyer.

Reine Produkte durch aktive Anpassung

Catenane und Rotaxane zeigten beide eine hohe Produktselektivität, die ohne die verflochtene Struktur nicht zu beobachten ist – ein entscheidender Vorteil zum Beispiel für Branchen wie die Pharmaindustrie. „Denn das bedeutet, dass sich ein einziges, reines Produkt ergibt, keine Mischung“, erklärt der Chemiker.

Theoretische und spektroskopische Studien zusammen mit den Arbeitsgruppen von Prof. Stefan Grimme aus Bonn und Prof. Ruth Gschwind aus Regensburg bestätigten das kooperative Verhalten. Die Ergebnisse wurden in gleich zwei Fachartikeln in „Angewandte Chemie International Edition“ und „Chemical Science“ veröffentlicht.

Niemeyers Gruppe will nun erforschen, ob und wie sich verzahnte Moleküle mit mehreren aktiven Zentren anwenden lassen, um möglicherweise mit einem Katalysatormaterial unterschiedliche Reaktionen mit verschiedenen, aber jeweils hochreinen Produkten zu verwirklichen.

Im Bild:
Schematische Darstellung der untersuchten verzahnten Moleküle. Durch die flexible Verbindung der beiden Komponenten kann sich die Form des aktiven Zentrums während der Reaktion anpassen.

Originalveröffentlichungen:
N. Pairault, H. Zhu, D. Jansen, A. Huber, C.G. Daniliuc, S. Grimme, J. Niemeyer
“Heterobifunctional Rotaxanes for Asymmetric Catalysis”
Angew. Chem. Int. Ed. 2020, 59, 5102 –5107
https://doi.org/10.1002/anie.201913781

D. Jansen, J. Gramüller, F. Niemeyer, T. Schaller, M.C. Letzel, S. Grimme, H. Zhu, R.M. Gschwind, J. Niemeyer
„What is the role of acid–acid interactions in asymmetric phosphoric acid organocatalysis? A detailed mechanistic study using interlocked and non-interlocked catalysts“

Chem. Sci. 2020, 11, 4381-4390
https://doi.org/10.1039/D0SC01026J

Weitere Informationen:
PD Dr. Jochen Niemeyer, Organische Chemie, Tel. 0201/18 3-3148, jochen.niemeyer@uni-due.de

Redaktion: Birte Vierjahn, Tel. 0203/37 9-8176, birte.vierjahn@uni-due.de

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