
Neues Standardwerk erschienen
Aquatische Parasiten von A bis Z
- von Juliana Fischer
- 10.06.2025
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Parasiten gelten gemeinhin als Krankheitserreger – dabei sind sie fester Bestandteil natürlicher Ökosysteme. In aquatischen Lebensräumen beeinflussen sie nicht nur das Verhalten ihrer Wirte, sondern auch ökologische Prozesse in größeren Zusammenhängen. Das kürzlich erschienene Fachbuch „Aquatic Parasitology – Ecological and Environmental Concepts and Implications of Marine and Freshwater Parasites“ beleuchtet erstmals die ökologische Bedeutung von Parasiten in Süßwasserökosystemen und Meeren weltweit. Herausgegeben von Prof. Dr. Bernd Sures (Universität Duisburg-Essen) und Prof. Dr. Nico Smit (North-West University, Südafrika) ist es als Open-Access-Publikation frei verfügbar.
Sie schleichen sich heimlich ein, bleiben oft unbemerkt und entfalten dennoch eine enorme Wirkung: Parasiten gehören zu den geheimnisvollsten und zugleich einflussreichsten Organismen der Erde. In der Natur sind sie stille Regisseure komplexer Beziehungen, formen Verhaltensmuster, regulieren Populationen und halten ganze Ökosysteme im Gleichgewicht. „Parasiten sind weit mehr als lästige Begleiter“, sagt Prof. Dr. Bernd Sures. „Wer ihre ökologische Rolle versteht, gewinnt wertvolle Einblicke in die Stabilität und Funktionsweise ganzer Lebensräume“. Neueste Forschungsergebnisse zeigen sogar: Manche Parasiten können die Schadstoffbelastung ihrer Wirte mindern – eine Fähigkeit, die im Kontext globaler Umweltveränderungen und im Sinne des One-Health-Ansatzes, wie ihn das Research Center One Health Ruhr verfolgt, eine ganz neue Bedeutung erhält.
Inwiefern Parasiten das Verhalten ihrer Wirte positiv beeinflussen können, zeigt eine aktuelle Studie* der Universität Duisburg-Essen (UDE): Bachflohkrebse verhalten sich aktiver und zeigen eine geringere Empfindlichkeit gegenüber dem Herbizid Metazachlor, wenn sie von Kratzwürmern befallen sind. Dieses Verhalten dürfte die Weiterverbreitung der Parasiten erleichtern und vergrößert die Überlebenschancen der befallenen Krebse – ein Beispiel für die komplexen Wechselwirkungen zwischen Wirt, Umwelt und Parasit.
Das Buch, das als Open-Access-Publikation frei zugänglich ist, liefert nicht nur Grundlagenwissen, sondern auch innovative Forschungsansätze – etwa zum Einsatz von Umwelt-DNA oder der Analyse stabiler Isotope zum Verständnis von Nahrungsnetzen. Und es macht deutlich: In Zeiten globaler Veränderungen, vom Klimawandel bis zur Verschmutzung aquatischer Lebensräume, ist parasitologische Forschung relevanter denn je. Dieses Wissen der interessierten Öffentlichkeit weltweit kostenlos zugänglich zu machen, war ein wesentliches Ziel der beiden Herausgeber. Die Zahlen geben ihnen recht: innerhalb von drei Wochen wurde das Buch bereits 40.000 mal heruntergeladen.
In insgesamt 23 Kapiteln versammeln Sures und Smit 52 international herausragende Forschende – darunter die UDE-Professor:innen Sonja Rückert, Florian Leese, und Torsten Schmidt sowie die Wissenschaftler:innen Daniel Grabner, Kamil Hupalo, Jessica Schwelm, Dakeishla Diaz-Morales, Sonja Zimmermann, Milen Nachev und Maik Jochmann.
Bildunterschrift: Die Zungenersatz-Assel Ceratothoa famosa im Maul der Kapbrasse (Diplodus capensis): Erstmals von Mitherausgeber Nico Smit entdeckt, ersetzt sie die Zunge des Fisches – und ist bislang der einzige bekannte Parasit, der ein ganzes Organ seines Wirts funktional ersetzt.
Weitere Informationen:
*Zur Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0269749124021304?via%3Dihub
Zum Download https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-031-83903-0
Prof. Dr. Bernd Sures, Fakultät für Biologie, Aquatische Ökologie, Tel. 0201 183 2617, bernd.sures@uni-due.de