Sebastian Schmuck ist Nachhaltigkeitsmanager an der UDE
„Ich wünsche mir, dass wir die Chance bekommen, es jetzt besser zu machen.“
- von Janina Balzer
- 07.08.2025
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Die UDE kennt Dr. Sebastian Schmuck seit über 25 Jahren – aus ganz verschiedenen Perspektiven: Studiert hat er hier Bauingenieurwesen mit dem Schwerpunkt Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft. CO₂-Bilanzen von Abwasseranlagen waren sein Promotionsthema. Seit 2008 arbeitet er an der Fakultät für Ingenieurwissenschaften im Fachgebiet Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft. Doch damit nicht genug, denn eine neue Aufgabe wartet schon auf ihn – dabei blickt er vor allem auf die Zukunft der UDE.
Herr Schmuck, Sie sind seit Kurzem Nachhaltigkeitsmanager an der UDE. Was genau beinhaltet diese Rolle?
Ich entwickle einen Vorschlag für eine Nachhaltigkeitsstrategie. Dabei geht es nicht nur darum, was wir bereits tun, sondern vor allem auch darum, wie wir das künftig systematisch, transparent und langfristig gestalten können. Es gibt schon viele Projekte, wie den Campusgarten, den Lehrpfad Biodiversität & Nachhaltigkeit oder die Begrünung der Dächer am Campus, aber noch keine einheitliche Ausrichtung mit messbaren übergreifenden Zielen. Das darf ich jetzt weiterentwickeln.
Sie sind Experte für Siedlungswasser- und Abfallwirtschaft. Wie kamen Sie zur Nachhaltigkeit?
Mein Zugang war zunächst technisch geprägt – Abfallströme, Gebäude, Wertstoffe, CO₂-Bilanzen. Irgendwann wurde klar: Nicht alles lässt sich objektiv vergleichen oder messen, denn: Wie bewertet man 1 m² Landnutzung im Vergleich zu 1 kg CO2 in der Atmosphäre? Oder wie messe ich soziale Faktoren? Das hat mein Interesse geweckt, Nachhaltigkeit interdisziplinärer zu betrachten. Besonders spannend finde ich, wie man komplexe Zusammenhänge greifbar machen und ihnen auch einen echten Wert zuordnen kann, wie beispielweise die CO2-Emission der eigenen PKW-Nutzung oder des Fleischkonsums.
Was sind derzeit Ihre Schwerpunkte?
Ich konzentriere mich einerseits auf das, was wir messen können und selbst in der Hand haben. Andererseits geht es auch darum, ehrlich zu kommunizieren, was wir nicht leisten können. Ein Ziel wie „klimaneutral bis 2030“ klingt gut, ist aber oft unrealistisch, vor allem wenn auf nur wenig Kompensationsmaßnahmen gesetzt wird. Das müssen wir offen sagen. Ich bin dafür, mehr Transparenz zu schaffen.
Deshalb ist es auch umso wichtiger zu schauen, wo wir an der UDE Einfluss haben – etwa in der Verwaltung, Forschung oder Lehre, um dann auch gute Handlungsoptionen zu schaffen.
Wo sehen Sie die größten Hebel für Veränderung?
Wir bilden die Entscheidungsträger:innen von morgen aus – das ist ein riesiger Hebel. Besonders in der Lehrkräftebildung mit Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) steckt ein großes Potenzial. Hier können wir viel bewegen und sollten das auch nutzen. Wenn wir dort Nachhaltigkeit verankern, hat das langfristige Wirkung.
Neben Bildung sind es aber vor allem alltägliche Entscheidungen – bei Beschaffung, Digitalisierung oder Energieverbrauch.
Neben der ökonomischen und ökologischen ist außerdem auch die Säule der sozialen Nachhaltigkeit wichtig. Hierzu gehören Themen wie Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit, Gesundheit, sichere Arbeitsplätze und Teilhabe für alle, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialem Status – hier ist die UDE bereits stark aufgestellt. Das gehört gewürdigt, ohne es extra „nachhaltig“ labeln zu müssen.
Was verstehen Sie unter Nachhaltigkeit im Hochschulkontext?
Wenn wir den Wissenszuwachs und die Vermittlung herausnehmen, könnte man sagen: möglichst keinen (negativen) Fußabdruck hinterlassen – eine „No Trace University“. Natürlich ist das komplex und es gibt Ausnahmen, etwa in der Forschung oder Lehre. Wichtig ist, reflektiert und faktenbasiert zu handeln. Eine energieintensive Forschung kann im Ziel nachhaltig sein (z. B. Energiewende), auch wenn sie es formal nicht ist. So muss unser Ziel stets sein, junge Menschen zu befähigen, umweltbewusster und ressourcenschonender zu leben sowie mit unserer Forschung endscheidend zu einer Abkehr von der linearen Wirtschaft hin zu einer echten Kreislaufwirtschaft beizutragen und hierdurch signifikant klimarelevante Emissionen zu senken.
Sie arbeiten an der UDE mit einer Impulsgruppe. Wie sieht das aus?
Die Gruppe ist bunt gemischt – Studierende, Lehrende, Verwaltung. Gemeinsam werten wir die Ergebnisse der Nachhaltigkeitstage aus und entwickeln erste Themenfelder für die Strategie. Es geht darum, Ideen gemeinsam zu erarbeiten und breit aufzustellen, nicht meine Meinung durchzusetzen. Später geht es dann um Umsetzung, Strukturen und Priorisierung. Hierzu wird die Gruppe aufgeweitet und durch weitere Akteur:innen ergänzt. Gleichzeitig werden diese ersten Ergebnisse mit den Mitgliedern der UDE und internen sowie externen Stakeholder:innen diskutiert und geschärft.
Und persönlich – leben Sie auch nachhaltig?
Ich versuche es natürlich so gut wie möglich. Ich repariere alte Geräte, achte auf Konsum und esse oft bewusst vegan. Es geht nicht um Perfektion, sondern um Reflektion: Brauche ich das wirklich? Wie wurde es produziert? Oder auch: Kann das vielleicht jemand anderes noch gebrauchen?
Was wünschen Sie sich von Mitgliedern der UDE, egal in welcher Position?
Vertrauen. Dass wir die Chance bekommen, es jetzt besser zu machen. Denn: Wir sind auf einem neuen Weg. Und ein bisschen mehr Bewusstsein im Alltag. Wir sind über 40.000 Menschen – jede:r einzelne kann etwas bewegen. Und wenn 40.000 Menschen an der Uni bewusst handeln, bewegt das viel.
Die Fragen stellte Janina Balzer.