
Jüdische Friedhöfe zwischen Antisemitismus und Prävention
Digitales Mahnmal „Net Olam“
- von Janina Balzer
- 30.06.2025
Zerstört, beschmiert, beschädigt: Die Online-Plattform des Projekts „Net Olam“ macht erstmals bundesweit Schändungen jüdischer Friedhöfe sichtbar. Das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen hat dafür über 2.000 Fälle an 2.200 Begräbnisstätten untersucht – und Angriffe aller Art auf Gräber, Gebäude und Anlagen in Katalog- und Kartenform dokumentiert. Das digitale Mahnmal ist ab sofort online.
„Antisemitismus ist kein abgeschlossenes Kapitel der deutschen Geschichte, sondern reicht bis in die Gegenwart. Gerade in Zeiten zunehmender antisemitischer Angriffe ist es wichtig, darauf hinzuweisen“, betont Dr. Helge-Fabien Hertz, Verbundkoordinator und Projektleiter von Net Olam am Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen. Der Plattform liegt der bislang umfangreichste Datensatz zu Schändungen jüdischer Friedhöfe in Deutschland zugrunde. Forscher:innen des An-Instituts haben dafür gemeinsam mit ihren Verbundpartnern seit 2021 Angriffe auf jüdische Friedhöfe in Deutschland untersucht. Dabei wurden umfangreiche Daten aus Literatur, Presseartikeln und Archivbeständen zusammengetragen sowie Gespräche mit jüdischen Landesverbänden und den Landeskriminalämtern geführt.
Das Ziel der Online-Dokumentation: der Schutz und die Erhaltung jüdischer Friedhöfe. Dieses Vorhaben unterstützt die Website, indem sie zeigt, für welche Friedhöfe und an welchen Tagen ein erhöhtes Risiko besteht. Nutzer:innen können nach verschiedenen Kriterien filtern – etwa nach Bundesland, Jahr oder Gewaltform. Zu jedem Vorfall sind außerdem weiterführende Informationen hinterlegt, wie zu Vorgehensweisen, Täter:innen oder auch zu juristischen Konsequenzen. „Durch die Interaktivität fördern wir die Beschäftigung mit jüdischen Friedhöfen und ihren Schändungen. So haben mehr Menschen ein wachsames Auge“, erklärt Hertz. Jede:r kann zudem neue Fälle melden.
Die Online-Plattform ist im Rahmen des vom Bundesforschungsministerium von 2021 bis 2025 geförderten Verbundprojekts „Net Olam. Jüdische Friedhöfe im Fokus von Antisemitismus und Prävention“ entstanden. Dabei gingen von den insgesamt 900.000 Euro knapp 400.000 Euro an das Steinheim-Institut. Gegründet wurde zudem ein langfristiges, breites Kompetenznetzwerk von mittlerweile 180 Mitgliedern, um jüdische Friedhöfe in Deutschland stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken und dauerhaft zu erhalten.
Neue Fälle können an die Kontaktadresse net-olam@steinheim-institut.org gemeldet werden.
Weitere Informationen:
https://map.net-olam.de/
Dr. Helge-Fabien Hertz, Verbundkoordinator und Projektleiter von „Net Olam", Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte, Tel. 0201/18-3 3589, hertz@steinheim-institut.org