Granulen mit Anammox-Bakterien aus der Kläranlage, in der UDE-Forschende eine neue Gattung gefunden haben.
© Martin Denecke

Abwasserreinigung durch Bakterien

Neue Putzteufel gefunden

  • von Dr. Alexandra Nießen
  • 10.11.2022

Abwasser reinigen mit geringerem Energieeinsatz: Neu entdeckte Bakterien sollen das möglich machen. Ein internationales Team um Professor Martin Denecke (Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft) hat sie gefunden. Publiziert sind die Ergebnisse in der Fachzeitschrift Water Research*.

Bakterien helfen, Schadstoffe im Abwasser abzubauen. Zu den problematischen gehören Stickstoffverbindungen, die in Gewässern zur Überdüngung führen. Das Standardverfahren – die sogenannte Nitrifikation mit anschließender Denitrifikation – hat sich beim Säubern bewährt. Der Nachteil: der hohe Einsatz von Energie, der beispielsweise für die Belüftung des Abwassers benötigt wird. Zudem verringert das Verfahren die Gasausbeute in den Faulbehältern.

Eine alternative Lösung ist die sogenannte Anaerobe Ammonium Oxidation (ANAMMOX). Das Verfahren ist relativ jung und wird auch von der Gruppe um Martin Denecke intensiv erforscht. „Wir haben schon vor etwa zehn Jahren gezeigt, wie ANAMMOX-Bakterien Stickstoff im Abwasser einer Kläranlage im Ruhrgebiet ohne das Standardverfahren abbauten. Einiges konnten wir aber nicht erklären. Die ANAMMOX-Bakterien bauten den Stickstoff fast zu 100 Prozent ab. Obwohl noch immer Sauerstoff in den Reaktoren war. Und Sauerstoff ist Gift für die bekannten ANAMMOX-Bakterien, die alle aus der Urzeit unserer Erde stammen“, so der UDE-Professor.

Was tun? Denecke und sein Team gingen neue Wege. Mit Erfolg! Die ersten Sequenzanalysen zeigten ihnen dann etwas Unbekanntes. Zusammen mit der University of Hongkong haben sie nun den „Unbekannten“ beschrieben. Es handelt sich um eine neue Gattung von Anammox-Bakterien mit dem vorläufigen Namen „Candidatus Loosdrechtia aerotolerans“.

Woher rühren die variablen Lebensgrundlagen der Loosdrechtia aerotolerans-Bakterien? Den Grund sehen Dr. Mohammad Azari (UDE/Karlsruher Institut für Technologie) und seine chinesischen Kolleg:innen unter anderem im Enzym Bilirubin Oxidase, das den Sauerstoff in den Bakterienzellen abbaut und ihnen damit einen Vorteil verschafft. Zugleich ermöglicht ihnen das Enzym „Nitratreduktase“ einen besonders gründlichen Stickstoffabbau. „Bevor die neue Gattung aber von den Abwasseringenieuren in den Kläranlagen eingesetzt werden kann, ist noch einige interdisziplinäre Forschung nötig.“ Diese überlässt Denecke dem wissenschaftlichen Nachwuchs, denn er ist seit Oktober im Ruhestand.

Beteiligt an der Studie waren neben der UDE weitere acht wissenschaftliche Einrichtungen in Asien und Europa.

* Yang, Y. et al.: ‚Discovery of a new genus of anaerobic ammonium oxidizing bacteria with a mechanism for oxygen tolerance’, in: Water Research 226, 1 November 2022
https://doi.org/10.1016/j.watres.2022.119165

Im Bild: Granulen mit Anammox-Bakterien aus der Kläranlage, in der die neue Gattung gefunden wurde. Ein Foto des „Candidatus Loosdrechtia aerotolerans“ in Reinform gibt es noch nicht.

Weitere Informationen:
Prof. Dr. Martin Denecke, Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft, martin.denecke@uni-due.de

Redaktion: Alexandra Nießen, Tel. 0203/37 9-1487, alexandra.niessen@uni-due.de

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