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Studie mit Lehramtsstudierenden

Gleiche Leistung, unterschiedliche Empfehlung

  • von Cathrin Becker
  • 07.04.2022

Oft werden Empfehlungen für die weiterführende Schule als unfair empfunden – von Schülerinnen und Schülern mit Roma-Hintergrund möglicherweise zu Recht. Forschende der UDE haben in einer gerade veröffentlichten Studie* herausgefunden, dass angehende Lehrkräfte Rom*nja tatsächlich bei den Bildungsempfehlungen benachteiligen.

Dr. Sauro Civitillo, Francesca Ialuna, Dwayne Lieck und Prof. Philipp Jugert vom Institut für Psychologie haben dazu mit 206 Lehramtsstudierenden von Hochschulen im Ruhrgebiet eine Online-Studie durchgeführt: Sie baten die angehenden Lehrkräfte, die in einer zufälligen Reihenfolge vorliegenden Profile von 22 fiktiven Schülern (6 Roma, 6 Türkeistämmige, 10 ohne Migrationsgeschichte) weiterführenden Schulen zuzuordnen. In den Profilen war die ethnische Zugehörigkeit benannt. Alle einte jedoch im Mittel das schulische Leistungsniveau – ein Gruppenunterschied in den Empfehlungen deutet also auf eine ethnische Diskriminierung hin.

„Wir konnten feststellen, dass fiktive männliche Schüler mit Roma-Hintergrund bei gleichem Leistungsprofil eine schlechtere Empfehlung für die weiterführende Schule erhalten als türkischstämmige oder Schülern ohne Migrationsgeschichte“, erklärt Civitillo. Lehramtsstudierende befürworteten bei Roma-Profilen am häufigsten die Hauptschule. Am zweithäufigsten war das bei türkeistämmigen Kindern der Fall. Bei den Gymnasialempfehlungen zeigte sich das gleiche Muster, allerdings umgekehrt. So wurde deutschen Schülern ohne Migrationsgeschichte am häufigsten der Besuch eines Gymnasiums nahegelegt, gefolgt von türkeistämmigen Schülern und Rom*nja.

„Aufgrund unserer Ergebnisse empfehlen wir, dass von Anfang an sichergestellt wird, dass die Lehrkräfte romafeindliche Vorurteile erkennen und verhindern. Auch sollten die Curricula Informationen über die Gruppe der Roma und Sinti, ihre Herkunft und ihre Verfolgung während der NS-Zeit enthalten“, so Civitillo. Den angehenden Lehrkräften müsse die Variabilität und Heterogenität dieser Gruppe aufgezeigt werden, gängigen Stereotypen könne mit Beispielen bekannter Roma- und Sinti-Persönlichkeiten wie dem Politiker Romeo Franz oder der Sängerin Marianne Rosenberg entgegengetreten werden.

Aktuell analysiert das Team aus der UDE-Psychologie, welche Effekte eine solche ethnische Diskriminierung auf Psyche und schulische Leistungen betroffener Kinder hat. Erste Ergebnisse zeigen, dass nicht nur die Leistungen im Unterricht leiden, sondern auch das psychologische Wohlbefinden der Schülerinnen und Schüler.

*Gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) über das Panel Nationaler Diskriminierungs- und Rassismusmonitor (NaDiRa).

Weitere Informationen:
Do infrahumanization or affective prejudice drive teacher discrimination against Romani students? A conceptual replication of Bruneau et al. (2020) in Germany. Peace and Conflict: Journal of Peace Psychology. (Link zur Veröffentlichung)
Dr. Sauro Civitillo, Interkulturelle Psychologie – Migration und Integration, Tel. 0201/18 3-5763, sauro.civitillo@uni-due.de

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