© UDE/Schumann

Warum ich forsche: Julian Enß

Faszination unter Wasser

Julian Enß hat schon als Kind im Bach die Vielfalt der Lebewesen bestaunt – heute forscht er in der Aquatischen Ökologie, ist Mitglied im Zentrum für Wasser- und Umweltforschung (ZWU) und bringt auch Nicht-Wissenschaftler:innen die wasserbewohnenden Arten näher.

Was erforschen Sie?
Ich untersuche, wie sich Insekten und andere kleine Tiere in Bächen und Flüssen verbreiten, sei es als Larven oder als erwachsene Tiere. Dabei interessiert mich vor allem, wie weit sie schwimmen oder fliegen können und wie zum Beispiel ihre Größe, ihr Geschlecht oder die Lebensbedingungen in ihrem Habitat, diese Distanzen beeinflussen. Meine Forschungsergebnisse könnten in Zukunft helfen, Gewässerrenaturierungen besser zu planen, damit diese Tiere schneller und einfacher zurückkehren können.

Was fasziniert Sie an der Aquatischen Ökologie?
Meine Begeisterung stammt aus meiner Kindheit: Das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin, liegt an einem Bach. Schon damals war ich fasziniert davon, welche Lebewesen in so einem kleinen Gewässer zu finden sind. So sieht man vom Ufer aus mit etwas Glück vielleicht mal einen Fisch – wenn man aber mit einem Kescher durch die Pflanzen fährt oder ein paar Steine umdreht, entdeckt man plötzlich eine beeindruckende Vielfalt an Arten.

Was motiviert Sie, jeden Tag ins Labor zu gehen?
Mich motiviert die Neugier darauf, die komplexen Zusammenhänge in aquatischen Ökosystemen zu verstehen. Es gibt noch sehr viel zu entdecken. Jede neue Erkenntnis trägt nicht nur zum grundlegenden Wissen bei, sondern kann auch praktische Lösungen für den Schutz und die Wiederherstellung gefährdeter Lebensräume liefern.

Was hat Sie in der Forschung bislang am meisten überrascht?
In der Wissenschaft wird man fast täglich überrascht. In meiner eigenen Forschung hat mich aber vor allem erstaunt, wie wenig wir tatsächlich über die Distanzen wissen, die wasserbewohnende Arten zurücklegen können, obwohl dieses Wissen entscheidend für die Verwaltung und den Schutz von Ökosystemen ist.

Wie vermitteln Sie wissenschaftliche Erkenntnisse an die Öffentlichkeit? Ist Ihnen Wissenschaftskommunikation wichtig?
Wissenschaftskommunikation ist enorm wichtig, wird im Forschungsalltag aber oft vernachlässigt. Ich verstehe, dass die Flugdistanz von Steinfliegen nicht bei jedem das größte Interesse weckt. Dennoch glaube ich, dass es entscheidend ist, die Bedeutung auch solcher Themen zu vermitteln – schließlich sind funktionierende Ökosysteme die Grundlage für viele Bereiche unseres Lebens, auch wenn sie oft im Verborgenen bleiben. Außerhalb der Universität halte ich deshalb auch öffentliche Vorträge, um diese Themen auch Nicht-Wissenschaftler:innen näherzubringen. Ebenso wichtig ist es, Forschungsergebnisse aktiv mit Politik, Naturschutz und der lokalen Bevölkerung zu teilen, um gemeinsam nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Ich möchte außerdem betonen, wie wichtig es ist, eine Brücke zwischen Wissenschaft und Praxis zu schlagen.

Wenn Sie nicht im Labor stehen, was machen Sie dann?
Biodiversität ist nicht nur ein berufliches Thema für mich, sondern auch eine persönliche Leidenschaft. Ein normaler Spaziergang ist bei mir eigentlich unmöglich – ich muss immer mal stehen bleiben, um nach interessanten Insekten zu suchen. Diese Begegnungen halte ich mit der Kamera fest und teile sie auf Instagram, um zu zeigen, welche faszinierenden Tiere direkt vor unserer Haustür leben. Damit möchte ich das Bewusstsein für die Bedeutung der Biodiversität und die Wertschätzung für unsere Natur steigern. Mein Appell: Schaut genauer hin, wenn ihr einem Insekt begegnet – die wahre Schönheit liegt oft im Detail, und wer sich die Zeit nimmt, genau hinzusehen, entdeckt eine faszinierende Welt.

 

Veranstaltungshinweis:
Julian Enß hält am 8. April von 19:30 bis 21 Uhr in der Volkshochschule Essen einen Vortrag über Faszinierende Steinfliegen - Geschichten von Aussterben und Wiederkehr in Zeiten von Gewässerverschmutzung und Klimawandel.

Weitere Information:
Julian Enß, Aquatische Ökologie, julian.enss@uni-due.de

Übersichtsseite „Warum ich forsche...”:
www.uni-due.de/warum-ich-forsche/

Zurück